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Tesla-Fabrik in Grünheide

© REUTERS/LISI NIESNER

Tesla-Werk in Brandenburg nach Anschlag stillgelegt: „Die Täter wussten sehr genau, wo es besonders sensibel ist“

Nach einem Anschlag auf einen Strommast beziffert Tesla den Schaden auf Hunderte Millionen Euro. Ministerpräsident Woidke verurteilt den Vorfall als „eine Form des Terrorismus“.

| Update:

Nach dem Brandanschlag auf die Tesla-Fabrik in Grünheide werden wegen fehlender Stromversorgung auch in den nächsten Tagen die Fließbänder stillstehen. „Wir rechnen nicht damit, dass wir in dieser Woche die Produktion wieder hochfahren können“, sagte Geschäftsführer André Thierig am Dienstag unter Verweis auf den Netzbetreiber Edis auf einer Pressekonferenz. „Wir sind sehr besorgt um die Sicherheit unserer Mitarbeiter.“

Er bezifferte den Schaden auf „eine hohe neunstellige Summe“, es gehe um Hunderte Millionen Euro. Es sei bereits der dritte Anschlag auf das Werk.

Am Dienstagmorgen hatten Unbekannte einen Hochspannungsmast und eine Hochspannungsleitung im Ortsteil Neugosen/Zittau nahe der Fabrik in Brand gesetzt, was zu weiträumigen Stromausfällen in den Ortschaften der Region um Erkner, der Fabrik des E-Autobauers und im Gewerbegebiet Freienbrink führte. Die Tesla-Fabrik, die 12.500 Mitarbeiter zählt, war daraufhin evakuiert worden.

Ein solcher Anschlag auf unsere Strominfrastruktur ist eine schwere Straftat, die durch nichts zu rechtfertigen ist.

Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin

Nach Brandenburger Regierungsangaben waren auch Krankenhäuser und Pflegeheime von den Ausfällen betroffen. Der polizeiliche Staatsschutz des Brandenburger Landeskriminalamtes ermittelt wegen Brandstiftung. In einem Bekennerschreiben, das nun von der Polizei geprüft wird, bekannte sich die linksextremistische „Vulkangruppe“ zu dem Anschlag.

„Ein solcher Anschlag auf unsere Strominfrastruktur ist eine schwere Straftat, die durch nichts zu rechtfertigen ist“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Wenn sich ein linksextremistisches Motiv bestätige, „dann ist das ein weiterer Beleg, dass in der linksextremistischen Szene vor Angriffen auf kritische Energie-Infrastrukturen nicht zurückgeschreckt wird“, erklärte sie. Das könne Tausende unbeteiligte Menschen betreffen. „Dies zeigt eine enorme kriminelle Energie.“

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) verurteilte den Vorfall als „eine Form des Terrorismus“. Kritische Infrastruktur in Deutschland müsse besser geschützt werden. Die Fabrik, von der aus der E-Autobauer den europäischen Kontinent beliefert, war erst 2022 eröffnet worden. Normalerweise laufen hier täglich 1200 Fahrzeuge vom Band.

Stübgen: Täter wussten sehr genau, wo es besonders sensibel ist

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) will auch mit verstärkten Kontrollen und Polizeistreifen verhindern, dass empfindliche Infrastruktur erneut angegriffen werden kann. „Aber einen 100-prozentigen Schutz wird es nicht geben“, gestand Stübgen am Dienstagabend in der RBB-Sendung „Brandenburg aktuell“ ein. „Erstaunlich an diesem Vorgang ist, dass die Täter sehr genau wussten, wo es besonders sensibel ist“, sagte der Innenminister.

„Dies hat mit Protest nichts zu tun. Das sind Kriminelle“, betonte Stübgen. „Das sind Verbrecher und wir werden sie jagen mit allen Mitteln, die unser Rechtsstaat zur Verfügung stellt“, so der Innenminister. 

Minister stellt Duldung von Tesla-Protestcamp infrage

Die Landesregierung prüft, ob sie das Protestcamp von Kritikern in der Nähe der Anlage neu bewertet. „Das kann auch die Beendigung der Duldung bedeuten“, sagte Wirtschaftsminister Jörg Steinbach am Dienstag in Grünheide.

Zuletzt hatte es geheißen, das vergangene Woche errichtete Camp werde zunächst bis Mitte März geduldet. Darüber hinaus seien weitergehende Sicherheitsmaßnahmen zwischen Tesla und der Polizei besprochen worden. Was möglich sei, werde intensiviert. Es sei noch einmal geschaut worden, welche Infrastruktur kritisch sei.

„Und da werden wir sicher für eine höhere Absicherung sorgen“, sagte Steinbach. Er stellte aber auch klar: „Vor einem terroristischen Anschlag bist du am Ende nicht gefeit.“ 

Giffey: Schaden für internationales Ansehen der Metropolregion

Auch Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) reagierte auf den Brandanschlag: Die Täter würden dem internationalen Ansehen der Metropolregion schaden, schrieb Giffey am Dienstag auf X. „Die Täter schneiden Tausende Menschen in Berlin und Brandenburg stundenlang vom Strom ab und nehmen dabei hohe menschliche und materielle Schäden billigend in Kauf“, erklärte Giffey. „Diese Radikalisierung hat mit Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit nichts zu tun“.

1200
Fahrzeuge rollen in der Tesla-Fabrik täglich vom Band.

„Das ist schlichtweg ein krimineller Irrweg, der die Menschen und ihre Arbeitsplätze und unsere Infrastruktur schädigt und nichts als Zerstörung bewirkt“, so Giffey weiter.

Tesla-Chef Musk reagiert auf X

Angesichts des Produktionsstopps meldete sich Tesla-Chef Elon Musk zu Wort. „Das sind entweder die dümmsten Ökoterroristen der Welt oder sie sind Marionetten derer, die keine guten Umweltziele haben“, schrieb Musk am Dienstag auf dem Portal X (früher Twitter). „Die Produktion von Elektrofahrzeugen anstelle von Fahrzeugen mit fossilen Brennstoffen zu stoppen, ist extrem dumm.“

Nach Angaben von Werkleiter Thierig setzten nach dem abrupten Stromausfall die Notfallsysteme ein und fuhren die Anlage kontrolliert herunter. In der Gießerei habe es beim Ablassen des flüssigen Aluminiums in Sand einen kleineren Brand gegeben, den die Werkfeuerwehr schnell unter Kontrolle gehabt habe.

Laut Tesla gab es keine Verletzten und keine Gefährdung der Umwelt. „Ich habe viele besorgte Anrufe von Mitarbeitern bekommen. Es tut mir in der Seele weh“, erklärte Tesla-Betriebsratschefin Bettina Schmitz.

Die Bürgerinitiative Grünheide und Besetzer eines Waldstücks nahe der Tesla-Fabrik, die gegen Erweiterungspläne protestieren, distanzierten sich von dem Anschlag. Brandenburgs Polizei hat bislang eine Duldung der Besetzung bis 15. März ausgesprochen. (mit dpa)

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