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Kreativ. Der etwas andere Hut – Flüchtlinge hatten Transparente aufgesetzt.

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Potsdam-Mittelmark: Belziger protestierten gegen Neonazis

Rechtsextremismus-Expertin: Bürgerinitiativen gegen Heime sind von NPD

Bad Belzig – Sie standen ziemlich alleine da: Die NPD protestierte am Samstag mit rund 30 Teilnehmern in Bad Belzig nahe des Marktplatzes gegen Flüchtlingsheime. Denn von den Unterstützern der Belziger Bürgerinitiativen, die seit Wochen auf Facebook gegen den Ausbau des Belziger Heims hetzen, war niemand auf der Straße. Dafür waren die Gegner der Rechten zahlreich erschienen: Die Stadt hatte zur Gegendemonstration aufgerufen, 150 Belziger sind laut der Bürgermeisterin Hannelore Klabunde (parteilos) gekommen. Auch als ein Dutzend Rechter vom Marktplatz in das Plattenbauviertel Klinkengrund weiterzogen, kamen rund 40 Gegendemonstranten spontan zusammen. Mit Sprechchören, Trillerpfeifen und bunten Transparenten störten die Demokraten die Reden der Rechten. Laut Polizei blieb es friedlich.

„Unter den Neonazis sind kaum stadtbekannte Rechte aus Belzig gewesen“, stellte Klabunde bei einem kurzen Blick auf die NPD-Truppe fest. Das bestätigte auch die Rechtsextremismus-Expertin Frauke Postel vom Mobilen Beratungsteam Potsdam, die am Samstag die Situation vor Ort beobachtete. „Um überhaupt etwas auf die Beine zu stellen, mussten sie aus allen Ecken des Landes ihre Mandats- und Funktionsträger zusammenfegen und hierher bringen.“ Darunter waren laut Postel Maik Schneider, Abgeordneter der NPD im havelländischen Kreistag, sowie der Bundesschulungsleiter der NPD, Pierre Dornbach. Das zeige einmal mehr, dass die NPD in Potsdam-Mittelmark keine handlungsfähigen Strukturen habe. „Vor allem aber entlarvt das die vermeintlichen Bürgerinitiativen als Instrumente der NPD“, sagte Postel.

Wie berichtet spitzt sich seit einigen Wochen die Hetze gegen das Flüchtlingsheim in Belzig zu. Nach dem Muster von Berlin-Hellersdorf gibt es auch in Belzig eine „Nein-zum-Heim“-Bürgerinitiative mit entsprechender Facebook-Seite. Die Stimmungsmache, die laut Postel auf eine Neid-Debatte ziele, ging am vergangenen Montag im Belziger Sozialausschuss weiter. Dort waren rund zehn Rechtsextreme erschienen, um Fragen zur Finanzierung des Heimausbaus im Weitzgrunder Weg zu stellen.

Dass es jetzt wieder zu Protesten komme, wundert den städtischen Koordinator gegen Rechtsextremismus, Götz Dieckmann, nicht. „Auch wenn es in einer Kleinstadt jahrelang ruhig bleibt, bedeutet das nicht, dass es keine Probleme mehr mit den Rechten gibt.“ Der Protest der Rechten in Belzig sei stets wellenförmig gewesen, beschreibt Dieckmann die Situation, die er seit fast zwei Jahrzehnten beobachtet. Jetzt ist man also wieder auf der Spitze angelangt. Bisher sei die Welle jedoch noch nie übergeschwappt: „Wir kriegen es immer wieder hin, aus dem Stand genügend Gegendemonstranten zu mobilisieren.“

Am Protest beteiligten sich alle Fraktionen des Stadtparlaments, Flüchtlinge, die Kirche und Belziger jeglichen Alters. Selbst eine 78-jährige Frau protestierte laut mit und rief den Rechten „Auf Nimmerwiedersehen“ zu. Auch der in Belzig lebende Sozialminister Günter Baaske (SPD) kam zur Gegenveranstaltung. Er warnte bei seiner Rede vor den Facebook-Bürgerinitiativen: „Man muss sich genau überlegen, mit wem man da durch seine Zustimmung den Pakt schließt.“ Auch Weihnachtsgänse würden denken, dass ihr bester Freund derjenige sei, der ihnen Futter gebe, ergänzte Baaske. es

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