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Briefe zum Abholen: Wenn der Postmann nicht mehr klingelt: Werders Weihnachtswut

In der Blütenstadt gibt es zunehmend Beschwerden über die Postzustellung. Viele Fragen sich: Müssen Briefe jetzt von der Post abgeholt werden? Das Unternehmen verweist auf das anstrengende Adventsgeschäft.

Werder (Havel) - Ein schleichender Prozess. So beschreibt Brigitte Wilhelm aus Elisabethhöhe in Werder (Havel) das Postdilemma in ihrer Stadt. Zunächst sei nur montags keine Post gekommen. Dann bekamen sie und ihr Ehemann auch am Dienstag keine Post. Seit einigen Wochen, erzählt Wilhelm, kämen nur einmal in der Woche Briefe – dafür dann gleich ein ganzer Batzen. Dann „fällt es aus dem Briefkasten“, beschreibt sie die Situation.

Brigitte Wilhelm und ihr Mann, der Glindower Ortsvorsteher Sigmar Wilhelm (Freie Bürger), sind nicht die Einzigen in Werder, die sich in den vergangenen Wochen immer öfter über die Post ärgern. Nach einem Bericht über Probleme mit der Briefzustellung in der Gemeinde Schwielowsee meldeten sich mehrere Einwohner aus den Havelauen und aus dem Innenstadtbereich mit ähnlichen Klagen bei den PNN. Dabei ist von Postlaufzeiten von sieben bis zwölf Tagen die Rede. Sigmar Wilhelm berichtet von Beschwerden aus Kemnitz, seine Frau weiß von Bliesendorfern, die ihre Post nicht regelmäßig bekommen.

Vorschlag: Holen Sie Ihre Post selbst ab

Beschwerden bei der Post führten bei den Betroffenen selten zu Verbesserungen. Brigitte Wilhelm sagt, ihr sei vorgeschlagen worden, sich ihre Post morgens beim Zustellstützpunkt in der Eisenbahnstraße in Werder abzuholen. Dorthin bringen die Fahrer von Post und DHL die Briefe aus dem Briefzentrum Stahnsdorf sowie die Sendungen aus dem Paketzentrum Börnicke (Havelland). Andere Werderaner berichten von ähnlichen Ratschlägen. Ein Anwohner aus den Havelauen erzählt, vor Ort sei ihm auf Nachfrage von Personalmangel berichtet worden.

Die Post wehrt sich gegen die Vorwürfe. Es treffe nicht zu, „dass wir unsere Kunden gebeten haben, ihre Post abzuholen“, antwortete eine Sprecherin auf PNN-Anfrage. In der Eisenbahnstraße sei keine Abgabestelle eingerichtet worden. Die Zusteller würden dort lediglich in den Morgenstunden ihre Fahrzeuge beladen und dann zu den Kunden starten.

Mittwoch-Zeitschrift kommt am Donnerstag - eine Woche später

Offenbar gilt dabei zumindest vor Weihnachten die Maxime: Paket vor Brief. Ihre Nachbarn in Elisabethhöhe bekämen auch nur einmal in der Woche Briefpost, wie Brigitte Wilhelm berichtet. Das hat zum Teil absurde Auswirkungen. So bekommt Wilhelm normalerweise am Mittwoch eine Zeitschrift geliefert. Die kam erst am Donnerstag – in der darauffolgenden Woche. Zusammen mit der aktuellen Ausgabe. Als eine andere Zeitschrift ebenfalls ausblieb, beschwerte sich Brigitte Wilhelm beim Verlag. Der schickte ihr aus Kulanz die letzten beiden Ausgaben zu. Die kamen am gleichen Tag an, wie der Rest der Post – inklusive der vorher vermissten Zeitschriften. „Das war ein richtiger Berg“, erzählt die Werderanerin von der wöchentlichen Briefsendung. Eine Einladung, abgestempelt am 30. November, erhielt sie erst neun Tage später. Der Termin, zu dem sie eingeladen war, war da bereits vorbei.

Ihr Mann brachte das Problem am vergangenen Donnerstag in der Stadtverordnetenversammlung vor. Unterstützt wurde er dabei vom CDU-Fraktionsvorsitzenden Herrmann Bobka, der ähnliche Klagen gehört hatte. Ob die Stadtverwaltung etwas gegen das Problem tun kann, ist aber fraglich.

Sendungsaufkommen vor Weihnachten „etwa doppelt so hoch wie im Jahresdurchschnitt“

Denn verantwortlich ist letzten Endes die Post. Die verweist auf Anfrage auf das hohe Sendungsvorkommen vor Weihnachten. Das sei in dieser Zeit „etwa doppelt so hoch wie im Jahresdurchschnitt“. In ganz Deutschland habe die Post deswegen 10 000 zusätzliche Aushilfen eingestellt und 12 000 zusätzliche Fahrzeuge im Einsatz. Dennoch könne es vorkommen, „dass einzelne Sendungen auch mal einen Tag länger als gewohnt unterwegs gewesen sind“.

In einigen Ortsteilen der Stadt ist die Verspätung in den vergangenen Wochen aber offenbar zur Regel geworden. „Auch in Werder haben wir das Personal aufgestockt“, heißt es von der Postsprecherin. An der Tür des Zustellstützpunktes in der Eisenbahnstraße hängt nach wie vor ein Zettel, auf dem die Post nach „Mitarbeitern für die Brief- und Paketzustellung“ sucht. Es handelt sich um eine „befristete Beschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden“. Bewerber sollten „körperlich belastbar“ sein.

Zustellerin kritisiert Gemeindeverwaltung

Es ist zweifellos eine anstrengende Tätigkeit, zur Weihnachtszeit Post auszutragen. Auf den PNN-Bericht zu den Problemen in Schwielowsee meldete sich auch eine Zustellerin. Sie kritisierte die Aussagen der Gemeindeverwaltung in diesem Zusammenhang, da es nie einen kostenpflichtigen Auftrag bei der Post gegeben hätte, die Briefe der Verwaltung vor Ort abzuholen. Daher fände sie es „von der Gemeinde sehr dreist, sich zu beschweren“, so die Zustellerin, die nicht mit Namen genannt werden möchte. Schließlich sei ein Briefkasten vorhanden, in den die Post eingeworfen werden könne. Eine Tour umfasse etwa 700 Haushalte.

Martin Anton

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