zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Wenig Chancen auf Berufsbildung

OSZ Werder muss Flüchtlingen wohl absagen

Von Enrico Bellin

Werder (Havel) - Volljährige Flüchtlinge haben im Landkreis nur eine geringe Chance, sich ab Montag auf eine Berufsausbildung vorzubereiten. Für den zweijährigen Bildungsgang „Berufsfachschule G-Plus“, der Asylbewerbern Sprachkenntnisse vermitteln, die Allgemeinbildung verbessern und eine berufliche Grundbildung bieten soll, gebe es am Werderaner Oberstufenzentrum (OSZ) bereits mehr als 60 Anmeldungen, obwohl nur gut 40 Plätze zur Verfügung stehen. Das sagte Schulleiter Kurt Thiel am Dienstagnachmittag im Bildungsausschuss des Kreises. „Unsere Kapazitäten werden nicht ausreichen, um auch alle nicht-berufsschulpflichtigen Interessenten unterzubringen.“ Berufsschulpflichtig sind Jugendliche nur, wenn sie am 1. August noch keine 18 Jahre alt waren. Bis Freitag würden die Anmeldungen sortiert und ans Schulamt weitergeleitet.

Das Problem: Für volljährige Flüchtlinge gibt es Thiel zufolge keine vergleichbare Ausbildungsmöglichkeit. Zwei Jahre lang haben die Schüler 24 Unterrichtsstunden pro Woche. Davon entfallen zehn Stunden auf berufliche Orientierung, jeweils vier Stunden auf Deutsch und Mathematik und je zwei Stunden auf Naturwissenschaften, Sport und Politik – dadurch sollen sie fit für die Berufsausbildung werden. Etwa 80 Schüler werden derzeit so beschult, die Hälfte von ihnen stamme aus Afrika, 20 Prozent kommen aus Syrien. Sie kommen zumeist aus den Heimen in Caputh, Damsdorf und Lehnin. Zum Teil aber auch von weiter weg, etwa aus Brück.

Angesichts dessen scheint es Thiel fraglich, warum all diese Jugendlichen nach Werder sollen, wo es nicht genügend Räume für eine dritte Klasse gäbe – und nicht etwa nach Teltow, wo es in diesem Schuljahr überhaupt keine Klasse geben wird. Dem Schulleiter des dortigen Oberstufenzentrums, Henri Danker, zufolge hatten nur zwei Jugendliche Interesse für den Teltower Bildungsgang bekundet. Sie würden jetzt nach Potsdam gehen, da sich eine eigene Klasse nicht gelohnt hätte. Kurt Thiel zufolge müsse der Landkreis besser schauen, ob nicht andere Verteilungen möglich sind: „Wir platzen hier.“

Problematisch sei das auch für Jugendliche, die vor Abschluss des Kurses eine Berufsausbildung beginnen, es sich während der Ausbildung aber herausstellt, dass die Sprachkenntnisse noch nicht ausreichen und sie eigentlich wieder den Berufsfachschulkurs besuchen müssten. „Oft sind die Rückkehrer rechtlich nicht mehr berufsschulpflichtig und wir haben keine Plätze mehr frei“, so Thiel. Für die Jugendlichen sei es deshalb schädlich, wenn Handwerks- sowie Industrie- und Handelskammer zu früh um sie werben.

Besonders drastisch war dies im vergangenen Jahr im gastronomischen Bereich in Potsdam, wie Monika Landvoigt vom OSZ Johanna Just den PNN schilderte. „Die Schüler kamen dann in der normalen Ausbildung einfach nicht mit“, so Landvoigt. Nach langen Verhandlungen mit den Kammern sei es schließlich möglich gewesen, die Schüler aller gastronomischen Lehrgänge ein halbes Jahr lang zusammenzunehmen und ihnen vor allem die Sprache beizubringen. Enrico Bellin

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false