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Bundeskanzler Olaf Scholz sitzt bei einem Gespräch im Präsidentenpalast neben Macky Sall, Präsident der Republik Senegal .

© dpa/Michael Kappeler

Scholz und der Senegal: Den Vorwurf der Doppelmoral muss der Kanzler sich gefallen lassen

Gegen seine Verpflichtungen will Deutschland im Senegal ein Gasprojekt mitfinanzieren. Der Bundeskanzler sollte sich dafür erklären. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Felix Hackenbruch

Mit dem Vorwurf der Doppelmoral muss Olaf Scholz jetzt wohl leben. Gerade einmal ein gutes Jahr ist es her, dass Deutschland in Person des SPD-Staatssekretärs im Umweltministerium, Jochen Flasbarth, auf der Weltklimakonferenz in Glasgow unterschrieben hat, künftig keine fossilen Projekte mehr im globalen Süden finanzieren zu wollen. Scholz‘ Wunsch, nun vor der Küste Westafrikas ein gigantisches Gasfeld zu erschließen, um das Flüssigerdgas nach Europa zu verschiffen, widerspricht dem offensichtlich.

Für den Kanzler könnte der Senegal das werden, was für seinen Vizekanzler Katar geworden ist. Grell sind die Widersprüchlichkeiten zwischen Anspruch und Realität. Robert Habeck und seine grüne Partei weigern sich, Fracking in Deutschland zu betreiben und kritisieren Katar entschieden für seine Menschenrechtsverletzungen – Fracking-Gas aus den USA und Gas-Geschäfte mit dem Emirat sind aber in Ordnung.

Auch Scholz, der im Wahlkampf als Klimakanzler angetreten ist, muss sich für seine Senegal-Pläne jetzt Kritik von Klimaaktivisten und anderen Staaten gefallen lassen.

Dabei gibt es für beide Deals gute Beweggründe. Aus Katar sollen lediglich etwa drei Prozent des nationalen Gasbedarfs kommen – eine Diversifizierung der Handelspartner ist notwendig. Im Senegal will sich Deutschland nicht nur um Gas bemühen, sondern auch in Solarkraft und Wasserstoff investieren.

Ein Engagement in der Region ist notwendig. Lange traten die früheren Kolonialherren aus Europa in Afrika mit dem erhobenen Zeigefinger auf und erfüllten im Zweifel ihre Zusagen nicht – China und Russland stießen in die Lücke. Deutschland und die EU haben in der Welt Partner verloren.

Katar und der Senegal offenbaren das Dilemma, in dem die Ampel steckt. Lange wurde in Deutschland nicht über Energie gesprochen. Sie war einfach da, sie war günstig – und sie kam von einem imperialistischen Autokraten. Doch die Politik des Augenzuhaltens ist spätestens mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine gescheitert.

Nun muss die Ampel im Eiltempo eine neue Energiepolitik finden. Noch ist es ihr nicht gelungen, auf dem Weg zu den erneuerbaren Energien immer einen nachvollziehbaren Kurs zu skizzieren. Mit welchen Staaten machen wir künftig Geschäfte? Nach welchen Kriterien werden Deals abgelehnt? Das Beharren auf dem Ausstieg aus der Atomkraft hat international für Kopfschütteln gesorgt – selbst bei Klimaschützerinnen wie Greta Thunberg.

Die Erklärung von Glasgow ermöglicht Ausnahmen für Investitionen in Öl, Gas und Kohle. Wenn die Bundesregierung davon in der Krise Gebrauch machen will, muss sie dafür aber die Kriterien offenlegen und für Transparenz sorgen, wie sie sich in Westafrika einbringt. Sonst bleibt das Signal aus dem Senegal wie es ist: scheinheilig.

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