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Bildung in der Mittelmark: Von Hanoi nach Beelitz

Vietnam will sein Bildungssystem reformieren und hat sich dafür am Sally-Bein-Gymnasium informiert

Von Eva Schmid

Beelitz - Selbstbewusst und selbstständig: Eine Delegation von 20 Hochschullehrern aus Hanoi hat in der vergangenen Woche das Beelitzer Sally-Bein-Gymnasium besucht und nicht schlecht gestaunt über einige der Schüler. Sie berichteten den ausländischen Gästen, dass ihre Eltern sie in ihrem Berufs- und Studienwunsch unterstützen würden, dass sie frei entscheiden dürften, welchen Beruf sie erlernen wollen und antworten so freizügig und offen auf die Fragen der Fremden, dass die hinterher ins Schwärmen gerieten. Denn das sei bei vietnamesischen Schülern anders: Aus Respekt seien sie gegenüber Erwachsenen viel schüchterner. Und das letzte Wort bei der Berufswahl haben in Vietnam die Eltern.

Das Beelitzer Sally-Bein-Gymnasium, das vom Land regelmäßig als „Schule mit hervorragender Berufs- und Studienorientierung“ ausgezeichnet wird und auch jüngst vom Berliner Institut für Talententwicklung eine Auszeichnung erhielt, hat es erneut geschafft, hochrangigen Besuch anzulocken. Vor Jahren bereits kam der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der dort einst seinen Wahlkreis hatte, zu Besuch. Anfang des Jahres stand Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) auf der Gästeliste und jetzt der Besuch aus Vietnam. Sie alle wollten sich in Beelitz informieren, wie die Schule es schafft, den Nachwuchs auf das spätere Ausbildungsleben vorzubereiten. Spannend für die Vietnamesen war der Termin in Beelitz auch deshalb, weil ihr Land, so wurde bei dem Termin berichtet, sein Bildungssystem umfassend reformieren wolle. Die Hochschullehrer verschiedener Fachrichtungen waren demnach in wissenschaftlichem Auftrag unterwegs und besuchten neben Beelitz auch die Fachhochschule in Potsdam sowie weitere Schulen und Hochschulen in Berlin und anderen Städten im Osten Deutschlands.

Zusammengestellt hat das Programm der zehntägigen Bildungsreise die Organisation „Internationale Study Tours“ der Berliner dbb Akademie. Den Verantwortlichen war laut Angela Fromhold-Treu, die die Berufs- und Studienorientierung in Beelitz koordiniert, ein PNN-Artikel über die Schule aufgefallen. Das Interesse war geweckt, der Besuch in Beelitz geplant.

Neben einer Schulführung inklusive eines Besuchs des Schülerradios gab es eine Diskussionsrunde mit fünf Schülern. Sie standen den interessierten Gästen Rede und Antwort. Eine Dolmetscherin half bei der Verständigung.

Das Besondere an der Beelitzer Schule: Sie bietet ihren 367 Schülern die Möglichkeit, an kooperierenden Grundschulen einmal im Jahr eine Woche lang zu unterrichten. So merken Gymnasiasten schnell, ob der Beruf des Lehrers etwas für sie ist oder nicht. Das Projekt „Schüler unterrichten Schüler“ ist brandenburgweit einmalig und wurde in Beelitz bereits vor mehr als zehn Jahren aus der Taufe gehoben. „Bei uns hat fast alles einen Berufsbezug“, sagt die Oberstufenkoordinatorin Fromhold-Treu. Weitere Vorbereitungen für Studium und Beruf: In einem Hörsaal wird in Projektwochen der Unibetrieb nachgespielt, auf Fernsehbildschirmen an den Wänden weist die Industrie- und Handelskammer auf Ausbildungsangebote hin.

Besonders gefreut hat Fromhold-Treu, dass einer ihrer Schützlinge, die Lehrerin werden will, ein Besuch in Hanoi angeboten wurde. Sie dürfe, so sicherte ihr ein Hochschullehrer zu, gerne ein Praktikum an einer vietnamesischen Grundschule machen. Den Kontakt würde er vermitteln. 

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