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Wasser marsch. Die Schlalach-Mühle bei Treuenbrietzen.

© Helmut Nega

KulTOUR: Vergessen, verfallen, versteckt

Im Nuthetaler Rathaus zeigt eine Ausstellung die Welt der Wassermühlen Brandenburgs

Nuthetal - Obwohl es in Brandenburg oftmals lausetrocken ist, gilt es als äußerst wasserreich. Deshalb gibt es zwischen der Prignitz und Lehnin, dem Fläming und Wildau, Jericho und Fredersdorf etliche Wassermühlen, manche gar märchenhaft tief im Walde versteckt, wie Puffs Mühle bei Wollin, vom Verlorenwasser-Bach gespeist.

Der pensionierte Ingenieur Helmut Nega hat die heute fast vergessene Welt der hiesigen Wassermühlen für sich entdeckt und lieben gelernt. Fast 50 solcher Objekte hat er bei Exkursionen mit seiner Kamera eingesammelt, meist im Westen und Süden des Landes. Andere Teile der märkischen Windrose fehlen noch. Zusammen mit der Rehbrücker Gruppe um Siegfried Jahn hat er aus diesem faszinierenden Material die inzwischen dritte Ausstellung im Neubau der Nuthetaler Gemeindeverwaltung organisiert. Die Verwaltung hilft logistisch und finanziell kräftig mit, damit der Bürger beim Warten im Flur keine Langeweile bekommt.

Und tatsächlich betritt man mit dem Thema „Wassermühlen in Brandenburg“ geradezu eine terra incognita direkt vor der Haustür. Aktiv wird kaum noch eine solche Mühle betrieben, manche sind auf- oder umgebaut, viele vergessen, verfallen oder abgebrannt, wie die Steinmühle zu Treuenbrietzen oder Schadsmühle im Jerichower Land. Dabei hat man in ihnen wirklich alles zusammen: alte Technik, Baukunst in reizvoller Landschaft, viel Geschichte, Generationenkunde und oft mehr als nur den Schuss Romantik.

Eine faszinierende Welt randvoll mit Geheimnissen und charmant-maroden Bildern. All diese Mühlen am Bach sind wunderschön, sogar noch als Ruine. Gilt nicht das alte Mühlen- und Wasserrecht von ehemals noch heute, damit man einander nicht das Wasser abgrabe? Mal sind die Mühlen nach ihrer Funktion (Getreide-, Papier-, Öl-, Walk- oder Schneidemühle) benannt, mal nach ihren Besitzern (Krüger, Schad) oder dem Standort, zum Beispiel die Dahmemühle. Oder sie werden auf poetische Art mit Eulen und anderem Getier in Verbindung gebracht.

Jede von ihnen, so Helmut Nega, zeigt ein besonderes Gesicht. Manche haben auch keines mehr, wie die Forellenmühle aus dem 15. Jahrhundert bei Treuenbrietzen, hier weist nur noch ein Schild auf den historischen Standort hin. Eine tolle Leerstelle für die Phantasie. Besonders interessant ist die Komthurmühle Dahnsdorf bei Nimegk aus dem Gründungsjahr 1248. Samt dem historischen Ortskern an der Plane wird sie mit dem Deutschen Ritterorden und der Ballei Sachsen in Verbindung gebracht. Es gibt also, wie bei jedem Ding, eine sichtbare und eine unsichtbare Seite, da gerät jeder Geist in Bewegung.

Wer sich diese wunderbare Ausstellung in Bild und Text anschaut, bekommt die Faszination der Mühlen zu spüren. Man erlebt einen Anfang ohne Ende, wenn man die Geschichte der Steinmühle Treuenbrietzen liest, von bis zu vier Meter hohen Wasserrädern bei Gottsdorf, von Treibriemen, die durch Wände führen, von einem Mühlenbüro, wo die Zettelage noch genau so ist wie vor mehr als 50 Jahren, und von einer Tür, welche in etlichen Mühlen den Wohn- und Arbeitsraum verbinden – für den schnellen Eingriff in der Not – ist die Rede. Helmut Negas Suche ist echte Pionierarbeit. Ist der Anfang gemacht, werden andere kommen, dieses Werk weiterzuführen. Gerold Paul

Die Ausstellung ist noch bis Ende August in der Gemeindeverwaltung Nuthetal, Arthur-Scheunert-Allee 103, hinterer Neubau, zu sehen. Immer montags/freitags 8 bis 12 Uhr, dienstags 7 bis 18 Uhr, donnerstags 10 bis 18 Uhr

Gerold Paul

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