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KulTOUR: Indizien für die Beständigkeit

Elfenbeinschnitzerin Ilka Berndt ist in der Welt rumgekommen – jetzt stellte sie ihr Caputher Atelier vor

Schwielowsee · Caputh - Ilka Berndt hat einen klaren Hang gen Norden. Während ihrer Ausbildung zur Elfenbeinschnitzerin 1996 bis 1999 zog es sie erst einmal zu einem Studienaufenthalt nach Grönland, aber mit Walross-Stoßzähnen war da nichts, sie musste sich beim Gestalten mit Rentierknochen begnügen. Ein „Schneeseminar“ in Norwegen, Teilnahme an einem Workshop in Schwedens berühmten „Eishotel“, die weißen Berge der Schweiz schlossen sich an. Beim Bau einer Schneehöhle bemerkte sie feine Firnstreifen im Eis. Diese Muster kann man auf einem achtteiligen Kachelband in ihrem Wohnort Caputh bewundern, wo sie seit zwei Jahren lebt. Eine kleine Veranda ist ihr Arbeitsplatz. Einladung zum „Tag des offenen Ateliers, und viele kamen, auch die so umtriebige Bürgermeisterin Kerstin Hoppe, sichtlich angetan von dem, was die gebürtige Hennigsdorferin ihr zeigte.

Schon am Eingang Auguststraße fielen die seltsam geformten Gefäße auf, wie auf lebende Stacheln gestellte Metallkübel, mit dem Hammer getrieben. Im Durchgang zum gut gepflegten Garten hängen drei aus Brombeer-Ranken geflochtene Körbe, Sinnbild für das Innen-und-Außen des Menschen, für seine Verletzbarkeit. Schön geschnitzte Schmuckstücke, eine in Bein (Knochen) geritzte Landschaft, kleine Keramiken wie etwa „Balance“, sogar der Hund „Dario“ von der einstigen WG, aus einem alten Heizkörper gefaltet, hat seinen Platz in der kleinen Galerie gefunden. Knochen, Stahl, Kupfer, Papier, Email, Bernstein sind das Material, aus denen solche Stücke unter ihrer Hand entstehen. Holz weniger. Hoffnungsvoll jung, findet man „die echte Skulptur“ bei der in Giebichenstein ausgebildeten Bildhauerin zur offiziellen Atelier-Eröffnung noch nicht.

Dafür ist Ilka Berndt ausgesprochen weltläufig, im März war sie sogar beim Kulturaustausch mit Uruguay dabei. Mehrere Freiland-Installationen bisher, die Teilnahme an der „Aquamediale“ in Lübben (Juni) ist fest gebucht, im selbigen Monat wird Potsdam auf der Freundschaftsinsel mehr von ihr sehen. Auch Preise hat sie schon gewonnen.

Was der Mensch tut, das ist er. Bei der 1976 geborenen, so zerbrechlich wirkenden Frau scheinen es handfeste Gegensätze zu sein. Metall und Papier, Warmes und Kaltes, Reisen und Bleiben, Feuer und Wasser. Vergehen und Dauer: Was sie in Schwedens Eishotel baute – eine frostige Form mit dem Inhalt Ilka Berndt – das gibt es nicht mehr, Schneeschmelze da – Kunst weg!

Ihr Credo heißt trotzdem „Kunst soll sich behaupten können“. Oder vielleicht gerade deshalb? Was sie von manchen ihrer Kollegen unterscheidet, ist „die Arbeit nach der Natur“. Dies gibt ihren Werken Formsicherheit, Schönheit, Glaubwürdigkeit. Auch Anzeichen von Beständigkeit, ihre Kessel wirken wie Archaismen aus Afrika, deren quirligen Beine erinnern an Wesen aus dem Silur, die dornigen Körbe an den Fleiß von Webervögeln, die beinernen Skulpturchen an die Frühzeit der Menschheit – falls Darwin doch noch recht behalten sollte.

Viel Experiment auch, wenn sie versucht, den stachligen Kupfertopp mit Pappmachee zu verbinden: Was laufen kann, das lebt! So schafft Ilka Berndt sich eigentlich selbst, als ambivalentes Erdenwesen neugierig, bescheiden, sympathisch. „Es fügt sich langsam zusammen“, schwärmte Kerstin Hoppe. Maler, Bildhauer, Musik – Caputh hat viele Talente, und manche haben ihrerseits viele. So viel Schöpferwille, diese Phantasie wird sich wohl behaupten können.

Gerold Paul

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