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Dezentes Grab. Nur Plaketten am Baum sind auf dem Naturfriedhof erlaubt. Auf ihnen können die Namen der Toten oder Sprüche eingraviert werden.

© Julian Stratenschulte/dpa

Pläne für Waldfriedhof in Ferch: Letzte Ruhe unter Bäumen

In Ferch möchte ein Investor einen neuen Naturfriedhof einrichten. Sein Angebot muss er aber wohl nachbessern.

Von Enrico Bellin

Ferch - Urnenbestattungen unter Bäumen, direkt neben dem Fercher Friedhof: Die Hamburger Firma Arboleum Naturfriedhöfe würde auf einer 0,7 Hektar großen Fläche künftig gern naturnahe Beerdigungen anbieten. In einem Konzept, das am Dienstagabend im Infrastrukturausschuss besprochen wurde, heißt es, dass auf der Fläche etwa 60 Bäume stehen, was ausreiche, um etwa 480 Menschen zu bestatten. „Wir gehen davon aus, dass der Naturfriedhof in etwa fünf Jahren voll belegt sein würde“, sagte Firmenchef Andreas Villavicencio auf PNN- Anfrage. Derzeit betreibe seine Firma noch keinen Friedhof, im Herbst werde jedoch eine Anlage in Schleswig-Holstein eröffnet. Ein ähnliches Bestattungskonzept gibt es in der Region bisher nur im Friedwald in der Nuthetaler Parforceheide.

In Ferch gibt es seit Jahren den Wunsch, einen Naturfriedhof einzurichten. Wie Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) den PNN schilderte, habe es schon Gespräche mit Investoren gegeben, die sich bisher jedoch meist schnell wieder verabschiedet hätten. Mit der Arboleum hoffe man nun auf mehr Erfolg.

Dem Nutzungskonzept zufolge erhält jeder Baum eine Nummer. Das Aufstellen von Grabsteinen oder ähnlichem wird nicht gestattet, um den Waldcharakter zu erhalten. Nur das Anbringen von höchstens zehn mal zwölf Zentimeter großen Plaketten an den Bäumen, deren Inschrift frei gewählt werden kann, ist gestattet. Für Abschiedsfeiern würde eine bestehende Lichtung als Andachtsplatz genutzt, auf der 25 Menschen Platz hätten.

„Das wäre ein Betrieb gewerblicher Art, den die Gemeinde nicht selbst betreiben darf.“

Die Fläche neben dem von der Gemeinde betriebenen Friedhof ist bereits eingezäunt, sie war für eventuelle Friedhofsvergrößerungen gedacht. Dem ersten Vertragsentwurf zufolge soll die jährliche Pacht, die Arboleum an die Gemeinde zu zahlen hat, bei 3400 Euro liegen. Ein anderes Modell ohne Pachtzahlung sieht vor, dass die Gemeinde zu zwei Dritteln am Gewinn der Firma beteiligt würde. Die Vertragslaufzeit ist im Entwurf auf 15 Jahre angelegt, mit einer Verlängerungsoption auf weitere 15 Jahre. Zudem soll es eine Erweiterungsoption für den Friedhof auf einer angrenzenden Fläche geben.

Bei den Ausschussmitgliedern stießen am Dienstagabend vor allem die finanziellen Regelungen auf Widerstand. „Die jährliche Pacht entspricht gerade einmal dem Verkauf einer einzigen Grabstelle“, so Roland Büchner (Bürgerbündnis), der auch der Ortsvorsteher von Ferch ist. Anja Kaie (Grüne) kritisierte die Bestattungskosten, die für ein Einzelgrab am Baum zwischen 3700 und 7400 Euro liegen sollen – je nachdem, ob man sich an einer eher schmächtigen Buche oder einer stämmigen Eiche bestatten lassen will. Wer eine Stelle in einem Gemeinschaftsgrab, in dem bis zu zehn fremde Menschen bestattet werden, erwerben will, soll zwischen 400 und 1300 Euro zahlen. Die Preise liegen in etwa auf dem Niveau der Bestattungskosten im Nuthetaler Friedwald, ein Einzelgrab kostet dort zwischen 3350 und 6350 Euro.

Unverständlich war für die meisten Ausschussmitglieder auch, warum die Gemeinde den Friedwald nicht selbst betreiben kann, wenn eine Privatfirma das anscheinend wirtschaftlich könne. Doch Kerstin Hoppe zufolge ist das nicht möglich. „Das wäre ein Betrieb gewerblicher Art, den die Gemeinde nicht selbst betreiben darf.“ Zudem gebe es in der Gemeinde nur eine Standesbeamtin, die unter anderem für die Beerdigungen auf dem Gemeindefriedhof zuständig ist und die Betreuung eines Naturfriedhofes nicht zusätzlich leisten kann. Das angestrebte Modell, den Friedhof auf Gemeindeland zu haben, ihn aber nicht selbst zu betreiben, würde dieses Problem lösen.

Bestattungen bereits im nächsten Jahr möglich?

Wie die Finanzierung genau aussehen soll und was die Gemeinde davon hätte, soll am 13. Juni im Finanzausschuss geklärt werden. Über den Naturfriedhof entschieden werden soll vor der Sommerpause aber nicht mehr. „Wir machen keinen Schnellschuss“, so Hoppe. Noch sei etwa offen, was die Gemeinde als Besitzerin der Fläche für Pflichten bei Einrichtung des Friedhofes und Unterhalt hätte.

Auch die Gemeindevertreter forderten am Dienstag mehr Zeit. Grundsätzlich sprachen sich zwar Vertreter aller Fraktionen für diese Art der Bestattung aus. „Wir müssen vorher aber mit den Kirchen reden und schauen, wie viel Fläche wir jetzt auf den Friedhöfen noch haben“, so Matthias Fannrich (Bürgerbündnis). Heiko Hüller (CDU/FDP/UBS) warnte gar vor Ferch als „Beerdigungsdorf“, falls der Friedhof zu viel überregionalen Zuspruch bekommen würde.

Andreas Villavicencio rechnet mit einem Einzugsgebiet von 40 Kilometern und geht davon aus, dass auch Berliner für die Bestattung nach Ferch kommen würden. Er ist bereit, mit der Gemeinde noch einmal über die Finanzierung zu verhandeln. „Die im Konzept genannten Preise waren erst einmal nur Vorschläge“, so der Firmenchef gegenüber den PNN. In einer Beispielrechnung für die Gemeinde ging Villavicencio schon von ersten Bestattungen in Ferch im kommenden Jahr aus. Ab wann diese tatsächlich möglich sind, ist derzeit aber offen.

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