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Potsdam-Mittelmark: Der Individualreisende

Den vergangenen Winter verbrachten Detlef Krüger und seine Frau in Neuseeland

Nuthetal - Detlef Krüger ist wieder auf dem Weg. Zusammen mit seiner Frau sitzt der Potsdamer jetzt im Auto und fährt Richtung Süden. Der Winter in Deutschland behagt den beiden nicht. Bis zum April wollen sie auf den Kanarischen Inseln bleiben, zu denen Lanzarote, Fuerteventura und Gran Canaria gehören. „Überwintern“, sagt Krüger. Bevor am Dienstag die Reise losging, hat sich Krüger zwei Stunden Zeit genommen, um in der Akademie 2. Lebenshälfte in Bergholz-Rehbrücke über sein Überwintern in Neuseeland zu berichten und Bilder zu zeigen. Der kleine Raum im Andersenweg ist fast überfüllt, doch Helge Siering von der Akademie muss immer wieder los und neue Stühle holen. Geschichten aus fernen Ländern verlieren in keinem Lebensalter ihren Reiz.

Detlef Krüger ist Pragmatiker, das merkt man sofort. Er erzählt von seiner Reise nach Neuseeland als handele sich dabei nur um einen kurzen Spaziergang zum nächsten Park. Vier Monate haben Krüger und seine Frau im vergangenen Winter auf dem Inselstaat im Pazifischen Ozean verbracht. Für eine Zeit galt das Ehepaar sogar als vermisst, in den Tageszeitungen wurde über ihr Schicksal spekuliert. Bis die beiden wieder unversehrt von ihrer Rundreise auftauchten und wohlbehalten die Heimreise antraten.

Hört man Detlef Krüger zu, wenn er von dieser Reise erzählt, dann stellt man sehr schnell fest, dass die Befürchtungen um die beiden hier in Deutschland gar nicht so unbegründet waren.

Seine Leidenschaft für den Rugby hat bei Krüger schon früh das Interesse am fernen Neuseeland geweckt. Die Spieler der neuseeländischen Nationalmannschaft, wegen ihrer schwarzen Kleidung „All Blacks“ genannt, gelten in ihrer Heimat fast schon als Heilige. „Ein Beckenbauer ist dagegen ein Kasper“, sagt Krüger und lässt mehr als ein leichtes Murren im Publikum als Protest nicht zu. In Hennigsdorf aufgewachsen, widmete sich Krüger schon als Knirps der etwas rabiaten Ballsportart. Später in der DDR unter anderem verantwortlich für den Sommerolympiasport, konnte er auf Einladung nach Neuseeland reisen und sich dort auch mit Rugbyspielern treffen. „Kollegen“, sagt Krüger. Doch erst nach der Wende konnte er so reisen, wie es ihm passte. Mit den „Old Boys“ seiner Rugby-Mannschaft flog er schon 1994 nach Neuseeland. Jetzt als Rentner hat Krüger noch mehr Zeit.

Eigentlich wollten Krüger und seine Frau im vergangenen Winter drei Monate auf einer Farm in Neuseeland arbeiten und dann einen Monat lang die Küste entlang reisen. Krüger hat auf der Farm Ordnung in den Ställen, der Werkstatt und in einem kleinen Garten geschaffen, bei dem „auf wenigen Quadratmetern alles wuchs“. Seine Frau musste täglich das tun, was sie Zuhause vermeidet: Wäsche bügeln. Auf den Bildern die Krüger zeigt, macht sie dabei kein glückliches Gesicht.

Dann gab es einige Probleme auf der Farm, die Besitzerin wurde krank, so dass die beiden schon nach einem Monat ein altes Wohnmobil kauften und sich auf die Reise machten.

Krüger zeigt Bilder von Landschaften, die immer wieder für „Ahh“ und „Ohh“ sorgen. „War doll“, sagt Krüger und fügt an, dass er jetzt nicht ins Schwärmen geraten will. Er erzählt von alten Goldgräberstädten, von der Hilfsbereitschaft der Einheimischen, von den Plastiktoiletten, die überall in der Wildnis stehen. „Aber fragen Sie mich nicht, wie die Dinger gereinigt werden. Sauber sind die aber immer.“ Krüger erzählt von tagelangen Wanderungen, er nur bekleidet mit kurzer Hose und Turnschuhen, auf dem Rücken einen gefundenen Kinderrucksack mit etwas Trockenobst und einem Regenumhang drin. Wenn er auf den Wanderungen anderen begegnete, haben die ihn oft angeschaut wie einen Außerirdischen.

Die Krügers haben Tage an Binnenseen und Stränden verbracht, ohne einem Menschen zu begegnen. Sie haben bei ihren spontanen Wanderungen seltene Seebären und Pinguine gesehen. „Viele Touristen zahlen für geführte Touren zu diesen Tieren sehr viel Geld“, sagt Krüger.

An einem der einsamen Strände ist Krüger doch mal einem Menschen begegnet. Er machte seinen Strandlauf, es fing an zu Regnen und hinter einer Biegung entdeckte er Rauch. Der Weg führte ihn zu einer Höhle. Dort lebte ein Einsiedler, der im Alter von 60 Jahren diesen Platz zum Sterben gewählt hatte. Man hatte ihm prophezeit, dass es bald soweit sein würde. Mittlerweile sind 20 Jahre vergangen und der Mann machte auf Krüger einen quicklebendigen Eindruck. Die beiden kamen ins Gespräch, Krüger blieb über Nacht und ging am Morgen mit dem Alten dessen Kaninchenfallen ab. Die ganze Zeit wusste seine Frau nicht, wo er war und ob ihm vielleicht etwas passiert war.

„Meine Frau muss schon einiges mit mir durchmachen“, sagt Krüger. Das glaubt man ihm aufs Wort.

Dirk Becker

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