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Im Stahnsdorfer Wohnheim gab es Dienstagabend erste Auseinandersetzungen.

© Ottmar Winter PNN

Aus Wut über Quarantäne: Revolte im Stahnsdorfer Übergangswohnheim

Weil sie länger in Quarantäne sollten und auch mit der Essenversorgung nicht einverstanden waren, haben Geflüchtete in Stahnsdorf Wohnheimmitarbeiter bedroht. 

Von Sarah Stoffers

Stahnsdorf - Am Mittwochvormittag ist die Polizei zu einem Großeinsatz im Übergangswohnheim in Stahnsdorf ausgerückt: Einige Bewohner der beiden Häuser in der Ruhlsdorfer Straße sollen wegen der geltenden Quarantäne Mitarbeiter des Internationalen Bundes, dem Träger der Einrichtung, bedroht haben, wie Kreissprecherin Andrea Metzler den PNN bestätigte. Der Landkreis habe daraufhin die Mitarbeiter des Trägers gebeten, das Heim zu verlassen und die Polizei zur Unterstützung angefordert. „Die Einsatzkräfte holen nun diejenigen raus, die andere Bewohner anstacheln“, sagte Metzler am frühen Nachmittag. Zuerst hatte die „Märkische Allgemeine Zeitung“ im Internet berichtet.
Die „Aufrührer“ sollen in den Abschiebe-Gewahrsam nach Schönefeld gebracht werden, wo derzeit Personen zwangsweise untergebracht werden, die sich bei behördlich angeordneter Quarantäne uneinsichtig zeigen. Eine Pressesprecherin der zuständigen Polizeidirektion West bestätigte, das die Polizei am Mittwochmorgen über die Situation im Heim informiert worden sei. Der Einsatz dauerte am Mittwochnachmittag noch an. Man sei mit einem "lageangepasstem Kräfteeinsatz vor Ort". Wie viele Polizisten genau in Stahnsdorf waren, blieb offen. Strafanzeigen habe es nach Angaben der Pressesprecherin bislang keine gegeben.

Bewohner sind wütend und wollen selbst kochen

Bereits am Dienstagabend habe es Probleme in dem Übergangswohnheim gegeben, wie Metzler mitteilte. Einige Bewohner hätten die derzeitige Essensversorgung kritisiert, die wegen der geltenden Quarantäne vom Internationalen Bund und dem Landkreis übernommen wurde. Wie berichtet war vor rund zwei Wochen eine siebenköpfige Familie in dem Übergangswohnheim positiv auf das Coronavirus getestet und anschließend in Krankenhäusern in Potsdam versorgt worden. Die Frau ist inzwischen mit den fünf Kindern in das ehemalige Männerwohnheim in Teltow gezogen. Ob auch der Familienvater mittlerweile aus dem Krankenhaus entlassen wurde, konnte der Landkreis am Mittwoch nicht beantworten. Laut Metzler hätten einige Bewohner am Dienstagabend moniert, dass sie sich selbst mit Essen versorgen wollen, andere kritisierten das Essensangebot.

Die Quarantäne soll bis Sonntag andauern

Eskaliert sei die Situation, als der Landkreis am Mittwochmorgen bekannt gab, dass die Quarantäne im Übergangswohnheim bis zum 2. August verlängert werden muss. Diese Maßnahme sei nötig, da dem Landkreis seit Dienstag bekannt ist, dass sich weitere Bewohner mit dem Coronavirus infiziert haben. Mit Stand Mittwochnachmittag waren es insgesamt 13. Die Bewohner konnten ihre Essens- und Versorgungswünsche seit der vergangenen Woche auf Listen angeben, wie Thomas Kaminsky, Leiter der Flüchtlingsarbeit für die Region Brandenburg Nordwest beim Internationalen Bund (IB) den PNN jüngst erklärte. Jedoch läge der Fokus wegen des enormen logistischen Aufwands auf der Grundversorgung. Kaminsky war am Mittwoch zunächst nicht für Nachfragen zu der aktuellen Situation im Heim zu erreichen.

Die Infizierten sollen nach Teltow ziehen

Wegen der Wohnsituation in dem Übergangswohnheim in Stahnsdorf hatte das Gesundheitsamt des Landkreises nach dem Ausbruch entschieden, die beiden Häuser des Wohnheimkomplexes mitsamt aller 275 Bewohner zunächst bis zum 29. Juli unter Quarantäne zu stellen. Wie berichtet verfügen die beiden Häuser auf jeder Etage über Gemeinschaftsduschen mit Duschkabinen sowie Gemeinschaftsküchen. Das Gesundheitsamt hatte nach den ersten Fällen eine Reihentestung für alle Bewohner veranlasst. 
Nach wie vor lägen nicht alle Ergebnisse vor und es stünden noch Tests aus, teilte Andrea Metzler mit. Alle infizierten Bewohner sollen ab sofort separat in den Wohnungen im ehemaligen Männerwohnheim des Landkreises in Teltow untergebracht werden. Am Mittwoch wollte der Landkreis zusammen mit dem Internationalen Bund zudem die weitere Versorgung der Bewohner in den kommenden Wochen der Quarantäne klären, so Metzler.

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