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Modelleisenbahner in Stahnsdorf: Im Kreis um den Weihnachtsbaum

Modelleisenbahner lassen in Stahnsdorfer Keller Fern- und Regionalbahn rollen. Mitstreiter gesucht

Stahnsdorf – Mit Tempo biegt die kleine Lok, gefolgt von neun Waggons, in die Kurve, wackelt leicht, hält sich aber auf dem Gleis. Dann surrt sie auf der schmalen Spur vorbei an einer alten Dorfkirche, Einfamilienhäusern und einer Tankstelle, bis sie im Bahnhof plötzlich doch zum Stehen kommt. Ein mit Kohle beladener Waggon steht quer. „Der Zug war zu lang“, sagt Rainer Rozanski und hebt den Wagen wieder auf die Schiene. „Optimal sind drei bis vier Waggons“, erklärt der 63-Jährige.

Eine Platte, sechs Meter lang und etwas über einen Meter breit – das ist der ganze Stolz der Stahnsdorfer Modelleisenbahn-Fans. Vor gut drei Jahren haben sie sich im Keller eines Bürohauses in der Potsdamer Allee eingerichtet. Nun sucht die Gruppe neue Mitstreiter. Auch um die Miete für den 70-Quadratmeter-Raum bezahlen zu können, erklärt der ebenfalls 63-jährige Finanzchef Dieter Neumann.

Spitzentechnologie Dampflok

Vor gut acht Jahren haben die beiden Nachbarn die Modelleisenbahngruppe aufgebaut. Für Rozanski war es vor allem das technisch-historische Interesse, das ihn zur Modellbahn führte. „Die Bahn war Motor gesellschaftlicher Entwicklung, die Dampflok gehörte einst zur Spitzentechnologie“, so der Teltower Mathematiker. Der Elektriker Dieter Neumann hat ganz klassisch zum Hobby gefunden. „Ich hatte als Kind eine Anlage geschenkt bekommen“, erzählt er. Später baute er sie mit seinen beiden Söhnen neu auf. Heute sei die knapp fünfjährige Enkeltochter in der Familie der größte Eisenbahnfan.

Vor allem die Kinder sind es, die die Regionale Modellbahn-Gruppe Stahnsdorf, kurz R-Mb-S, ansprechen will. Zum einen gehe es darum, selbst Nachwuchs zu gewinnen, zum anderen, die Kids für technisches Spielzeug fernab von Computern und Smartphones zu begeistern, so Rozanski. Es sei ein Hobby, bei dem man auf verschiedenen Gebieten sein Wissen erweitern und selbst etwas schaffen kann, sagt er. „Das Schönste ist, wenn zu Weihnachten die Kinder mit großen leuchtenden Augen vor den Loks stehen und zusehen, wie sie unterm Baum ihre Runden drehen“, schwärmt er.

H0-Gleisanlage mit Loks aus vier Epochen

Große Ansprüche stellen die Modelleisenbahner nicht an ihr Projekt. Die Motive seien überwiegend klassisch, die Gebäude „nicht mit absoluter Modelltreue“ nachgebaut, wie Rozanski sagt. Einzig die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) mit Betriebsgebäude, Traktoren, Silo und Kühen sei einem Original-Standort nachempfunden. Den Großteil der Anlage hat Rozanski aus seinem eigenen Fundus gestellt, anderes bekamen die Hobbybastler geschenkt. Mehrere Tausend Euro, schätzt er, wird die HO-Gleisanlage mit Loks aus vier Epochen kosten.

Einmal in der Woche trifft sich die Gruppe zum Austausch, auch eigene Loks bringen die Modelleisenbahner mit, lassen sie probefahren oder reparieren sie. „Wir haben dafür einen extra Wartungs- und Reparaturstützpunkt“, erklärt Rozanski. Zu Beginn traf sich die zunächst nur kleine Gruppe noch in einer Kneipe zum geselligen Eisenbahn-Klatsch. Heute zählt sie elf Mitglieder. „Optimal wären 20“, sagt Sprecher Rozanski. Noch steht in ihrem Hobbykeller nur die eine Gleichstrom-Anlage mit Piko- oder Roco-Modellen, wie es sie vor allem im Osten Deutschlands gab. Aber auch für Märklin-Fans sei Platz da, erklärt Rozanski.

Im Moment bastelt die Gruppe an einer mobilen Eisenbahnplatte. Bis zum Herbst muss sie fahrbereit sein. Dann wollen die überwiegend aus Stahnsdorf, Teltow und Potsdam stammenden Modelleisenbahner ihr neues Kunstwerk bei der Stahnsdorfer Gewerbeschau, später auch auf Fachmessen präsentieren. Aber auch an andere professionell nachgebaute Anlagen ist bereits gedacht – wie die legendäre Stahnsdorfer Friedhofsbahn, die zumindest en miniature wieder entstehen könnte. „Doch zuerst muss das Finanzielle stehen“, erklärt Dieter Neumann. Solveig Schuster

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