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Politik: Stimmungssache

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Wer glaubt dem Kanzler, dass das neue Jahr ein anderes werden wird, als es das alte war? Fort mit der Melancholie der vergangenen zwölf Monate, hatte er den Deutschen zu Silvester zugerufen.

Von Antje Sirleschtov

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Wer glaubt dem Kanzler, dass das neue Jahr ein anderes werden wird, als es das alte war? Fort mit der Melancholie der vergangenen zwölf Monate, hatte er den Deutschen zu Silvester zugerufen. Befreien wir uns vom Zaudern und Wehklagen des Jahres 2002. Jetzt soll ein Jahr des Ärmel-Aufkrempelns und des Mutes zur eigenen Courage beginnen. Selbstbewusste Bürger rief Schröder auf, ab dem 1. Januar 2003 zwölf Monate ihrer Gesellschaft erst etwas vom Eigenen zu geben, bevor sie nachfragen, ob die Gesellschaft noch ein wenig für sie übrig hat.

Nun ist allgemein bekannt, dass sich die Menschen in jeder Neujahrsnacht eines alten Brauches bedienen, um das vergangene Jahr zu vertreiben und ein neues zu begrüßen. Auch in diesem Jahr ließen es die Berliner dafür krachen, böllern und blitzen. Ein Beleg für den politischen Instinkt des Kanzlers? Gibt es eine Korrelation zwischen der politischen Stimmung der Bevölkerung und der Feuerwerksintensität zu Silvester, dann spricht der Bundeskanzler offenbar aus, was die Berliner fühlen. Zumindest im Prenzlauer Berg. Lautstark wurde das alte Jahr vertrieben, mit grellem Licht das neue begrüßt und am Neujahrsmorgen legten Berge von Papier und zerbrochenen Flaschen Zeugnis vom nächtlichen Sinneswandel ab.

Im Abfall der Silvesternacht kamen politische Stimmungsdeuter allerdings nicht umhin, ein weiteres Phänomen zu erkennen: Während sich die Berliner lautstark Mut für die kommenden zwölf Monate zuprosteten, erwarten sie von ihrem Regierungschef offenbar nur wenig. Kaum ein verglimmter Silberschweif ziert am Neujahrstag das Kanzleramt, kein Champagnerrest vor dem Regierungssitz.

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