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Potsdam-Mittelmark: Poesie statt Joystick

Die Kleinmachnower Kreismusikschule begeistert mit einer Aufführung vom „Traumzauberbaum“

Kleinmachnow - Die Älteren bezeugen es mit bitterem Lächeln immer wieder: Früher war alles viel besser. Man sah es ja auch am Sonntag, im Rathaus am Rande der Stadt: Die Kreismusikschule „Engelbert Humperdinck“ Kleinmachnow führte im ausverkauften Saal den altbewährten „Traumzauberbaum“ unter Beifallsstürmen auf. Das hat wenigstens noch Poesie, das braucht weder „Action“ noch Joysticks. Reinhard Lakomys und Monika Ehrhardts legendärer Bericht von einem Gehölz, dessen vielfarbene Blätter bunte oder schwarze Träume und jede Menge „Geschichtenlieder“ erzeugen, ist gerade 25 Jahre alt geworden; eine Generation ungefähr, an der sich so vieles veränderte.

Auf der Bühne aber alles wie eh: links ein paar Würfel für den Chor der Traumsänger, rechts der in Jonas Walter personifizierte Wunderbaum, zu dem noch eine buntdrapierte Staffage mit den Blättern gehörte. Neben dem fast erwachsenen Lockenkopf waren Waldwuffel (Charlotte Kühn) und Moosmutzel (Marie-Luise Bork) die Hauptpersonen. Den musikalischen Part besorgten Stephan Koß (Klavier) und Mathias Suter an Keyboard und Schlagzeug, Felicitas von Berg und Juliane Stephan führten Regie.

„Eines Morgens“ musste der alte Traumzauberbaum die verpennten und miteinander verwurschtelten Moosgeister wieder einmal wecken. Erinnert man sich noch des Muntermacher-Songs „Guten Morgen, guten Morgen“? Zum Frühstück gab es Lieder vom Pfannekuchen vom Eierbecher mit „einem Ei, zum oben reintun“. Das klingt doch, oder? Nach „Schenk mir ein Liebkosewort“ packte die kleinen Geister schon der Übermut, welchen man auch szenisch hätte zeigen können. Ein schwarzes Blatt, wie alle anderen mit einer Stimmgabel berührt, erzählte schon Gespenstisches, doch dann passiert das Unglück. Man beleidigte den Wolkengeist Zausel! Der Bach versiegt, es stöhnt der Baum – keine gute Idee, eine Welt ohne Regen zu träumen.

Abbitte hilft – und schon kommt „eine dicke Regenwolke“ – endlich. Mops und Riese, das Lied vom schnellen Bächlein oder der Rock'' n'' Roll von „Unsrer Katze Mary Lou“, zu dem die Kinder ausgelassen twisteten: Die Eltern schwelgten in Erinnerungen, ihre Kinder freuten sich wie Bolle. Dann kamen das schneeglöckchenklare „Frühlingslied“ und das poetische „Ich bin doch kein Schneemann“, wunderbar wie eh. Im Hintergrund entsprechende Bildprojektionen – dem „Eierbechersong“ zum oben reintun war ein wuscheliges Kücken zugeordnet. Was Angelika Mann, Veronika Fischer und Reinhard Lakomy (er kann so schön mit Oktaven umgehen) im Original sangen, bewältigte der muntere Traum-Chor auf Kinderart; manches hätte kräftiger klingen können.

Sarah Kaulbarsch und Josephine Helm versuchten sich sogar solistisch. Vermisste da jemand des Maestros kratzige Stimme? Mit der Dämmerung kamen die goldenen Träume, die „Mondsilbertaufe“. Schlafsand, vom Ensemble ins Publikum, gepustet, Ende. Gut, dass es diesen Wurf von damals noch gibt, man kann kaum ermessen, wie wohl man den Kindern damit tut: Poesie statt Joysticks, das ist eine Tat der Kultur! Schön auch, dass man diese Produktion Ende Februar wieder aufnehmen will.

Gerold Paul

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