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Artenvielfalt. Der Saatguthersteller Joachim Zeller auf seinem Feld. Seine Wildpflanzen werden einmal ausgesät und fünf Jahre lang geerntet. Zudem brauchen sie wenig Dünger und bringen auch in trockenen Jahren durch ihre tiefen Wurzeln gute Erträge.

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Potsdam-Mittelmark: Mehr Farbe im Feld

Der Anbau von Wildpflanzen soll für Landwirte attraktiver werden

Von Eva Schmid

Werder (Havel) - Der Unterschied könnte kaum größer sein: Auf einem Feld wächst ordentlich der Mais in die Höhe, das ist Feld sattgrün. Daneben ein Feld voller Farbkleckse, die Pflanzen wachsen kreuz und quer, weiße Dolden der wilden Möhre, lilafarbene Malven und gelber Rainfarn blühen dort. Eins ist ihnen gemein: aus beiden können Landwirte Energie durch Biomasse gewinnen.

Gegen die Einöde auf den Feldern kämpft seit Jahren der Saatguthersteller Joachim Zeller. In Phöben hat er mehrere Versuchsfelder, auf denen er Mischungen von Wildpflanzen ausprobiert. Eine davon heißt Biogasmischung und liefert in sehr trockenen Jahren genauso viel Energie durch Biomasse wie der Mais.

Am Mittwoch hat Zeller zusammen mit dem Landesjagdverband und Naturschützern Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger (SPD) auf die Phöbener Felder eingeladen. Es ging darum, ob das ökologisch wertvolle Vorhaben vom Land gefördert werden kann.

„Leider hat die Politik die Idee schon kaputt gemacht“, so Zeller. Mit der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) wurde beschlossen, Biomasse nicht mehr weiter zu fördern. Damit sind auch Wildpflanzenflächen zur Energiegewinnung vom Tisch, erklärt der Firmenchef. „Ohne Förderung lohnt es sich für die Landwirte nicht mal mehr die Wildpflanzen auszuprobieren“, so Zeller. Dennoch gebe es einige, die von der ökologischen Idee überzeugt seien und auf ihren Flächen die bunten Pflanzen aussäen.

Bei dem Treffen am Mittwoch machte Vogelsänger klar, dass auch das Land kein Geld dazuschießen könne. „Es ist gut, dass das Vorhaben von Landwirten ein Stück weit freiwillig angenommen wird“, so Vogelsänger. In der aktuellen Förderperiode seien keine Hilfen dafür vorgesehen.

Dabei lassen sich die Wildpflanzen mit dem Mais durchaus messen: „Mit ihnen kommt man auf 60 bis 80 Prozent des Ertrags, den man durch Mais gewinnt“, so Andreas Klinser von der Deutschen Wildtierstiftung. Er berichtet von Landwirten, die bunte Blühstreifen zwischen ihre Maisfelder pflanzen und dafür von den Bewohnern der umliegenden Ortschaften gelobt werden. „Für sie ist das zwar alles Unkraut, aber sie bekommen ein positives Feedback.“ Daher sei es ärgerlich, dass Brandenburg die Landwirte nicht unterstütze. In Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, Bayern, Niedersachsen oder Mecklenburg-Vorpommern sei man da schon weiter, so Klinser. Dort werde die Nutzung von Wildpflanzen mit Fördermitteln bezuschusst.

Neben der Gewinnung von Biomasse haben die bunten Flächen noch eine weitere, wichtige Funktion: „Sie sind Lebensraum für viele Feldtierarten“, sagt Georg Baumann, Geschäftsführer des Landesjagdverbandes Brandenburg. Hasen, Fasane, Rebhühner, Feldlerchen, Zugvögel, Bienen und Insekten leben in den Feldern. „Die bieten ihnen das ganze Jahr über Nahrung und Deckung vor Feinden.“

Auch die Jäger haben Interesse an den Wildpflanzenfeldern. „Hochwachsende Maisfelder sind ein Paradies für Wildschweine, Dam- und Rotwild“, so Baumann. Die Tiere könnten darin schlecht gejagt werden, „den immer größeren Populationen können wir wenig entgegenwirken“, sagt der Jagdverbandschef. Auch Wildschäden können mit Feldern voller bunter Pflanzen minimiert werden. „Die Wildschweine gehen in die Blühstreifen zum Schlafen, kaputt machen können sie dort aber nichts“, so Baumann. Zudem würden bunte Felder den Erholungswert der Region steigern.

Dass überhaupt Wildpflanzen als Alternative zum Maisanbau infrage kommen, ist auch dem Saatguthersteller Zeller und einem Verbund von Wissenschaftlern zu verdanken. „Bei Versuchen zu Saatgutmischungen für Wildtiere haben wir festgestellt, dass darin Pflanzen sind, die Biomasse bringen“, sagt Zeller. Um den Landwirten das Biogas-Saatgut liefern zu können, müssen Biologen aus der Natur Samen sammeln. „Die werden dann angezogen, in Felder gesetzt, geerntet, dann wieder gesetzt und wieder geerntet“, sagt Zeller. Es dauere sechs bis acht Jahre, um das Saatgut zu vermehren und Landwirten anbieten zu können. Mittlerweile verkauft Zeller auch an Bauern aus den Niederlanden, Italien und Rumänien seine bunte Biogasmischung. In Brandenburg laufe das Geschäft bisher zäh. Ihn wundert das: „Mit den schwachen Böden und dem recht trockenen Klima kommen die tiefwurzelnden Pflanzen sehr gut klar“, sagt Zeller. Eva Schmid

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