zum Hauptinhalt
Wiederbelebt. In der Ladenstraße in Bergholz-Rehbrücke gibt es kaum noch Leerstand. Lediglich die beiden ehemaligen Standorte von Edeka und Schlecker bereiten Nuthetals Bürgermeisterin Ute Hustig (Linke) noch Sorgen. Um den Standort auch für die Zukunft attraktiv zu halten, arbeitet die Gemeinde mit der IHK und den Gewerbetreibenden zusammen.

© Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: Gemeinsam gegen Leerstand

Der Einzelhandel kämpft vielerorts ums Überleben. In Bergholz-Rehbrücke will man den Wandel aktiv mitgestalten

Nuthetal - Durchs Schaufenster sieht man einen weißen Fliesenboden, kahle weiße Wände, weiße viereckige Säulen. An der weißen Decke hängen die weißen Deckenleuchten, darin noch die Neonröhren. Es sieht so aus, als ob hier jederzeit ein kleiner Supermarkt oder eine Drogerie einziehen könnte. Ein Haus weiter fällt der Blick durch die Fenster auf einen mit milchiger Folie verkleideten Bauzaun. Einige Lichterketten hängen daran.

Bauzaun und Lichter hat Nuthetals Gemeindeverwaltung in die Schaufenster gestellt. Bürgermeisterin Ute Hustig (Linke) begründet die Aktion so: „Damit man nicht in den leeren Raum schaut.“ Der leere Raum, das ist der ehemalige Edeka-Markt im Ortszentrum des Nuthetaler Ortsteils Bergholz-Rehbrücke. Der Komplex zwischen der Arthur-Scheunert-Allee und der Straße Am Rehgraben wurde in den 90er-Jahren entwickelt. Hier finden sich Wohnungen, Arztpraxen, eine Apotheke und eine Ladenstraße mit Einzelhandelsgeschäften. Letztere macht der Bürgermeisterin Sorgen.

Denn der Wandel im allgemeinen Konsumverhalten macht auch vor dem Nuthetaler Einzelhandel nicht halt. Für Fachgeschäfte wird es immer schwerer, mit Groß- und Online-Handel sowie mit Shopping-Zentren zu konkurrieren. Im Ortszentrum gab es immer mehr Leerstand. Aus Angst, den Standort zu verlieren, gründete die Verwaltung daher vor zwei Jahren eine Arbeitsgemeinschaft, die sich mit der Wiederbelebung der Ladenstraße beschäftigt.

Seitdem ist schon einiges passiert. Leer stehen jetzt nur noch die beiden großen Verkaufsflächen der ehemaligen Edeka- und Schlecker-Filialen. In einem anderen Haus hat die Gemeinde die Akademie 2. Lebenshälfte sowie die Gemeindebibliothek untergebracht, um die Ladenstraße zu beleben. Offenbar mit Erfolg. Im Ortszentrum herrscht an diesem Vormittag Geschäftigkeit.

Die Angst vor Leerstand ist allerdings geblieben. Deswegen hat sich die Gemeinde Nuthetal mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam zusammengetan. Thilo Schneider, Leiter des IHK-Regionalcenters, will die Gewerbetreibenden vor Ort dabei unterstützen, den Standort zu stärken. Dazu gehört zunächst eine Bestandsanalyse. „Es geht darum, was attraktiv am Ortszentrum ist und was nicht“, sagt er. Zu diesem Zweck hatten Gemeinde und IHK am Dienstagabend einen Experten eingeladen, der mit den Gewerbetreibenden über die Situation in Bergholz-Rehbrücke und mögliche Schritte diskutierte.

Raumplaner Thomas Wiemken von der Berliner Firma Location:s ist davon überzeugt, dass es sich beim Zentrum um eine „zukunftsfähige Struktur“ handelt. So gebe es qualitativ gute Geschäfte. „Feinkostladen, Schuhladen, Buchladen – so etwas erwartet man in einem Ort dieser Größe nicht unbedingt“, sagte Wiemken. Der Handel in solchen Zentren sei sonst nicht so attraktiv. Die Geschäfte hätten eine Stammkundschaft. Die gemischte Nutzung mit Wohnungen und Dienstleistern wertet er auch positiv. Die Händler vor Ort punkteten mit Beratung, persönlichem Kontakt und Individualität. Auch die gemeinsame Internetplattform marktplatz-rehbruecke.de sei ein guter Ansatz. „Die Ausgangslage ist gut vor Ort“, resümiert Wiemken, „die Gemeinde macht schon viel.“

Allerdings gibt es auch noch Verbesserungsvorschläge: So fehle es dem Zentrum an Aufenthaltsqualität. Es gibt viele Parkplätze, aber wenig Platz zum Draußensitzen. „Der Marktplatz ist ideal als zentraler Platz“, sagt Wiemken. Hier könne man vielleicht vier Parkplätze wegnehmen, damit „mehr Aktionsfläche“ zur Verfügung steht. „Das muss keine 100 000 Euro kosten“, fügt der Raumplaner hinzu. Es reichten Flexibilität und eine gute Idee. Wichtig sei, dass „mehrere Leute an einem Strang ziehen“. So könne man sich als Standortgemeinschaft präsentieren, das Ortszentrum besser vermarkten.

Auch IHK-Mann Schneider würde sich freuen, wenn ein stärkeres Netzwerk vor Ort entsteht, eine „Gruppe der Willigen“. „Wir können nur Impulse geben“, sagt er. Die Gewerbetreibenden in Bergholz-Rehbrücke wissen, dass etwas passieren muss. Zu der Veranstaltung mit Wiemken kamen mehr als 30 Teilnehmer. Bei einem zweiten Treffen mit IHK-Unterstützung in einigen Monaten soll eine konkrete gemeinsame Aktion geplant werden, bei der sich der Standort präsentieren kann.

Auch Bürgermeisterin Hustig ist von dem Einzelhandelsstandort überzeugt. Zwar sorge die Nähe zu Potsdam und Berlin für zusätzliche Konkurrenz. Doch wachse die Gemeinde weiter, die Kaufkraft sei gut. Und auch die Verwaltung will weiter gegen den Leerstand helfen.

So könnte die ehemalige SchleckerFiliale zu barrierefreien Wohnungen umgebaut werden. Die Voraussetzungen im B-Plan hat die Kommune schon geschaffen. Für den ehemaligen Edeka ist das allerdings keine Option. So hofft Bürgermeisterin Hustig auf einen neuen Mieter. Das muss kein Supermarkt sein. „Ich könnte mir auch ein Tanzstudio vorstellen“, sagt sie.

Martin Anton

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false