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FLUGROUTEN-STREIT: Vogelsang statt Düsenklang

Bürgerprotest vor dem Landtag gegen eine „staatlich anerkannte Einflugschneise“ über die Havelseen

Potsdam-Mittelmark / Potsdam - In den Havelseegemeinden wächst der Widerstand gegen die geplanten Anflugrouten für den künftigen Großflughafen Schönefeld. Gut 300 Einwohner aus Werder, Schwielowsee, Michendorf und Nuthetal reisten am Donnerstagnachmittag nach Potsdam, um nach einer Sitzung des Infrastrukturausschusses ihrem Ärger Luft zu machen. „Vogelsang statt Düsenklang“ und immer wieder „Außen rum“ hieß es in Sprechchören vor dem Landtag. Offiziell war nur eine kleine Mahnwache angekündigt worden.

„Man will 75 Prozent aller Westanflüge in einer Höhe von 1000 Metern über unsere Köpfe schicken“, empörte sich Schwielowsees Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) in einer leidenschaftlichen Rede vor den Protestlern. Wie berichtet, verlaufen die von der Deutschen Flugsicherung (DFS) präferierten Anflugrouten direkt über Werders Inselstadt, Wildpark-West, Geltow und den Schwielowsee sowie entlang von Ferch und Kammerode. Ministerpräsident Matthias Platzeck und Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (beide SPD) müssten endlich ein Machtwort sprechen und ihr oft gegebenes Versprechen „Lärmschutz vor Wirtschaftlichkeit“ einlösen, so die Bürgermeisterin. Ansonsten würden „aus den staatlich anerkannten Erholungsorten staatlich anerkannte Einflugschneisen“. Zum Thema Fluglärm habe man sie und ihre Bürgermeisterkollegen seit zwei Jahren immer nur vertröstet. „Wir fragen uns langsam, ob wir vom Ministerium nicht bewusst hinter das Licht geführt werden“, erklärte Hoppe.

Die Forderung der Kommunen und der Bürgerinitiative „Kein Fluglärm über den Havelseen“ ist klar: Für die anfliegenden Maschinen soll eine Route „außen rum“ – also außerhalb des Berliner Rings festgelegt werden. Für Empörung hat jüngst die Nachricht gesorgt, dass die DFS dieser Variante nicht zustimmen wolle (PNN berichteten). Eines sei laut Hoppe unter diesen Bedingungen sicher: „Für die Havelsee-Gemeinden ist dieser Großflughafen kein Wirtschaftsmotor, für uns würde er das wirtschaftliche Aus bedeuten.“

Von den politisch Verantwortlichen stellte sich am Donnerstag keiner den Demonstranten. CDU-Landeschefin Saskia Ludwig unterstützte indes noch einmal die Forderung, eine Anflugroute außerhalb des Berliner Rings festzulegen. Platzeck und Vogelsänger müssten sich endlich ebenso wie Klaus Wowereit in Berlin für ihre Bürger einsetzen, sagte sie.

„Wenn die Landesregierung nur auf die Airlines und nicht auf die Bürger hört, werden wir zu keinen vernünftigen Ergebnissen kommen“, erklärte der in Caputh wohnende Regisseur und Grimme-Preisträger Thomas Freundner. Der soziale Friede in den Havelsee-Orten sei extrem gefährdet. Wie berichtet, hatte es bereits am Dienstag vergangener Woche beim Besuch von Infrastrukturminister Vogelsänger in Wilhelmshorst heftige Proteste mit etwa 450 Teilnehmern gegeben. „Es werden nicht die letzte Demonstrationen gewesen sein“, kündigte Freundner an.

Auch der Potsdamer Ex-SPD-Oberbürgermeister Horst Gramilich gehört zu den Fluglärmgegnern. Er wisse, wie die Politiker ticken, versicherte er vor den Protestlern. Deshalb sein Appell: „Wir müssen noch viel mehr werden, ansonsten werden wir kein Gehör finden.“

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