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Potsdam-Mittelmark: Abschied von der S-Bahn

Bahn verkauft Grundstücke auf der Freihaltetrasse in Stahnsdorf, doch die Gemeinde gibt nicht auf

Stahnsdorf - Seit Jahren hoffen Stahnsdorfs Gemeindevertreter auf eine S-Bahnanbindung von Teltow nach Stahnsdorf. Die Deutsche Bahn hat sich von diesen Plänen derweil längst verabschiedet – und verkauft ihre Grundstücke im Bereich der Freihaltetrasse. Das bestätigte der Pressesprecher der Deutschen Bahn AG, Burkhard Ahlert, den PNN: „Im Trassenbereich wurde bereits eine Vielzahl von Grundstücken verkauft und weitere werden zum Kauf angeboten.“

Ahlert unterstrich, dass die Bahn für den Abschnitt Teltow-Stahnsdorf keinerlei Planungsabsichten habe. Das Unternehmen verkauft seit 1996 einen Teil seiner Liegenschaften. Im aktuellen Immobilienkatalog, der online abrufbar ist, werden fünf Liegenschaften in Stahnsdorf angeboten. In den Offerten wird zwar darauf verwiesen, dass gegenwärtig ein Bebauungsplan aufgestellt werde, „in dem eine mögliche S-Bahntrasse im hinteren Grundstücksbereich planungsrechtlich abgesichert werden soll“. Weiter wird aber erklärt, dass laut Auskunft der Gemeinde die Grundstücke im vorderen Bereich mit Einfamilienhäusern und Doppelhaushälften bebaubar seien. Schließlich heißt es: „Seitens der Bahn wird die Errichtung einer S-Bahn als nicht realistisch betrachtet!“

Trotzdem wollen sich die Gemeindevertreter ihren Optimismus nicht nehmen lassen, dass die S-Bahn eines Tages doch noch Stahnsdorf erreicht. Auch in der jüngsten Bauausschuss-Sitzung gab es zu diesem Thema Einigkeit, wenngleich hinter verschlossenen Türen. Es gehe um Grundstücksangelegenheiten, begründete das Gremium auf Nachfrage von Einwohnern die nichtöffentliche Debatte. Mehrere Gemeindevertreter berichteten nach der Sitzung, dass es schwierig werde, das Vorhaben zu realisieren. Es gehe aber bislang nur um zwei bis drei Häuser, die schon auf der Trasse stünden, womöglich Schwarzbauten.

Vorerst soll auf der Freihaltetrasse ein Radweg angelegt werden. Mehr Chancen für eine S-Bahnanbindung erhofft sich die Gemeinde, wenn Stahnsdorf einmal 25 000 Einwohner erreiche. Dann habe man mit der Freihaltetrasse eine preiswerte Option für den ÖPNV.

Dagegen wirft die neu gegründete „Interessengemeinschaft gegen die Freihaltetrasse“ (PNN berichteten) den Ortspolitikern Realitätsverlust vor. Eine Zumutung für die betroffenen Anwohner sei bereits die seit zwei Jahren wirksame Veränderungssperre für das Gebiet, sagen die Initiativensprecher Gebhard Lührs und Andreas Krohn. Bauliche Veränderungen an Häusern würden nicht genehmigt. Den Vorwurf, es sei schwarz gebaut worden, könnten sie mit entsprechenden Genehmigungsdokumenten entkräften. Da schon durch einen festgestellten Plan der Wert der umliegenden Grundstücke sinke, will die Initiative klagen. Auf rund zwei Millionen Euro schätzen sie die Summe der Entschädigung, die die Gemeinde zahlen müsste, sollte der entsprechende Bebauungsplan beschlossen werden. Mit Rechtsstreitigkeiten rechnen auch einige Gemeindevertreter. Dennoch wollen sie an der Freihaltetrasse festhalten, denn es gehe um eine Vision, die bereits die Vorväter hatten: den Ringschluss von Wannsee über Stahnsdorf nach Teltow.

1912/1913 hatte es erste Planungen gegeben, die sogenannte Stahnsdorfer Friedhofsbahn über Teltow-Stadt mit Lichterfelde zu verbinden. Das Projekt wurde mit dem beginnenden Ersten Weltkrieg eingestellt. Ende der 1920er Jahre gab es erneut Pläne für die Verbindung. Wegen zu hoher Kosten wurde das Projekt zurückgestellt. Im Jahr 1932 fand die Trasse Aufnahme in die Bebauungspläne von Stahnsdorf und Teltow. 1937 griffen die Nazis die Idee auf. Um für die Anhalter-Bahn zwischen Lichterfelde-Ost und der südlichen Umgehungsbahn Genshagen einen hohen Damm zu bauen, wurde indes Erdreich von der Stahnsdorfer Trasse abgetragen. Die Mulden sind noch heute erkennbar. 1943 fuhr die Berliner S-Bahn bis Lichterfelde-Süd, wo bereits zwei Bahnsteige für die S-Bahnverlängerung nach Stahnsdorf und Ludwigsfelde vorgesehen waren. Der Zweite Weltkrieg verhinderte die Fortsetzung der Bauarbeiten.

Im Februar 2005 wurde schließlich die S-Bahn-Strecke von Lichterfelde-Süd nach Teltow feierlich eingeweiht. Damit erhielten auch die Hoffnungen auf eine Weiterführung nach Stahnsdorf einen Ringschluss bis nach Wannsee neue Nahrung.

Kirsten Graulich

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