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Potsdam-Mittelmark: Neues Denkmal für Nordahl Grieg

In Kleinmachnow wird diskutiert, wie prominenter norwegischer Bomber-Insasse geehrt werden soll

Kleinmachnow - Der norwegische Dichter Nordahl Grieg ist in Deutschland weitgehend unbekannt. Anders in Kleinmachnow, wo eine schicksalhafte Begebenheit im Kriegsjahr 1943 die Menschen noch 70 Jahre danach beschäftigt. Ein Gedenkstein am Machnower See erinnert an den Lyriker und Bühnenautor, der hier im Alter von 41 Jahren als Besatzungsmitglied eines Bombers tödlich verunglückte. Außer einigen Daten verrät die Tafel auf dem Findling nicht viel von dem, was den Dichter mit dem Ort verbindet. Zu wenig, befand der Heimatverein, der vor einem Jahr einen Gestaltungswettbewerb für ein neues Denkmal auslobte. Es läuft wohl auf eine Skulptur des Kleinmachnower Künstlers Rainer Ehrt hinaus, die einen engen Bezug zu Pegasus hat, dem geflügelten Pferd aus der griechischen Mythologie.

Gesucht wurde eine künstlerische Interpretation für das Ereignis vom Abend des 2. Dezember 1943. Mittags war der Lyriker und Bühnenautor Nordahl Grieg, Kriegsberichterstatter bei der Royal Airforce, an Bord der Lancaster III gestiegen, weil „ich ja nicht eine Reportage über etwas schreiben kann, das ich nicht selber miterlebt habe“. Das Ziel des britischen Bombers hieß Berlin. Der Auftrag lautete, ein Eisenbahndepot zu zerstören. Als die Maschine am Abend in 400 Meter Höhe über den Teltowkanal flog, wurde sie von der Flugabwehr getroffen, fing Feuer und explodierte. Feuerwehrleute fanden die verkohlten Leichen und das zerschelltes Flugzeug unterhalb der Hakeburg.

Erst nach der Wende entdeckte Heimatforscher Günter Käbelmann in einem britischen Militärarchiv anhand der eingravierten Maschinennummer auf einem Teil des Bomberflügels, wer zur Crew gehörte. Seither ist der Name des Dichters Teil der Erinnerungskultur des Ortes, ihm zu Ehren findet seit 2007 in Kleinmachnow der Nordahl-Grieg-Gedenklauf statt.

Vier Künstler stellten ihre Entwürfe für ein neues Denkmal vor. Unter ihnen auch die Norwegerin Ingerid Ljosland, die einen Papierflieger als Chiffre für den abgestürzten Bomber fand. Ins Stahlblech soll Griegs Aphorismus „Edel ist der Mensch, Krieg ist Verachtung des Lebens“ eingestanzt werden. Rainer Ehrt wählte Eiche als Material für seine Skulptur, einen weißen Flügel, der den vorhandenen Gedenkstein ergänzen soll. Die Assoziation zum Dichterpferd Pegasus sei gewollt, so Ehrt.

Der Kleinmachnower Michael Heyers präsentierte eine Skizze mit dem Rumpf eines abgestürzten Bombers, der sich in die Erde bohrt. Das Modell einer Edelstahlstele, die einem großen Ausrufezeichen ähnelt, stellte der Potsdamer Bildhauer Christian Roehl vor. Er entschied sich für eine stark minimierte Form, deren Material die Sonnenreflexe des Wassers aufnimmt und auch vom anderen Ufer ein sichtbares Zeichen setzt.

In der anschließenden Diskussion äußerte ein Potsdamer sein Unverständnis darüber, dass hier die Täter geehrt würden, statt Opfer der deutschen Zivilbevölkerung. Am energischsten widersprach Rainer Ehrt: „Täter sind die Leute, die Europa mit einem Vernichtungskrieg überzogen haben.“ Um Hitler niederzuschlagen, sei der Bombenabwurf auf strategisch wichtige Anlagen legitim gewesen, zumal im Jahr 1943 der Ausgang des Krieges nicht absehbar war.

Wie viel näher das Schicksal Griegs beide Länder brachte, berichtete die Künstlerin Ljosland, die seit November an der Maxim-Gorki-Gesamtschule Norwegisch unterrichtet. Seit zwei Jahren gibt es eine Schulpartnerschaft und freundschaftliche Begegnungen mit der Nordahl-Grieg-Schule im norwegischen Bergen. Im Anschluss an die Präsentation entschied sich eine Jury für die Arbeit von Ehrt. Der Vorschlag soll demnächst von der Gemeindevertretung beraten werden. Finanziert werden soll das Kunstwerk von Sponsoren.

Kirsten Graulich

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