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Potsdam-Mittelmark: Mit und ohne blaue Finger

Gestern begann die Heidelbeersaison auf den alten und neuen Anbauflächen im Beelitzer Sander

Gestern begann die Heidelbeersaison auf den alten und neuen Anbauflächen im Beelitzer Sander Beelitz - Nicht alle bringen Fleiß und Geduld von Bernd Michalik auf. Wenn der Malermeister nach Feierabend in die tiefen Fläming-Wälder taucht, kommt er nach zwei Stunden selten mit unter 5 Kilogramm Heidelbeeren wieder raus. Er gehört zu den wenigen, die die alte Technik des Sammelns mit dem Kamm beherrschen. In Brandenburg dürfte der Medewitzer den Pflückerrekord halten: 53 Pfund pro Tag hat er schon geschafft. „Aber mit polnischen Omas kann ich mich nicht messen“, meint er bescheiden. Auch mit den 15 polnischen Erntehelfern nicht, die derzeit im Beelitzer Stadtwald auf 10 Hektar Kulturheidelbeeren ernten. Etwa 8 bis 10 Kilogramm holen sie pro Stunde von den 30000 etwa 1,50 Meter hohen Sträuchern. „Auf denen hängen die Früchte allerdings dichter und größer als im Wald“, betont der Gesellschafter der Heidelbeerpark Beelitz Heilstätten GbR, Manfred Schmidt, der die Fläche am Ortseingang von Beelitz Heilstätten gehört. Gestern war Start der Erntesaison. Sechs Spargelbauern haben sich 1999 zu der Heidelbeerpark-Gesellschaft zusammen geschlossen und sich damit ein zweites Standbein geschaffen, mit dem die Spargelsaison verlängert werden kann. Und das Beispiel hat Anklang bei den Kollegen gefunden: Der Spargelhof Simianer (1 Hektar), der Spargelhof Nieplitztal (1,5 Hektar) und der Spargelhof Jakobs (2,5 Hektar) haben nachgezogen. Auch der größte Spargelbetrieb der Region, Buschmann & Winkelmann, hat die Chancen des neuen Geschäftszweigs erkannt: Die jetzt gepflanzte 10 Hektar Anbaufläche in Klaistow sollen schrittweise sogar verfünffacht werden. Nach der 5 Jahre alten Start-Fläche am Finnenhaus in den Heilstätten werden auch diese neuen Pflanzungen in den nächsten vier bis fünf Jahren voll ertragsfähig werden. Von den Sträuchern genascht werden darf aber auch schon von den Jungpflanzen – Selbstpflücker sind auf allen Höfen willkommen. In der Heidelbeerpark GbR ist dann noch mehr als Naschen und Blaubeercafé angesagt: Wohl 40 bis 45 Tonnen werden bis September geerntet, die direkt vor Ort, auf den Spargelhöfen oder auch in Supermärkten wie Kaisers erhältlich sind. Im vorigen Jahr waren es 30 Tonnen. Für 2,90 bis 3,90 Euro das Pfund ist man dabei, wobei die Preise in den nächsten Tagen laut Manfred Schmidt noch sinken. Wer süße, knackige Frische aus der Region bevorzugt und nicht auf die Höfe geht, sollte auf das geschützte Warenzeichen „Beelitzer Heide Beere“ achten. „Der Name macht auch historisch gesehen Sinn“, meint Manfred Schmidt: Denn vor 100 Jahren sei man im Fläming in die „Heedebeeren“ gegangen. Dass die Tradition niemals ganz abgerissen ist – der 54-jährige Bernd Michalik ist der lebende Beweis. In den DDR-Jahren hat er dank seiner Sammlerleidenschaft sein Badezimmer einrichten können – Badewanne, Wasch- und Toilettenbecken gab es nur unter der Ladentheke, natürlich in Blau. Und auch heute möchte Michalik auf die selbst gesammelten Blaubeeren nicht verzichten. Geschmacklich gehaltvoller als die kultivierten Verwandten findet er sie, selbst wenn diese größer und etwas süßer sind und es keine blauen Finger und Zungen gibt. „Und warum“, fragt Michalik, „soll ich für etwas bezahlen, was in den Wäldern kostenlos wächst?“. Auch wenn er als Blaubeer-Prominenz zum Erntestart eingeladen war – mit dem Mann aus Medewitz werden die Heidelbeerbauern in Beelitz kein Geschäft machen. Doch die kultivierten Früchte finden auch so ihre Freunde. Die kalorienarme Beere wirkt cholesterinsenkend, hilft beim Abspecken und neutralisiert die so genannten freien Radikale, wie Manfred Schmidt versichert. Bernd Michalik schwört indes auf einen Aufguss mit Hochprozentigem, der wohltuend für Herz und Magen wirke. Für den Rücken sei der Kauf der Beeren allerdings bequemer, räumt der Medewitzer schließlich ein.

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