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Sozialdezernent Thomas Schulz stellt sich den Anwohnerfragen in Damsdorf.

© T. Lehning

Neue Flüchtlingsunterkunft in Ex-Kaserne in Damsdorf: Anwohnerversammlung: "Uns allen brennt der Arsch"

In Damsdorf (Potsdam-Mittelmark) soll in einer alten Kaserne ein Übergangswohnheim für 600 Flüchtlinge im August entstehen. Auf der Einwohnerversammlung kochten die Emotionen der Bürger hoch.

Damsdorf – Am gestrigen Mittwochabend hat die Gemeinde Kloster-Lehnin die 1600 Einwohner von Damsdorf zu einer Versammlung eingeladen. Der Grund: Ab August sollen in der ehemaligen Kaserne in dem Ort 600 Flüchtlinge untergebracht werden. Das Thema der Veranstaltung, so stellte es Ortsvorsteher Uwe Brückner zu Beginn fest, sei ein sehr heikles und ließe sich in zwei Sätzen zusammenfassen: „Wir wissen, Potsdam-Mittelmark muss 1200 Flüchtlinge aufnehmen. Warum bekommen wir in Damsdorf dann die Hälfte?“ Im Laufe der Veranstaltung äußerten viele Damsdorfer ihren Unmut über den Einzug der Flüchtlinge.

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Sozialdezernent Thomas Schulz in Erklärungsnot

Sozialdezernent des Landkreises Thomas Schulz versuchte, die Lage des Landkreises zu erklären und warb um Verständnis: „Wir wurden am 7. Mai 2015 vom Land Brandenburg informiert, dass anstatt der ursprünglich 751 Flüchtlinge nun 1162  Flüchtlinge nach Potsdam-Mittelmark kommen werden. Wir machen das hier nicht, weil wir Damsdorf nicht schön finden, sondern weil wir in einer Notsituation sind und uns Wohnungen fehlen, um die Flüchtlinge dezentral unterzubringen. Eine Kaserne als Übergangsheim kann nur eine Notlösung sein.“ Die kurzfristige Informationspolitik des Landkreises sei auf die immens steigenden Zahlen von Flüchtlingen zurückzuführen. Bund und Länder müssten den Landkreis früher informieren, erklärte Schulz.

„600 Menschen sind nicht integrierbar“

Das Unverständnis über die Entscheidung 600 Flüchtlinge in ein 1600 Einwohner-Dorf einziehen zu lassen, teilten viele der Anwesenden in der Grundschulsporthalle. Bernd Kreykenbohm (parteilos), Bürgermeister der Gemeinde Kloster Lehnin, übergab dem Landkreis eine Resolution der Gemeinde. Diese fordert den Landkreis auf, nicht mehr als 200 Flüchtlinge nach Damsdorf ziehen zu lassen. Eine 70-jährige Einwohnerin meldete sich dann zu Wort und sagte: „600 Menschen sind nicht integrierbar.“

Großer Applaus in der Halle. Schulz stimmte der Dame zu: „Ja, 600 Menschen, sind nicht integrierbar. Sie werden auch nicht alle bleiben, der Großteil wird kein Asyl bekommen.“ Die gewachsenen Flüchtlingszahlen seien allerdings für alle Beteiligten schwer zu handhaben. Schulz gab zu: „Ja, uns allen brennt der Arsch.“

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Zu wenig Information

Im Laufe der Veranstaltung wurde deutlich, dass viele Damsdorfer nur wenig über die Flüchtlingspolitik des Bundes und ihre zukünftigen Nachbarn wissen. Die Unwissenheit und die daraus resultierenden Ängste spiegelten sich fortwährend in Zwischenrufen und Kommentaren der Damsdorfer wider.

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Schulz, Brückner und Sozialfachsbereichsleiterin Gertrud Meißner schafften es dennoch immer wieder, die aufkochende Stimmung in der Halle zu beruhigen und durch Informationen auf eine sachliche Ebene zurückzuholen.

Sicherheitsmaßnahmen mit Vor- und Nachteilen -  Der Dritte Weg musste draußen bleiben

Die Turnhalle der Grundschule „Am Fenn“, von der Gemeinde zum Veranstaltungsort auserwählt, war schon lange vor dem Start der Einwohnerversammlung überfüllt. In der Turnhalle selbst durften nur gebürtige Damsdorfer Platz nehmen, während weitere Gemeindemitglieder mit der Lautsprecherübertragung im Hinterhof der Halle vorlieb nehmen mussten. Andere Interessierte, die nicht in Damsdorf leben, wurden per Passkontrolle vom Gelände ferngehalten. Bei den Damsdorfern sorgte dies für großes Unverständnis.

Bürgermeister Bernd Kreykenbohm begründete die Ortswahl damit, dass diese Veranstaltung nur die Damsdorfer etwas anginge. So konnten nicht alle, die wollten, an der Veranstaltung teilnehmen. Auch 25 Mitgliedern der rechtsextremen Splitterpartei „Der Dritte Weg“ wurde der Einlass zur Halle verwehrt. Sie verteilten deswegen vor der Halle Flugblätter, beobachteten andere Einwohner bei Interviews und wollten sich selbst der Presse gegenüber nicht äußern. 

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Viele Fragen bleiben offen

Dass Einwohnerversammlungen wie am gestrigen Mittwochabend in Damsdorf notwendig sind, verdeutlichten die vielen Fragen und Ängste der Bürger. Trotz der weitgehend transparenten Informationspolitik des Landkreises bleiben viele Sachverhalte allerdings nach wie vor ungeklärt: Wie wird die Verpflegung der Flüchtlinge geregelt? Wie viele Unterstützer für Hilfsaktionen rund um das Flüchtlingsheim wird Damsdorf mobilisieren können? Wie schnell der Landkreis private Immobilien zur Verfügung gestellt, um eine dezentrale Flüchtlingsunterbringung zu ermöglichen?

Am Ende forderte Sozialdezernent Thomas Schulz alle Damsdorfer auf, an der Integration der Flüchtlinge mitzuwirken. Nur so könne ein friedliches Zusammenleben gelingen.

Torben Lehning

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