zum Hauptinhalt
Robert Habeck spricht am 30. September während eines Treffens der EU-Energieminister mit dem ungarischen Außenminister Peter Szijjarto (l.) und dem niederländischen Minister für Klima und Energie, Rob Jetten.

© Foto: AP/dpa/Virginia Mayo

„Verdienen sich dumm und dämlich“: Habeck greift Europas Gaslieferanten an

Norwegen ist jetzt größter Gasexporteur, auch die Niederlande sind gut im Geschäft. Der Wirtschaftsminister will eine gemeinsame Antwort der EU auf die Profite.

Deutschland und die EU haben den Bezug von Erdgas aus Russland nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs stark reduziert. Weil aber die erneuerbaren Energien und die Einsparungen beim Verbrauch längst nicht zur Kompensierung ausreichen, muss das insbesondere zum Heizen wichtige Gas woanders herkommen.

Mitte September hat die EU etwa 20 Prozent ihres Gases aus Norwegen importiert, das skandinavische Land ist damit zum Gaslieferanten Nummer eins der Europäischen Union aufgestiegen.

Im Interview mit dem Deutschlandfunk hat Wirtschaftsminister Robert Habeck über den jüngst beschlossenen, 200 Milliarden Euro teuren Rettungsschirm gesprochen, mit dem die Ampel-Koalition die explodierten Energiepreise schuldenfinanziert deckeln will. Es ging in dem Interview auch um die Frage, ob Deutschland mit der Entscheidung im Alleingang vorgeprescht ist – 15 der 27 EU-Staaten drängen nämlich auf eine europaweite Preisobergrenze für Gasimporte.

Die Europäische Union muss darauf eine geschlossene Antwort geben. Ich werde sie dabei komplett unterstützen.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)

Habeck verwies dagegen auf Entlastungsprogramme aus anderen EU-Staaten wie zum Beispiel Spanien – und mahnte eine gemeinsame Antwort der EU gegen diejenigen Länder an, die nun von den neuen Abhängigkeiten in Sachen Gas profitieren. „Da verdienen sich einige, teilweise auch Länder, auch befreundete Länder dumm und dämlich, und die Europäische Union muss darauf eine geschlossene Antwort geben. Ich werde sie dabei komplett unterstützen“, sagte Habeck dem Deutschlandfunk.

Der Wirtschaftsminister nannte keine Namen. Für Deutschland war Norwegen im August mit 38,3 Prozent der größte Gaslieferant. Die Niederlande sind unterdessen mit 24,1 Prozent zum zweitwichtigsten Herkunftsland deutscher Gasimporte aufgestiegen.

Die EU-Energieminister:innen, die sich am Freitag in Brüssel zu Beratungen trafen, forderten in Bezug auf die norwegischen Rekordeinnahmen bereits eine Preisdeckelung, Habeck steht mit seiner Kritik also nicht alleine da. Während sich die Minister heute darauf geeinigt haben, übermäßige Gewinne der Stromkonzerne künftig abzuschöpfen, ist beim Gas aber noch keine Einigung in Sicht.

Habeck und Scholz auf der Suche nach Gaslieferanten

Mitte September hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Taskforce mit der norwegischen Regierung in Aussicht gestellt, damit „wir den Gaspreis auf vernünftige Weise senken können.“

Es ist das Gebot der Stunde, die Abhängigkeit von einzelnen Gaslieferanten zu verringern. Daher schauen Deutschland und die EU verstärkt in Länder außerhalb Europas. Katar gehört zu den größten Exporteuren von Flüssiggas. Habeck und jüngst auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) waren dort auf der Suche nach Energieimporten zu Gast.

Leyen unterzeichnete Mitte Juli eine Absichtserklärung mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Aliyev. Innerhalb von fünf Jahren soll aus Aserbaidschan doppelt so viel Gas im Jahr geliefert werden wie bisher, wozu allerdings große Investitionen in den Ausbau des Pipelinenetzes des südlichen Gaskorridors nötig sind.

Nutznießer der europäischen Gaskrise sind auch die USA. Die dortigen Frackingunternehmen gehören zu den größten Erdgasproduzenten und Flüssiggasexporteuren weltweit. Europa ist derzeit ein wichtiger Kunde.

Die US-Energie-Regulierungsbehörde Federal Energy Regulatory Commission (FERC) gab den Anteil amerikanischer LNG-Ausfuhren 2021 mit etwa 19 Prozent an, 2022 sind sie im ersten Halbjahr auf 60 Prozent angestiegen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false