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Staub aufgewirbelt. Landwirte in der Region haben mit dem ungewöhnlich heißen und trockenen Mai zu kämpfen. Den meisten Pflanzen bekommt die Wärme und Trockenheit nicht. Einzig dem Spargel machen die Sommertemperaturen nichts aus – er wächst vielmehr schneller, was die Liebhaber des Gemüses freut.

© Patrick Pleul/dpa

Obstbauern und Landwirte: Potsdam-Mittelmark im Schwitzkasten

Braune Felder, zu kleine Erdbeeren und Kirschen sowie Spargel, der zu schnell wächst. Wie mittelmärkische Obstbauern und Landwirte mit der anhaltenden Trockenheit kämpfen.

Von Eva Schmid

Werder/Michendorf/Beelitz - Sind alle Ventile geöffnet, sickert das Wasser in den Boden: Seit drei Wochen hat Havelfruchtchef Thomas Giese auf seiner Kirschplantage einen Mitarbeiter dazu abbestellt, den ganzen Tag über zu kontrollieren, ob die Pflanzen genügen Feuchtigkeit bekommen. Wasser, das ist derzeit ein rares Gut – bei Temperaturen von bis zu 32 Grad, wie für den heutigen Montag vorhergesagt. Bis zu 40 Prozent mehr Wasser werden auf Gieses Plantagen derzeit benötigt. Ein außergewöhnlicher Mai – wann es das letzte Mal so lange so warm war, kann Giese gar nicht mehr sagen. Jedenfalls musste sich noch nie einer seiner Mitarbeiter wochenlang mit der Beregnung beschäftigen.

Sonne und Trockenheit können nicht nur Gieses Kirschernte vermiesen, viele Obstbauern und vor allem auch Landwirte sorgen sich immer mehr um ihre Ernte. Je länger die Trockenperiode anhält, umso schlechter sieht es aus. Das letzte Mal hat es im April geregnet – vor mehr als drei Wochen also. Und die Vorhersagen bleiben sonnig: So soll es in den kommenden Tagen mit Temperaturen zwischen 25 und 30 Grad weitergehen. Lediglich kurze Schauer sind möglich.

Viele Bauern rechnen in diesem Jahr mit einer schlechten Getreideernte

„Die Lage ist ernst, aber noch nicht dramatisch“, sagt der Experte für Pflanzenbau vom Landesbauernverband, Thorsten Mohr. Teilweise seien bereits schon deutliche Trockenschäden erkennbar, abgestorben sei das Getreide aber noch nicht. Doch Mohr rechnet damit, dass Landwirte in diesem Jahr mit einer schlechteren Ernte von Raps und Getreide rechnen müssen. „Jetzt beginnt die Kornfüllung, das heißt: Jetzt entscheidet sich, wie viel Ertrag die Pflanze bringen wird“, erklärt der Pflanzenexperte. Ohne Feuchtigkeit und Nährstoffe sei das Korn schlecht. Auch beim Grünfutter, das später als Heu oder Silage den Kühen zum Fressen gegeben wird, sieht es schlecht aus. „Wenn es in den kommenden 14 Tagen nicht regnet, wird die Situation für Landwirte existenzbedrohend.“ Der Mai sei in der Landwirtschaft einer der wichtigsten Monate, in dem sich vieles entscheide. Nicht umsonst, betont Mohr, besage eine Bauernweisheit: Mai kühl und nass, füllt dem Bauern Scheun und Fass.

Auch der Vorsitzende des mittelmärkischen Bauernverbandes, Jens Schreinicke, der selbst Weidetiere in Fresdorf hält, hat von vielen Kollegen gehört, dass sie in diesem Jahr mit einer schlechten Getreideernte rechnen. „Noch nicht ganz verloren sind der Mais und die Sonnenblumen“, so Schreinicke. Sie seien noch nicht vertrocknet. Mais und Sonnenblumen seien resistenter, zudem würden die gelben Blumen erst im Juni blühen.

Kleinere Kirschen und Erdbeeren

Von möglichen Engpässen bei der Ernte würden indes die Verbraucher nichts mitbekommen, sagt Schreinicke. Weniger Ertrag in Deutschland bedeute nicht automatisch höhere Preise für die Landwirte. „Wenn es auf dem Weltmarkt genügend Getreide gibt, dann ändert sich nichts am Preis.“ Ähnlich sei es auch bei Milch- und Fleischpreise. Die Bauern indes würden auf ihren Ausgaben für die Saat und den Pflanzenschutz sitzen bleiben. Tierhalter müssten Importgetreide kaufen.

Ähnlich beschreibt es auch Obstbauer Giese aus Werder, der seine Felder zwar beregnen, jedoch den höheren Wasserverbrauch nicht auf den Obstpreis aufschlagen kann. Lediglich Direktvermarkter, zu denen die meisten Werderaner Obstbauern gehören, könnten ihren Kunden die Situation und damit einen möglichen, wenn auch geringfügigen Preisanstieg erklären. Kunden von Direktvermarktern seien auch eher bereit, kleinere Kirschen oder Erdbeeren in Kauf zu nehmen. Durch die starke Sonneneinstrahlung und die Trockenheit der letzten Wochen bestehe die Gefahr, dass Erdbeeren und Kirschen notreif werden. Dabei treiben die Pflanzen durch widrige Umstände zu schnell zu stark aus – mit der Folge, dass das Obst nicht genügend Zeit hat zu wachsen. Es ist zwar reif, hat seine eigentliche Größe und Form aber noch nicht erreicht.

„Wir stechen etwa die Hälfe mehr am Tag als sonst“

Obstbauern, die an den Einzelhandel verkaufen – so wie Thomas Giese von Havelfrucht – haben mit notreifen Früchten ein Problem. Der Einzelhandel akzeptiert nur Obst, dass bestimmten Vermarktungsnormen entspricht. Um größere Ausfälle zu verhindern, versucht Giese nun, mithilfe seines Wasser-Mitarbeiters die Ernte noch zu retten.

Doch dauerhafte Tröpfchenberegnung kann einen richtigen Landregen nicht ersetzen. Und der lässt auf sich warten. Mittlerweile ist die Lage so angespannt, dass selbst kurze Schauer nur noch wenig bringen. Laut Pflanzenexperte Mohr müssten es schon 20 bis 30 Liter Wasser pro Quadratmeter sein, die demnächst herunterprasseln sollten, um Schlimmeres zu verhindern. Indes hätte es im Mai in manchen Gegenden nur fünf Liter kühles Nass pro Quadratmeter gegeben, in Potsdam-Mittelmark lag der Wert bei rund neun Litern – auch das nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Hitze hingegen kann der Spargel während der Erntezeit verhältnismäßig gut vertragen. Arbeitstechnisch sei die derzeitige Trockenheit aber eine große Belastung, so Ernst August Buschmann vom Klaistower Spargelhof in Beelitz. „Wir stechen etwa die Hälfe mehr am Tag als sonst.“ Der Spargel wachse so schnell, dass man mit der Ernte kaum hinterherkomme – was wiederum den Preis für das edle Stangengemüse drücke. Das ist in doppelter Hinsicht für den Verbraucher gut. Die Stangen sind nicht nur günstiger, sie schmecken auch besser. „Umso schneller der Spargel wächst, umso zarter ist er“, sagt der Beelitzer Landwirt.

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