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SPD-Ko-Parteichef Norbert Walter-Borjans ist für einen restriktiven Kurs bei Rüstungsexporten. Bei Israel macht er eine Ausnahme, will aber eine Gegenleistung.

© Florian Gärtner/imago images/photothek

Als Gegenleistung für Waffenlieferungen: SPD fordert deutsche Mitsprache in Israel

SPD-Chef Walter-Borjans will weiter Rüstungsgüter an Israel liefern. Er verlangt eine Gegenleistung: Man soll Berlin zuhören, wenn es um Deeskalation geht.

Von Hans Monath

SPD-Ko-Parteichef Norbert Walter-Borjans fordert von Israel im Gegenzug für deutsche Waffenlieferungen eine Mitsprache Deutschlands beim Umgang Israels mit Konflikten. Der SPD-Politiker sprach sich am Montag dafür aus, weiter deutsche Rüstungsgüter an Israel zu liefern.

Waffenlieferungen an Israel seien „keine Frage eines prinzipiellen Ausschlusses“. Er fügte hinzu: „Aber wir haben dann auch den Anspruch, ein Stück gehört zu werden, wenn es darum geht, deeskalierend zu wirken, sich einer Zwei-Staaten-Lösung zu öffnen, Verhandlungen zu führen.“

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Die SPD stehe zur Position, „dass das Existenzrecht Israels gewährleistet sein muss“, sagte Walter-Borjans nach Beratungen von Parteipräsidium und -vorstand. Deutschland könne Waffen entweder an Nato-Partner liefern oder an Staaten, „wo ganz klar ein friedenssichernder Einsatz gewährleistet ist“. An diesem Punkt habe es bislang „keine Hakeleien gegeben, was Geschäfte mit Israel angeht“.

Seine Ko-Parteichefin Saskia Esken und er selbst stünden für die Haltung, bei Rüstungsexporten „sehr, sehr restriktiv“ vorzugehen, erklärte er. Im Falle der Angriffe der Hamas auf Israel würden sie aber sehen, „welche Art von Bedrohung es gibt“. Auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte sich vergangene Woche dafür ausgesprochen, weiter Rüstungsgüter an Israel zu liefern, aber diese Zusage nicht mit der Forderung nach einer deutschen Mitsprache verbunden.

Die Raketenangriffe auf die israelische Zivilbevölkerung verurteilte der SPD-Chef scharf. "Der Aggressor ist die Hamas", sagte er. Diese führe mit ihren Raketenattacken "einen terroristischen Angriff“ auf Zivilisten, der sofort beendet werden müsse.

Deutschland liefert U-Boote an Israel. Premierminister Benjamin Netanjahu nahm das vierte Exemplar der Dolphin-Klasse 2017 im Hafen von Haifa in Empfang.

© Jack Guez/AFP

Ausdrücklich verwies Walter-Borjans in diesem Zusammenhang auf das Selbstverteidigungsrecht Israels dagegen. Allerdings kritisierte er auch die israelische Siedlungspolitik, an der sich die neuen Auseinandersetzungen entzündet hatten. Auch diese sei "nicht akzeptabel" und "völkerrechtswidrig", meinte er.

Antisemitismus oder gar Gewalt gegen Jüdinnen und Juden in Deutschland sei auf jeden Fall "absolut nicht hinnehmbar", betonte Walter-Borjans. Dies sei "dumpfer Nationalismus und Antisemitismus umhängt mit einem Mäntelchen, dass es um andere Menschen geht, für deren Interessen man eintritt".

Verspricht mehr "Sattelfestigkeit", als sie liefern kann, meint der SPD-Parteichef: Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock korrigierte frühere Aussagen zur Rüstungsexporten nach Israel.

© Kay Nietfeld/dpa

Die Selbstkorrektur von Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock in Bezug auf Waffenlieferungen an Israel zeigt nach Meinung des SPD-Chefs, dass die Grünen-Politikerin ihren Stoff nicht so gut beherrscht, wie sie vorgibt . Baerbock hatte sich vor drei Jahren in einem Video-Interview gegen deutsche Rüstungslieferungen an Israel ausgesprochen, vergangene Woche aber nun deren Fortführung versprochen.

„Es zeigt, dass diese Sattelfestigkeit, wie sie nach außen dargestellt wird, offenbar so nicht gegeben ist“, sagte Walter-Borjans: „Wir hatten ja in den letzten Tagen wie auch beim Thema Israel ein paar Unklarheiten, die dann ausgeräumt worden sind.“ Baerbock hatte im Bundestag die SPD als Urheberin der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland genannt und diesen Irrtum später korrigiert.

Auch ein Spitzenpolitiker der Linkspartei befürwortet Waffenexporte nach Israel: Fraktionschef Dietmar Bartsch, der mit Janine Wissler Spitzenkandidat für die Bundestagswahl ist. „Wir wollen Waffenexporte reduzieren in alle Welt, aber Israel gegenüber haben wir eine besondere historische Verantwortung“, sagte er der ARD: "Aus einer historischen Sicht kann Deutschland Israel nicht so behandeln« wie etwa Saudi-Arabien. Er betonte jedoch auch, dass dies seine Auffassung sei und nicht die der gesamten Linken. Mehrere Parteigenossen distanzierten sich inzwischen im "Spiegel" von der Meinung des Fraktionschefs.

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