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Bei dem Wetter lieber sinnieren statt rennen - eine Frau am Ammersee.

© Matthias Balk/dpa

Matthies meint: Weg mit den guten Vorsätzen

Anstatt an unrealistischen Neujahrszielen zu verzweifeln, sollte man sich lieber in innerer Einkehr üben. Eine Glosse.

Oh, das sind jetzt diese Tage, in denen sich alles entscheidet. Klappt der Rauch-Entzug? Werden wir weniger Alkohol trinken, nie wieder wichtige Dinge auf die lange Bank schieben? Die Familie in Ehren halten und an jedem Werktag, den der Herrgott werden lässt, zehn Euro fürs Alter zurücklegen? Dreimal täglich Zähne putzen und mehr zu Fuß gehen?

Das Spiel mit den guten Vorsätzen, die am Silvesterabend gefasst und spätestens Ende Januar vergessen werden, ist vermutlich so alt wie die Erkenntnis, dass es einen Jahreswechsel überhaupt gibt. Relativ neu wäre hingegen die Anregung, diese Vorsätze nicht irgendwie und verklemmt, sondern offen und organisiert zu kippen – am Ditch New Year's Resolution Day, was sich ungefähr mit „Versenke-deine-guten-Vorsätze-Tag“ übersetzen lässt. Die unauffindbaren, wohl in den USA ansässigen Erfinder haben dafür den 17. Januar ausgesucht, knapp drei Wochen nach Silvester, wenn diese Vorsätze erfahrungsgemäß ohnehin zu wackeln beginnen.

Warum soll man sich die öden Januartage auch noch mit Selbstkasteiung vermiesen?

Und das ist natürlich nicht nur so eine Idee, sondern prall aufgeladen mit Lebenserfahrung. Nämlich zum Beispiel mit jener, dass es nichts Öderes gibt als die grauen Januartage, an denen der Serotoninspiegel unters Teppichniveau rutscht – weshalb zum Teufel sollen wir uns ausgerechnet diese Zeit auch noch mit organisierter Selbstkasteiung vermiesen? Warum das regelmäßige Joggen gerade dann aufnehmen, wenn es draußen am dunkelsten ist und der Matsch am matschigsten?

Ohnehin, so lesen wir in einem Bericht der Katholischen Nachrichten-Agentur, ist das kategorische Zackbumm der banal-guten Vorsätze aus der Mode: Den Zivilisationsmenschen dürste es nämlich ganzjährig nach innerer Einkehr, Achtsamkeit sowie nach Pilgerreisen im härenen Gewand. Das war zwar so auch schon zu Platons Zeiten, aber Handy, E-Mail und soziale Netzwerke haben den Druck offenbar in den letzten Jahrzehnten massiv ansteigen lassen. Robert Habeck übrigens, Platons neuer Stellvertreter auf Erden, will künftig auf Facebook und Twitter verzichten. Mal schauen, ob dieser gute Vorsatz den 17. Januar übersteht.

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