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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gibt im Bundestag eine Regierungserklärung zum Europäischen Rat ab.

© dpa / Foto: Kay Nietfeld/dpa

Update

„Putin irrt sich – wir sind nicht schwach“: Scholz sieht Deutschland in der Gaskrise gut für den Winter vorbereitet

Ukraine-Krise, Energiekrise, EU-Gipfel: Die Liste der dringlichen Themen der Bundesregierung ist lang. Bundeskanzler Olaf Scholz gibt dazu im Bundestag eine Regierungserklärung ab.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die jüngsten Drohnen-Angriffe Russlands auf zivile Ziele in der Ukraine als Kriegsverbrechen verurteilt, die keinen Erfolg haben werden.

„Auch eine solche Taktik der verbrannten Erde wird Russland nicht helfen, den Krieg zu gewinnen“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Bundestag. „Sie stärkt nur die Entschlossenheit und den Durchhaltewillen der Ukraine und ihrer Partner.“

„Am Ende ist Russlands Bomben- und Raketenterror eine Verzweiflungstat - genauso wie die Mobilisierung russischer Männer für den Krieg“, sagte Scholz weiter. Die Ukraine werde sich erfolgreich verteidigen. „Und wir werden sie unterstützen - so lange, wie das erforderlich ist.“

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Kremlchef Wladimir Putin überziehe die Ukraine mit Terror. Er drohe der Welt unverhohlen und vollkommen verantwortungslos mit dem Einsatz von Nuklearwaffen. „Er will Angst säen, spalten und einschüchtern. Er spekuliert auf unsere Schwäche. Aber er irrt sich. Wir sind nicht schwach.“ Deutschland stehe zusammen, Europa stehe zusammen, sagte Scholz. „Unsere weltweiten Allianzen sind stark und lebendig wie nie. Putin wird seine Kriegsziele nicht erreichen.“

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Kanzler Scholz: Werden ganze ukrainische Brigade ausbilden

Deutschland will bis zum Frühjahr eine vollständige ukrainische Brigade mit bis zu 5000 Soldaten ausbilden. „Damit unterstreichen wir unsere Bereitschaft, uns dauerhaft am Aufbau starker ukrainischer Streitkräfte zu beteiligen - Hand in Hand mit unseren Partnern“, sagte Scholz (SPD) zudem.

Er verwies darauf, dass sich die EU-Außenminister am Montag auf eine neue Ausbildungsmission für etwa 15 000 ukrainische Soldaten geeinigt hatten. Eines der beiden Hauptquartiere dafür werde sich in Deutschland befinden, sagte Scholz. Er plädierte für eine engere europäische und internationale Koordinierung bei der militärischen Unterstützung der Ukraine.

Kanzler sieht Erreichen von Ziel bei Gasspeicherung als „große Leistung“

Den Versuch von Russlands Präsident Wladimir Putin hält Scholz für gescheitert, Deutschland und Europa im Ukraine-Krieg durch Einschränkungen bei Energielieferungen unter Druck zu setzen. „Putin hat gehofft, uns mit dem Abdrehen des Gashahns erpressen zu können“, sagte Scholz am Donnerstag in einer Regierungserklärung zum EU-Gipfel im Bundestag. „Doch auch da hat er sich verrechnet.“

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gibt im Bundestag eine Regierungserklärung zum Europäischen Rat.

© dpa / Kay Nietfeld

Denn Europa stehe zusammen, betonte Scholz. Und Deutschland habe in den vergangenen Wochen und Monaten sichergestellt, „dass wir voll Zuversicht sagen können: Gemeinsam kommen wir wohl durch diesen Winter.“ Es sei „eine große Leistung“, dass es Deutschland geschafft habe, die Gasspeicher schon vor dem gesetzten Termin am 1. November jetzt zu 95 Prozent zu füllen.

Scholz begrüßte, dass sich auch die EU auf ein Einsparziel von 15 Prozent beim Gasverbrauch geeinigt habe. Die sei „ein starkes Signal europäischer Solidarität“ auch gegenüber Deutschland, das bislang ganz besonders von russischem Gas abhängig gewesen sei.

Scholz warnt vor Risiken eines europäischen Gaspreisdeckels

Bundeskanzler Olaf Scholz hat vor den Risiken eines europäischen Preisdeckels für den Einkauf von Gas gewarnt. „Ein politisch gesetzter Preisdeckel birgt aber immer das Risiko, dass die Produzenten ihr Gas dann anderswo verkaufen – und wir Europäer am Ende nicht mehr Gas bekommen, sondern weniger“, sagte Scholz.

Der von vielen EU-Staaten geforderte Höchstpreis auf Gas ist eines der Themen, zu denen beim anstehenden EU-Gipfel Streit droht. Scholz betonte, die EU müsse sich mit anderen Gaskonsumenten wie Japan und Korea eng abstimmen, „damit wir uns nicht gegenseitig Konkurrenz machen“.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gibt im Bundestag eine Regierungserklärung zum Europäischen Rat ab.

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Zugleich müsse auch mit den Produzenten über einen angemessenen Preis gesprochen werden. „Ich bin überzeugt: Länder wie die USA, Kanada oder Norwegen, die gemeinsam mit uns solidarisch an der Seite der Ukraine stehen, haben ein Interesse daran, dass Energie in Europa nicht unbezahlbar wird“, sagte er.

Mehr als die Hälfte der EU-Staaten fordert einen Gaspreisdeckel beim Einkauf. Länder wie Deutschland und die Niederlande lehnen einen solchen Markteingriff ab. Anders als von Fürsprechern wie Belgien, Italien und Frankreich gefordert, hatte die EU-Kommission am Dienstag keinen konkreten Vorschlag für einen Höchstpreis gemacht.

Umbau des Energiesektors sei eine der „zentralen Aufgaben dieses Jahrzehnts“

Scholz hat eine Umsetzung der Gaspreisbremse spätestens zum März angekündigt. „Spätestens im März nächsten Jahres erhalten alle Bürgerinnen und Bürgern mit Gas oder Fernwärme ein vergünstigtes Basiskontingent“, sagte er. Keine Familie, keine Rentnerin, kein Student und auch kein Unternehmen sollten Angst haben, von den Preisen für Strom, Gas oder Fernwärme überfordert zu werden, ergänzte der Regierungschef.

Die von der Regierung eingesetzte Expertenkommission hatte vorgeschlagen, den Gaspreis durch einen staatlichen Zuschuss ab März 2023 auf zwölf Cent pro Kilowattstunde zu senken, für 80 Prozent des geschätzten bisherigen Verbrauchs, um weiter einen Sparanreiz zu geben. Für eine Entlastung noch in diesem Jahr schlägt die Kommission eine Einmalzahlung in Höhe der monatlichen Abschlagszahlung vor. Die Bundesregierung will für die Entlastung 200 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, für die neue Schulden aufgenommen werden.

Jedes Windrad an Land oder auf See, jede Photovoltaikanlage macht uns ein Stück unabhängiger von teurem Gas oder Öl.

Olaf Scholz

In seiner Regierungserklärung vor dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel unterstrich Scholz, das beste Mittel gegen ein zu knappes Angebot im Bereich Energie bleibe der schnelle Ausbau der erneuerbaren Energien. „Jedes Windrad an Land oder auf See, jede Photovoltaikanlage macht uns ein Stück unabhängiger von teurem Gas oder Öl“, sagte er.

Der Umbau des Energiesektors, die Transformation der Industrie, die Modernisierung von Gebäuden, der Ausbau des Bahn- und Nahverkehrs sowie der Hochlauf der Elektromobilität und der Wasserstoffwirtschaft seien „die zentralen Aufgaben dieses Jahrzehnts“, sagte Scholz.

Olaf Scholz hat vor einem stärkeren globalen Einsatz von Kohle als Folge des russischen Kriegs in der Ukraine gewarnt. Die Aggression Russlands dürfe nicht zu einer weltweiten Renaissance der Kohle führen. Auf dem anstehenden EU-Gipfel würden die europäischen Positionen für die anstehende Weltklimakonferenz abgestimmt. Alle Regeln, die zum Erreichen der deutschen Klimaziele nötig seien, würden bis Jahresende stehen.

Merz bezeichnet Scholz’ angekündigte Entlastungen als zu vage

Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hat die Bilanz der Bundesregierung bei der Entlastung von Bürgern und Unternehmen scharf kritisiert. „Deutschland dürfte in Brüssel bewertet werden als das Land in Europa, dessen Regierung in den letzten Monaten am heftigsten gestritten und am wenigsten erreicht hat bei der Entlastung der Haushalte und der Unternehmen“, sagte Merz im Bundestag.

Der Kanzler habe weiterhin offen gelassen, wann Haushalte und Unternehmen mit Entlastungen angesichts der steigenden Energiepreise rechnen dürften, sagte Merz. Die staatliche Unterstützung müsse „möglichst bald“ kommen, da Unternehmen und Haushalte unter der Belastung litten, forderte Merz.

Es wäre wünschenswert gewesen, wenn auch die militärische Hilfe europäisch abgestimmt und koordiniert vorgenommen worden wäre.

Friedrich Merz, Unionsfraktionschef

„Winterreifen muss man im Oktober aufziehen und nicht erst im Frühjahr nächsten Jahres.“ Der Regierungserklärung des Kanzlers habe er aber „kaum etwas Konkretes entnehmen“ können, wann den Menschen „endlich geholfen wird“. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union wollen ab Donnerstag auf einem Gipfel in Brüssel eine gemeinsame Lösung gegen den massiven Anstieg der Energiepreise suchen.

„Wir wünschen Ihnen und Ihren Amtskolleginnen und -kollegen jeden möglichen Erfolg“, sagte Merz an Scholz gerichtet. „Europa braucht diesen Erfolg, unser Land braucht diesen Erfolg.“ Europa habe bei den Sanktionen gegen Russland eine große Entschlossenheit und Geschlossenheit gezeigt und diese Bewährungsprobe bestanden.

Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender und Unionsfraktionsvorsitzender, spricht neben Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag nach der Regierungserklärung des Kanzlers zum Europäischen Rat.

© dpa / Kay Nietfeld

Auch bei den finanziellen und humanitären Hilfen für die Ukraine habe die EU wirkungsvoll und zielführend gehandelt. „Es wäre wünschenswert gewesen, wenn auch die militärische Hilfe europäisch abgestimmt und koordiniert vorgenommen worden wäre“, sagte Merz.

Die CDU/CSU hätte es für richtig gehalten, wenn die ukrainische Armee auch mit Schützen- und Kampfpanzern westlicher Bauart ausgestattet worden wäre – abgestimmt in der Europäischen Union. Viele EU-Mitglieder befürworteten dies. „Dieser Krieg wäre dann möglicherweise schneller zu Ende gewesen.“

Scholz verteidigt EU-Rettungsschirm gegen Kritik

Olaf Scholz hat den 200 Milliarden Euro schweren Abwehrschirm zur Dämpfung der hohen Energiepreise gegen Kritik aus anderen europäischen Ländern verteidigt. Der Rettungsschirm sei auf zweieinhalb Jahre angelegt, um auch im Winter 2023/24 gewappnet zu sein, sagte Scholz zum anstehenden EU-Gipfel.

„Auf diesen Zeitraum gerechnet entsprechen die 200 Milliarden Euro um die zwei Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts.“ Das liege in den Größenordnungen der Pakete, die in diesem Jahr auch anderswo in Europa geschnürt werden – in Frankreich, Italien oder Spanien. Die Europäische Union verfüge über genügend finanzielle Durchschlagkraft, um sich dieser Krise entgegenzustellen.

Tino Chrupalla, AfD-Bundesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der AfD, spricht neben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag nach der Regierungserklärung des Kanzlers zum Europäischen Rat.

© dpa / Kay Nietfeld

Aus den in der Corona-Krise geschaffenen Finanztöpfen sei bislang erst ein Fünftel ausgezahlt worden. Hier stünden also noch über 600 Milliarden Euro zur Verfügung. Damit könne unter anderem der Ausbau erneuerbarer Energien finanziert werden, um sich weniger abhängiger von fossilen Energien zu machen.

Für den Abwehrschirm soll der Corona-Krisenfonds WSF reaktiviert und mit neuen Mitteln ausgestattet werden. Das soll der Bundestag am Freitag beschließen. Die Gelder können dann bis Mitte 2024 eingesetzt werden, um die geplante Gaspreisbremse, die angedachte Strompreisbremse sowie Hilfen für angeschlagene Unternehmen zu finanzieren. Noch ist offen, wie genau die 200 Milliarden eingesetzt werden.

Chrupalla wirft Regierung „selbst entfachten Wirtschaftskrieg“ vor

AfD-Chef Tino Chrupalla hat der Bundesregierung eine völlig verfehlte Energiepolitik und unzureichende Entlastungen infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine vorgeworfen. Im Bundestag kritisierte Chrupalla am Donnerstag dabei auch die Sanktionen gegen Russland.

Deutschland befinde sich in einem „selbst entfachten Wirtschaftskrieg“, sagte der AfD-Politiker nach einer Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Chrupalla warf etwa Finanzminister Christian Lindner (FDP) vor, den Menschen nicht die Wahrheit gesagt zu haben, als er über die Notwendigkeit sinkender Energiepreise gesprochen habe.

Lügen haben kurze Beine und deshalb sollten Sie sich wirklich warme Unterwäsche besorgen, denn es ist bald Bodenfrost.

Tino Chrupalla, AfD-Chef

„Lügen haben kurze Beine und deshalb sollten Sie sich wirklich warme Unterwäsche besorgen, denn es ist bald Bodenfrost“, sagte Chrupalla. Tatsächlich verknappe Deutschland durch seine „aggressive Sanktionspolitik“ selbst das Energieangebot.

Bei den Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger springe die Regierung zu kurz: „Ihre Maßnahmen und Hilfsprogramme kommen spät und sind immer wieder schlechte Kompromisse, die in erster Linie dem Bürger langfristig nur Kosten verursachen.“

Linksfraktionschefin wirft Regierung „Chaos und Murks“ vor

Linksfraktionschefin Amira Mohamed Ali hat der Bundesregierung vorgeworfen, die Nöte der Bevölkerung zu vernachlässigen. Es gehe derzeit eher um Befindlichkeiten der Minister als um Belange der Menschen im Land, kritisierte Mohamed Ali.

Die Entlastungen angesichts der hohen Preise kämen zu spät, in der Bundesregierung herrschten „Chaos und Murks“ bei „Entlastungs-Päckchen“ und wenn es um die Schuldenbremse gehe. Die beschlossenen Hilfsmaßnahmen reichten bei weitem nicht aus, betonte Mohamed Ali.

„Es reicht nicht, den Deich auf zwei Meter aufzuschütten bei zehn Meter Hochwasser.“ Sie forderte stattdessen 1500 Euro Wintergeld für jeden Haushalt mit kleinem und mittlerem Einkommen. (dpa/AFP)

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