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Potsdam-Mittelmark: Das Wissen der Ortschronisten

Nach 15 Jahren gibt es in Potsdam-Mittelmark jetzt wieder einen Heimatkalender

Manchmal können die, die gleich nebenan wohnen, Geschichte am besten erzählen. Wie entstanden in Beelitz-Heilstätten die Baumkronenpfade? Wem ist es zu verdanken, dass Nobelpreisträger Albert Einstein ein Sommerhaus in Caputh bekam? Und der Südwestkirchhof in Stahnsdorf, wie ist er entstanden?

Derlei Fragen gehen die Chronisten aus Potsdam-Mittelmark schon immer auf den Grund. Erstmals seit 15 Jahren kann man ihre Recherchen nun gebündelt in einem Buch nachlesen, das im Landkreis erhältlich ist und vertrieben wird. Chris Rappaport aus dem Groß Kreutzer Ortsteil Deetz ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass seit langer Zeit wieder ein gedruckter Heimatkalender erschienen ist.

Der studierte Architekt fungiert in der Chronistenvereinigung, die im Februar ihr 20-jähriges Bestehen feiert, eigentlich als Kassierer und ist Mitglied des Vorstands. Für die Neuauflage des Heimatkalenders hat Rappaport viele Texte zusammengetragen. „Gut die Hälfte stammt von Mitgliedern unserer Chronistenvereinigung“, sagt er. Beigetragen hätten zudem Autoren aus der Region, die vom Kalender gehört hatten und sich beteiligen wollten. Es seien nicht nur historische Texte, sondern auch solche, die einen Eindruck vom Leben in einem bestimmten Dorf vermitteln, erklärt Rappaport. So lässt Autorin Christa Nagel aus Borkheide beispielsweise 25 Jahre Seniorentanz im Landkreis Revue passieren. Insgesamt 30 kleine Geschichten finden sich in dem 152-seitigen Buch. Dabei macht Andrea Metzler, Pressesprecherin des Landkreises, den Anfang und gibt einen Überblick der Entwicklungen in 25 Jahren Potsdam-Mittelmark.

Der Landkreis Potsdam-Mittelmark war es auch, der den Heimatkalender seit seiner Gründung 1993 bis zum Jahr 2002 jährlich herausgegeben hatte. Warum er eingestellt wurde, blieb offen. Nun sei der Landkreis auf die Chronistenvereinigung zugekommen und habe finanzielle und logistische Unterstützung für eine Neuauflage angeboten. Architekt Rappaport, schon immer historisch interessiert und durch seinen Beruf außerdem bestens vertraut mit denkmalgeschützten Gebäuden der Region, war sofort begeistert. Abenteuerlich gestaltete sich für den Senior mitunter die Materialsammlung. So sei er zu manchen Autoren nach Hause gefahren und habe ihre Notizen und Fotos abgeholt. „Wenn wir Texte von jemandem haben wollen, der älter als 80 ist, dann ist das so. Da hat nicht jeder einen E-Mail Account“, sagt er und lacht. Seit 25 Jahren wohnt der aus Westfalen stammende Rappaport in Groß Kreutz.

Rappaport ist zuversichtlich, dass es nun wieder jährlich einen Heimatkalender geben wird. Dazu sei in der rund 40 Mitglieder zählenden Chronistenvereinigung bereits ein dreiköpfiges Team gebildet worden. Im Grunde genommen sei es das, was die Mitglieder ohnehin tun: Sie schreiben ihre persönlichen Recherchen und Erinnerungen füreinander auf. Sechs Mal im Jahr treffen sie sich an einem Ort des Landkreises und tauschen sich aus. Herausgegeben werden von ihnen einzelne Ortschroniken, oft sei die Expertenmeinung der Dorfhistoriker auch in den lokalen Tageszeitungen und anderen Medien gefragt. „Für kommende Heimatkalender gibt es sicherlich noch viele Themen“, sagt Rappaport, der der Chronistenvereinigung bereits seit deren Gründung angehört. Bereits bei der jüngsten Auflage hätten nicht alle vorgeschlagenen Themen berücksichtigt werden können. Wert legen die Herausgeber neben der Relevanz auch auf die Qualität: So sollen die Texte nicht zu sehr ins Detail gehen und mit Originalfotografien belegt sein.

Den neuen Heimatkalender hat die Vereinigung in Abstimmung mit dem Landkreis in einer Auflage von 2000 drucken lassen. „Hier Vertriebsstellen zu finden, ist gar nicht so einfach“, sagt Rappaport. Insgesamt 97 Einrichtungen in ganz Potsdam-Mittelmark, in denen die Heimatkalender nun erhältlich sind, konnte der 65-Jährige dennoch finden: Touristeninformationen, Gemeindevertretungen, Bäckereien oder Apotheken – Rappaport ist die Region abgefahren und hat persönlich um den Vertrieb gebeten. Nur in einigen wenigen Ortschaften, darunter die aufgrund ihrer historischen Burg für den Tourismus wichtige Stadt Ziesar, hatte er gar kein Glück. „Im April, wenn die Spargelhöfe öffnen und der Tourismus wieder losgeht, mache ich noch eine Runde“, sagt Rappaport. Wie viele Exemplare bisher verkauft wurden, könne er noch nicht sagen, aber: „Die Resonanz ist gut.“

„Zwischen Havel und Fläming. Heimatkalender für Potsdam-Mittelmark 2018“ 

12,50 Euro. Erhältlich unter anderem in Einzelhandelsgeschäften und Touristeninformationen der Region.

Anne-Kathrin Fischer

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