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Im Briefverteilzentrum in Stahnsdorf arbeiten jeden Abend und jede Nacht bis zu 320 Mitarbeiter.

© A. Klaer

Ein Besuch im Briefverteilzentrum in Stahnsdorf: Umsteigebahnhof für Briefe

Nachts geht in Stahnsdorf die Post ab, dann werden bis zu drei Millionen Briefe sortiert, gestempelt und nach Postleitzahlen geordnet – ein Besuch im Briefverteilzentrum.

Von Eva Schmid

Stahnsdorf - Es ist gelb und es ist laut: Ein Roboterarm packt zischend Postkisten auf Förderbänder. Kurz darauf schweben tausende Briefe wenige Meter unterhalb der Decke durch die riesige Halle des Stahnsdorfer Briefverteilzentrums. Es surrt und klackert über den Köpfen. Mit einem lauten Rumms wird die Briefladung ausgeleert, in einen riesigen Behälter flattern Rechnungen, Liebesbriefe und Werbeschreiben. Im Stahnsdorfer Gewerbegebiet an der Ruhlsdorfer Straße werden täglich bis zu drei Millionen Briefe sortiert. Seit 20 Jahren geht das schon so, Stahnsdorf gehört zu den größten der insgesamt 82 Briefverteilzentren in Deutschland.

„Willkommen im Umsteigebahnhof für Briefe“, begrüßt die Leiterin des Zentrums, Sabine Ebmeier die Presse am Donnerstagabend. Versprochen wurde ein Blick hinter die Kulissen, am Abend und in der Nacht geht in Stahnsdorf die Post ab. Dann müssen Briefe für den Versand an andere Briefverteilzentren oder für die Reise ins Ausland vorbereitet werden. Später in der Nacht kommen die Briefe aus allen Himmelsrichtungen in Stahnsdorf an und müssen für den Postleitzahlenbezirk 14, das ist der Südwesten Brandenburgs sowie der Südwesten Berlins, bis auf einzelne Straßenzüge genau sortiert werden. Der Zusteller soll am Morgen nur noch in seine Posttasche greifen, und das Bündel mit den Briefen für die jeweilige Straße herausziehen. Die Sendungen sind sogar nach Hausnummern sortiert.

320 Mitarbeiter sorgen in Stahnsdorf für einen reibungslosen Ablauf

Doch bis der Brief beim Empfänger vormittags im Briefkasten landet, muss er durch unzählige Hände und Maschinen. Die große logistische Maschinerie des Briefverteilzentrums ist beeindruckend. „Bis zu 320 Mitarbeiter sorgen jeden Abend und jede Nacht für einen meist reibungslosen Ab- und Eingang der Post“, sagt die 47 Jahre alte Leiterin. Sie schaut nach oben zu den Förderbändern unter der Decke, auf fast drei Kilometern schlängeln sie sich durch die Halle. Ebmeier ist seit 17 Jahren im Betrieb, in dieser Zeit sind knapp sieben Milliarden Briefe durch ihr Zentrum gegangen. „Die Umschläge aneinandergelegt würden 43 Mal die Erde umrunden“, sagt sie stolz.

So viel Technik wie heute war auch schon früher in der großen Posthalle. Die Maschinen sind mit der Zeit intelligenter, und damit effizienter geworden. Im Stahnsdorfer Briefverteilzentrum, das zeigt der Blick auf das emsige Treiben der Mitarbeiter, geht es um Schnelligkeit. Die Sendung muss pünktlich zugestellt werden, lautet die Maxime. Zu 94 Prozent klappe das auch, sagte die Sprecherin des Konzerns, Tina Birke, die die Pressetour organisiert hat.

Liebesbriefe sind selten geworden

Dass Briefeschreiben nicht ganz aus der Mode gekommen ist, zeigen die aktuellen Zahlen: Immerhin noch 61 Millionen Briefe werden nachts auf den Autobahnen durch ganz Deutschland gefahren. Vor 16 Jahren waren es noch 70 Millionen.

Wer heute Briefe verschickt, der macht das aus geschäftlichen Gründen – Liebesbriefe oder Briefe an die Omi sind selten geworden in Zeiten von Whatsapp. 84 Prozent mache die Geschäftspost aus, sagt Birke. Der Versand von Paketen hingegen boome, dank des Onlinehandels. Innerhalb von fünf Jahren sind eine Million täglich versandte Pakete hinzugekommen, 2015 wurden 3,6 Millionen Pakete am Tag verschickt. Die Logistik muss nachziehen.

Ostern und Weihnachten müssen zusätzliche Sortierer eingestellt werden

Auch wenn heute weniger Briefe verschickt werden, geht es im Stahnsdorfer Verteilzentrum noch immer zu wie in einem Ameisenhaufen. Besonders Weihnachten und Ostern sind Spitzenzeiten, da werden zusätzliche Sortierer eingestellt. „Sonst wäre das Pensum nicht zu schaffen“, sagt Leiterin Ebmeier. Zu den Feiertagen kommt es auch oft vor, dass die Maschinen die handbeschriebenen Adressen nicht erkennen. Das sei der Fall, „wenn mit Silberstift auf einen roten Umschlag geschrieben wird“. Auch der selbstgestrickte Schal im Großbrief muss dann von Hand sortiert werden, er könnte nämlich aufgrund seiner Beschaffenheit die Maschine blockieren. „Hier, so etwas meine ich“, Ebmeier zieht einen Brief aus einem gelben Kasten heraus. Viel zu labberig sei er. Der Brief wird deshalb von Hand sortiert - wie es früher üblich war. Einen lahmen Arm bekommt trotzdem keiner mehr vom Stempeln: „Wir benutzen heute eine Rolle, mit der man über den Brief fährt.“

Läuft der Ablauf im Briefverteilzentrum reibungslos, kommen ab sechs Uhr abends die ersten Transporter mit Briefen aus der Region in Stahnsdorf an. „Ihr Ziel ist die Briefordnerei“, sagt Ebmeier. Aus einem heillos wirkenden Chaos von Umschlägen beginnt die Vorsortierung von Hand, kleine Standardbriefe werden von Großformaten getrennt. Dann geht es in die Maschine: „Die Sendungen werden dort frankiert, der Name, die Adresse, die Postleitzahl und der Wohnort werden von einer Kamera in der Maschine gelesen und in den orangefarbenen Strichcode am unteren Rand des Briefes übersetzt.“ Den Strichcode liest die nächste Maschine aus und sortiert die Briefe nach den ersten zwei Postleitzahlen. Der Transporter Richtung Hamburg nimmt den 02-Stapel mit, der nach München den 80-Stapel. Die Post aus Stahnsdorf landet in weiteren Briefverteilzentren, in der Region werden die Briefe nach den letzten drei Postleitzahlen, nach Straßenzügen und Hausnummern sortiert. In Stahnsdorf kommt diese Art von Posteingang ab Mitternacht mit Lastwagen angekarrt. Dann werden die gleichen Maschinen, die die Post für den Ausgang sortierten, für den Eingang benutzt. Morgens um sechs Uhr verlässt der letzte Wagen den Hof, die Briefe sind auf dem Weg zum Empfänger. In Stahnsdorf wird’s ruhig, die Postboten sind dran.

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