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KulTOUR: Vielfalt für einen Tag bei Biomalz

Von merkantiler Gefälligkeit bis zum Wurf mit Anspruch: 450 Werke beim 4. Teltower Kunst-Sonntag

Teltow - Schnipp-schnapp, schnipp- schnapp! Mit Quäken und Quietschen heben und senken sich diese stählernen Objekte nach dem Regelplan eines Relais. Alte Scheren aus Stahl, nach dem Willen von Manfred Koch, ihrem künstlerischen Vater, „Fliegende Fische“ genannt, öffnen ihre gierigen Mäuler, um beim nunmehr 4. Teltower Kunst-Sonntag sonntägliche Teltower Luft zu zerschneiden, oder nach Piranha-Art zu zerbeißen.

Anders als im Alten Lagerhaus um die Ecke, wo sich Maler und Publikum hautnah drängeln mussten, war es im Alten Kesselhaus der Biomalz-Fabrik angenehm geräumig. Dies war sozusagen die „Skulpturen-Abteilung“ dieses so ambitionierten Kulturereignisses. Hier hatte Michael Soika der griechischen Daphne ein kerzenumkränztes Denkmal geschaffen, hier tummelte sich weiteres Getier von anderer Hand.

Eine Großtat der „Initiative Teltower Kunst-Sonntag“, die altehrwürdige Biomalz-Fabrik im hundertsten Jahr ihres Bestehens nicht nur als Sponsor, sondern auch als Ausstellungsort zu gewinnen, mal bis in das vierte Obergeschoss von Haus 2, mal im Hochparterre der Alten Quellmühle, sogar die benachbarte Firma für automobile Edel-Oldies hat sich als „Haus 7“ beteiligt.

Galerist Dieter Leßnau hatte als spiritus rector des Ganzen noch mehr Künstler als im Jahr zuvor geladen, 115 diesmal mit ungefähr 450 Werken der bildenden und angewandten Kunst, wozu auch die filigran in Gold und Silber gearbeiteten Möbel von Richard Radtke aus Wittenberg gehörten. Schon am Vormittag war der Besuch von Fern und Nah enorm, man sah es an den Autokennzeichen. Manchen der Künstler wie Hala Faisal und Axel Feuerberg kannte man schon von der Leßnauschen „Altstadthof-Galerie“, andere kamen aus Fredersdorf, Hamburg, Hannover, Berlin oder Polen.

Ziel dieser sicherlich planungsintensiven Großveranstaltung war laut Veranstalter einerseits die „Begegnung von Wissenschaft und Politik mit der Kunst“, andererseits der gedankliche und wohl auch pekuniäre Austausch zwischen Künstlervielfalt und Publikum. Der 4. Kunstsonntag wollte ja ohnehin „mehr Podium als Messe“ sein. Das hatte dann auch seinen Preis, denn neben richtig guten Arbeiten waren auch solche dabei, die man fern und besser zu Hause gelassen hätte. Es gibt doch eh längst mehr Maler als Menschen!

Vom Ästhetischen her war so ziemlich alles vertreten, was man sich nur hat vorstellen können: Vom Akt bis zur Stadtvedute, vom Porträt bis zum Genrebild, von der merkantilen Gefälligkeit bis zum Wurf mit Anspruch, von der streng gearbeiteten Skulptur bis zur mechanischen Objekt-Konstruktion, bei Anando Arnold zum Beispiel. Landschaften, Blumenbilder, Stillleben, Porträts, mehr oder weniger Abstraktes – wer um Himmelswillen sollte solch ephemere Vielfalt in den wenigen Stunden Öffnungszeit denn verkraften? Auch Fritz, der Alte, war ja zum Dreihundertsten dabei! Man wurde schnell müde, treppab und treppauf. Holte man künftig etwa noch mehr Namen herbei, so könnte es dem Ereignis womöglich eines Tages so ergehen wie Krösus, als er den Halys überschritt! Doch Piranha hin oder her – allem Einwand zum Trotz ist ein Erfolg aus Teltow zu melden. Respekt also allen Machern im Ehrenamt.

Hierzu zählte, schnipp-schnapp, auch die Wiedergeburt des guten alten Papiertheaters mit Helma Höraths Stück „Wer ist der richtige Eulenspiegel?“ am Nachmittag vor Ort.

Gerold Paul

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