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Politik: Undank der Natur

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Zu viel überbordende Fürsorglichkeit für alles vom zivilisatorischen Raubrittertum des 21. Jahrhunderts Bedrohte hat uns in der Vergangenheit schon immer still beunruhigt.

Von Antje Sirleschtov

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Zu viel überbordende Fürsorglichkeit für alles vom zivilisatorischen Raubrittertum des 21. Jahrhunderts Bedrohte hat uns in der Vergangenheit schon immer still beunruhigt. Nicht etwa, dass wir als aufgeklärte Mitteleuropäer Lurchen und Fröschen den unbehinderten Gang von A nach B nicht gegönnt hätten, weil ihr vom galaktischen Sonnensystem vorbestimmter Weg unseren asphaltierten Parcours von C nach D zu kreuzen droht. Nein, so etwas Gefühlloses würden wir nicht beklagen. Und schämen uns auch gleich, wenn wir es auch nur denken. Aber tief drin in unserer Seele, da erfüllte uns schon Gram, wenn uns die Bewahrer allen Schöpfergutes auferlegten, in Zukunft nur noch zwischen haushohen Barrieren durch die Landschaft zu düsen, damit wir den Hasen im Wald nicht mit unseren PS erschrecken. Und ganz und gar wütend macht es uns (heimlich, selbstverständlich), wenn uns der Bau von Hochgeschwindigkeitswegen vermiest wird, weil Otis tarda, die wir als Großtrappe kennen gelernt haben, partout nicht neben dem Standstreifen nisten will.

Nun erreicht uns endlich aus dem fernen Japan ökomoralisch unbedenklicher Argumentationsstoff. Ausgerechnet von dort, mag man glauben. Wo die da im Osten Wale jagen und seltene Fische, die sie in rohem Zustand mit klebrigen Reisbrocken verspeisen. Aber sei’s drum. Die Nachricht, dass artlich geschützte Hirsche im japanischen Nara einen zum Weltkulturerbe der Unesco gehörenden urzeitlichen Wald zerfressen haben, muss die Zivilisation aufrütteln. Und die Gesetzgeber endlich zum Umdenken anhalten. Sonst droht uns demnächst noch ein Großtrappenschwarm, der die Berliner Museumsinsel verspeist.

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