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Kunst am Wasser. Im exklusiven Gästehaus „Elisabeth am See“ zeigen Studierende der Bauhaus-Uni Weimar und der Beuth-Hochschule Berlin ihre Arbeiten unter dem Titel „panta rhei“ – Altgriechisch für „alles fließt“. Themen sind etwa „Wohnen auf dem Wasser“ oder „Natur, künstliche Natur und neue Medien“.

© Patrick Plönnig

Potsdam-Mittelmark: Dunkles Herz und blanker Bogen

In Caputh lädt derzeit zum zehnten Mal die Kunsttour zur Entdeckungsreise durch Ateliers, Hotels und Höfe ein – mit Kunst aus der Region und von außerhalb. Ein Rundgang

Kaiserwetter zum ersten Teil der Caputher Kunsttour am Wochenende, doch weit und breit kein Kaiser! Oder war’s die Kunst höchstselbst, mit hoher Krone? Wahrscheinlich, immerhin hat man ja die Jubiläumsausgabe vor sich, die zehnte! Ehre also, wem Ehre gebührt, und zwar laut und deutlich! Der inzwischen weit über Brandenburgs Grenzen hinaus berühmte Kunst- und Orts-Marathon ist ja eine rein weibliche Gründung: 2006 setzten sich die Caputher Künstlerinnen Siegrid Müller-Holtz und Nicola Berner zusammen, um Caputh samt den darin hausenden Künstlern mehr Öffentlichkeit zu verschaffen. Offene Ohren fanden sie beim Kulturforum Schwielowsee, in der Bürgermeisterei, und auch sonst, zumal das Team bald Verstärkung bekam, durch Elke Kürth, Christina Faix und natürlich auch durch Männer, nicht zu vergessen die Sponsoren und Helfer.

Der erste Wurf war etwas zu groß, man wollte Ateliers, Höfe und Gärten gleich an drei September-Wochenenden öffnen, acht ortsansässige Ateliers – mit Höfen insgesamt 13 Anlaufstellen – wurden vorbereitet. Die Idee ist geblieben: Vermittlung zeitgenössischer und regionaler Kunst, durch Gastkünstler von außen verstärkt, Werbung für Caputh durch offene Türen und Tore, und natürlich der große Kotau vor und für Caputh. Wenn es heute auch mehr Ausstellungsorte als Ateliers im Ort gibt, so bleibt sich das Kulturforum natürlich trotzdem treu – und wird dafür längst auch mit internationaler Aufmerksamkeit belohnt. Mit viel Lob aus Nah und Ferne sowieso. Gute Gründe also, das wohlverdiente Jubiläum ganz besonders „hoch“ zu feiern, an einem Ort, der bisher immer nur begehrlich blieb.

Kaiserwetter also Freitagabend zur Eröffnung der diesjährigen Kunsttour in der noblen „Remise am See“, Gelände derer von Siemens. Weit mehr als hundert Künstler, Gäste, Ehrengäste, nicht zu vergessen eine überglückliche Bürgermeisterin Kerstin Hoppe im schicken Roten. Man hielt Reden des Dankes und des Eingedenkens, Musiker aus Syrien und Afghanistan für den Background, Speis und Trank reichlich, alles Sponsor-Gaben, und am See, da porträtierte ein Zeichner aus Peru, wer sich zu ihm setzte. Eine lästige Drohne am Kaiserwetter-Abendhimmel, zu Lande und zur See sehr großes Volksgetümmel.

Natürlich bleibt diese „Remise“ Teil des Tour-Programms. Im Haus stellen mit Oda Schielicke und Marlis Konrad zwei gestandene Malerinnen aus, letztere übt sich sogar in der alten Kunst, Paravents zu bemalen. Ornamentik, nicht weniger, nicht mehr. Unter den „angewandten“ zeigt der Wilhelmshorster Holzbildhauer Hans-Ulrich Kittelmann so kunstvolle wie sinnreiche Werke, viel besser als das, womit er sich in der Gemeinschaftsausstellung aller Beteiligten, diesmal im Gemeindehaus neben der Kirche, präsentiert. Im Ganzen stellen sich 18 Künstler dem werten Publikum, auf zwölf Stationen verteilt. Das müsste eigentlich für zwei Wochenenden reichen! Kaiserwetter bis zum Glühen auch am Samstag, kein Dünstchen am Himmel.

Neben gestandenen Ausstellungsorten wie dem Atelier von Siegrid Müller-Holtz, wo es außer ihren Arbeiten diesmal sogar Möbel und Wohn-Accessoires aus Schiefer (von Lutz Kommallein) zu sehen und zu erproben gibt, neben dem Atelier des Bleistiftzeichners Ralf Wilhelm Schmidt oder dem Heimathaus, wo der Mundmaler Thomas Kalau ausstellt und malt, kommt mit der „Gold-Villa Caputh“ erstmals eine neue Adresse hinzu. Was für ein traumhafter Ort! Ein geräumiges Haus mit Blick nach Süden, darin Wolf Haussner sonderbare Gold- und Silber-Paintings vorstellt. Draußen eine riesige Silberweide in trauernder Gestalt, meterhoher Bambus, ein Goldfischteich mit blühenden Wasserlilien, alles bestens geeignet, hier ein Meditationszentrum aufzubauen. Als Gast hat man sich Hauke Kunze eingeladen, einen Mann, der als Autodidakt historische Blankbögen baut, Pfeile mit Naturfedern als Zubehör. Natürlich kann er auch zielen und treffen, und weiß sogar alle Fragen zu diesem Metier zu beantworten. Mit der wunderbaren Skulptur „Die Tänzerin und die Schlange“ zeigt er, dass er auch in der Holzbildhauerei bewandert ist.

Auch das Haus „Elisabeth am See“ beherbergt als „Fünf-Sterne-Villa“ exzellente Gäste. Unter dem Gesamttitel „panta rhei“ zeigen Studierende der Bauhaus-Uni Weimar sowie der Beuth-Hochschule Berlin Ausschnitte aus ihrem Arbeiten und Denken. Themen sind „Wohnen auf dem Wasser“ und „Natur, künstliche Natur und neue Medien“. Hier zu staunen, braucht es freilich Zeit.

Jan Beumelburg vom selbst gegründeten „Verwandlungsamt“ war schon mehrfach Gast vor Ort. Er zeigt im „Offenen Hof Susanne Hoffmann“ Zeichnungen und Gemälde, viele Halbakte darunter. Besonderen Reiz haben die leicht verfremdeten Porträts mit Namen wie Anna, Nora oder Lisa. So klein sie sind, so gibt es hier viel Großes zu entdecken. Genauso im Alten Kino, zum Beispiel ein riesiges „dunkles Herz“ aus Nussbaumholz, das an einer Kette von der Decke herabgruselt. Uwe Kahl hat es erdacht.

Das nun trifft für alle und jeden zu, für Künstler und Besucher, für den Veranstalter wie für Caputh – ein Hoch dieser Tour, ein Tusch dazu – und weiter so, bei gutem und bei trübem Wetter!

Die Caputher Kunsttour findet auch am 3. und 4. September von 11 bis 18 Uhr statt

Gerold Paul

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