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Wie kann die Marktmacht von Google gebrochen werden?

© dpa

Google: Was die EU dem Konzern vorwirft und welche Strafe ihm droht

Im Streit um die Marktmacht von Google droht die EU-Kommission dem Suchmaschinenbetreiber mit einer Milliardenstrafe. Was wirft Brüssel dem amerikanischen Internetkonzern vor?

Fast alle suchen damit – auch Margrethe Vestager. „Ich oder meine Kinder nutzen Google, weil es ein gutes Angebot ist“, sagt die Dänin: „Wer hätte nicht gern ein so erfolgreiches Unternehmen?“ Mehr als 90 Prozent Marktanteil bei der Internetsuche in den meisten EU-Staaten sind auch der Grund, warum sich Margrethe Vestager auch beruflich, als EU-Wettbewerbskommissarin, für Google interessiert – der US-Konzern hat schließlich „fast ein Monopol“.

Weil damit nach dem europäischen Wettbewerbsrecht auch bestimmte Pflichten einhergehen, untersucht die Brüsseler Kommission seit nunmehr vier Jahren, ob nach Artikel 102 des EU-Vertrags Google der „Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung“ vorzuwerfen ist. Am Mittwoch nun ist Europas oberste Wettbewerbsbehörde zu der Auffassung gelangt, dass dies der Fall ist. Dem Unternehmen wurde aus Brüssel eine offizielle Beschwerde übermittelt, auf die es innerhalb von zehn Wochen antworten muss.

EU sieht Probleme beim "Google Shopping"

Worum geht es dabei genau? Der Vorwurf lautet, Google nutze seine Macht bei der Internetsuche aus, um Konkurrenten in anderen Bereichen zu benachteiligen. So taucht beispielsweise etwa bei jeder Produktanfrage ein Kasten des gesonderten Dienstes „Google Shopping“ ganz oben auf der Seite auf – selbst wenn andere Angebote der Suchanfrage mehr entsprächen. „Google platziert seinen Preisvergleichsdienst“, schreibt die EU-Kommission „systematisch an besonders sichtbarer Stelle, unabhängig von der Relevanz“. Dies ist seit 2008 der Fall und hat massive ökonomische Auswirkungen, weil die Nutzer – wie zahlreiche Studien belegen – das erste Suchergebnis mit großem Abstand am häufigsten anklicken.

EU verschärft ihre Gangart

Wer dort nicht auftaucht beziehungsweise nicht einmal die Chance bekommt, dort aufzutauchen, hat ein Problem. „Konkurrenten haben nur einen geringen Anreiz für Innovationen, da sie wissen, dass ihr Dienst unabhängig von seiner Qualität weniger sichtbar sein wird als der Dienst von Google“, schreibt die Europäische Kommission in der Begründung ihrer vorläufigen Entscheidung. Dass Google den eigenen, so beliebten Such-Algorithmus nicht auch auf sich selbst und seine Dienste anwende, schade auch dem Verbraucher: „Die Nutzer bekommen bei ihrer Suche nicht unbedingt die für sie relevantesten Preisvergleichsergebnisse zu sehen.“

Es geht nicht nur ums Einkaufen. Bei Preisvergleichen zu Hotels oder Flügen verfährt Google ähnlich, ebenso im Bereich der Nachrichten, was besonders den Bundesverband der deutschen Zeitungsverleger ärgert, der zusammen mit dem europäischen Dachverband der Verbraucherzentralen, einem britischen Vergleichsportal und einer Microsoft-Tochter zu den mehr als 20 Beschwerdeführern zählt, auf deren Kritik das Brüsseler Verfahren beruht. Die neue Entscheidung betrifft jedoch vorerst nur „Google Shopping“, weil Vestager darin „einen möglichen Präzedenzfall“ sieht, dessen Ausgang dann auch richtungsweisend für die anderen Bereiche sein könnte.

Lösungen angeboten

Mit Vestagers Mitteilung vom Mittwoch verschärft ihre Behörde die Gangart deutlich. Ihr Vorgänger Joaquin Almunia hatte nach den Erfahrungen des jahrelangen Rechtsstreits im Fall Microsoft lange auf eine einvernehmliche Lösung mit Google gesetzt. Das europäische Kartellrecht sieht in solchen Fällen die Möglichkeit vor, dass zwischen dem jeweiligen Unternehmen und der EU-Kommission ausgehandelte Kompromisslösungen als rechtsverbindlich erklärt werden können.

Google legte dabei im Laufe des Verfahrens insgesamt drei solcher Modelle vor – unter anderem war das Unternehmen bereit, der Konkurrenz an zweiter Stelle einen eigenen Kasten für deren Angebote zuzugestehen. Damit war die Gegenseite aber nicht zufrieden.

Hohe Geldstrafe denkbar

Das weitere Vorgehen ist noch nicht ganz klar. Eine Möglichkeit jedoch ist eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, an deren Ende eine milliardenschwere Strafe für den US-Konzern stehen könnte.

Neben den drohenden Strafzahlungen hat die Dänin noch ein weiteres Ass im Ärmel: Sie eröffnete am Mittwoch zudem ein Verfahren gegen Google, weil dessen mobiles Betriebssystem Android, das weltweit auf etwa 70 Prozent der Smartphones und Tablets installiert ist, nur in Verbindung mit den eigenen Google-Anwendungen in die Läden kommt. Der Vorwurf: Missbrauch der Marktmacht.

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