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Ein Demonstrant während des Protestes von Lkw-Fahrern gegen die Pandemie-Gesundheitsvorschriften in Kanada.

© AFP/Ed JONES

Update

Protest gegen Corona-Maßnahmen: Polizei löst Lkw-Blockade an kanadischer Grenze auf

Kritiker der kanadischen Corona-Politik hatten ihre Blockade trotz richterlicher Anordnung aufrecht erhalten. Die Polizei droht mit Festnahmen.

Die Polizei in der kanadischen Grenzstadt Windsor hat mit der Auflösung der Blockade der Ambassador-Brücke, einem wichtigen kanadisch-amerikanischen Handelskorridor, begonnen. „Personen, die sich innerhalb des Demonstrationsbereichs aufhalten, werden festgenommen“, schrieb die Behörde auf Twitter. Zuvor hatten die Gegner der stattlichen Corona-Maßnahmen eine richterliche Anordnung, die sie aufforderte den Trucker-Protest zu beenden, ignoriert.

Die Polizei riet den anwesenden Personen, „das Gebiet sofort zu verlassen“. Unerlaubterweise abgestellte Fahrzeuge würden abgeschleppt.

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Die Ambassador-Brücke, die seit Tagen von Gegnern der Corona-Maßnahmen blockiert worden war, ist eine wichtige Verkehrsader und wird täglich von mehr als 40.000 Berufspendlern und Touristen genutzt. Lastwagen transportieren pro Tag Waren im Wert von 323 Millionen Dollar (283 Millionen Euro) über die Brücke.

Auch ein Grenzübergang zwischen der kanadischen Provinz Alberta und den USA sowie ein dritter Übergang in der Provinz Manitoba wurden von Gegnern der Corona-Maßnahmen weiterhin blockiert. Zahlreiche weitere Demonstranten strömten zudem in die Hauptstadt Ottawa, wo die Straßen seit zwei Wochen durch hunderte Lastwagen verstopft sind.

Premier Trudeau schließt gewaltsame Auflösung der Blockaden nicht mehr aus

Der sogenannte „Freiheitskonvoi“ war ursprünglich als Protest gegen eine Impfpflicht für gewisse Lkw-Fahrer gedacht. Im Januar trat eine Verordnung in Kraft, nach der auch Lastwagenfahrer, die aus den USA zurückkehren, einen Impfnachweis vorlegen müssen. Inzwischen hat er sich zu einer Demonstration gegen Pandemie-Maßnahmen der Regierung im Allgemeinen entwickelt.

Die Polizei hält Menschen zurück, nachdem Demonstranten versucht haben, ein Zelt an der Kreuzung von Bank und Wellington, Kanada, aufzustellen.

© REUTERS/Patrick Doyle

Wegen dieser seit über zwei Wochen anhaltenden Trucker-Proteste in Kanada schließt Premier Justin Trudeau die gewaltsame Auflösung der Blockaden nicht mehr aus. Wenn die Demonstranten gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung nicht nach Hause gingen, würde es „ein immer stärkeres Eingreifen“ der Polizei geben, sagte Trudeau am Freitag in Ottawa und nannte die Blockaden „illegal“. Jede Maßnahme sei möglich, der Einsatz des Militärs allerdings das letzte Mittel.

„Ich kann jetzt nicht viel mehr dazu sagen, wann oder wie das genau endet, weil wir wegen Gewalt besorgt sind“, ergänzte Trudeau. Er machte nach einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden auch deutlich, dass eine wichtige, blockierte Grenzbrücke zwischen der Stadt Windsor und Detroit in den USA nicht mehr lange geschlossen bleiben werde. An die Demonstranten appellierte Trudeau: „Wir haben Euch gehört, es ist Zeit, nach Hause zu gehen.“

Notstand in Ottawa und Ontario ausgerufen

Der Bürgermeister von Ottawa rief wegen der seit mehr als zwei Wochen anhaltenden Proteste in der kanadischen Hauptstadt bereits den Notstand aus. Am Freitag hatte zudem die betroffene Provinz Ontario den Notstand ausgerufen. Der örtliche Ministerpräsident Doug Ford kündigte ebenfalls Maßnahmen gegen die Protestler an, darunter Geldstrafen von umgerechnet bis zu 70.000 Euro und maximal ein Jahr Gefängnis.

Außerdem könnten den Lastwagenfahrern die Lizenzen entzogen werden. Einsatzkräfte würden zum Schutz wichtiger Straßen, Flughäfen, Häfen und anderer Infrastruktureinrichtungen abgestellt.

Die Blockade der Ambassador Bridge zwischen Windsor und Detroit - sowie weiterer Grenzübergänge - führte nach Trudeaus Worten zum Stopp der Autoproduktion von sechs Herstellern wegen fehlender Teile. Über die Brücke fließen 25 Prozent des kanadisch-amerikanischen Güterverkehrs - das entspricht pro Tag einem Warenwert von umgerechnet 275 Millionen Euro. Die Region ist wirtschaftlich über die Grenze hinaus eng verwoben.

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Der zweitgrößte US-Automobilhersteller der USA, Ford, erklärte am Freitag, dass die Arbeit in dem Montagewerk in Ohio als Folge der Proteste vorübergehend eingestellt werden musste. Auch General Motors und Toyota kündigten neue Produktionskürzungen an. Die Aktien des kanadischen Autoteileherstellers Magna International fielen am Freitag um 6,4 Prozent, nachdem das Unternehmen mitgeteilt hatte, dass es durch die Schließung der Brücke einen ersten Schlag erlitt.

Ähnliche Konvois in Frankreich, Neuseeland, Australien und den USA

Die Proteste der kanadischen Lastwagenfahrer haben bereits ähnliche Konvois in Frankreich, Neuseeland, Australien, den USA und Deutschland inspiriert. Paris und Brüssel haben die gegen Corona-Auflagen demonstrierenden Lkw- und Autofahrer bereits aus den Städten verbannt. Die Polizei der französischen Hauptstadt teilte mit, Protestfahrten vor den Stadtgrenzen stoppen zu wollen. In Neuseeland und Australien versammeln sich derweil seit Tagen immer mehr Demonstranten in den Hauptstädten Wellington und Canberra, um gegen eine mögliche Impfpflicht zu demonstrieren.

Deshalb hatte Trudeau am Freitag auch mit US-Präsident Biden gesprochen: „Präsident Biden und ich stimmen beide darin überein, dass diese Blockaden aus Gründen der Sicherheit der Menschen und der Wirtschaft nicht fortgesetzt werden können“, so der Regierungschef weiter. Das Weiße Haus äußerte sich ähnlich. Nach Angaben Trudeaus würden die Demonstranten, von denen viele dem rechten Spektrum zugeordnet werden, durch Spenden unterstützt, die zu etwa 50 Prozent aus den USA kämen.

Weite Teile der Bevölkerung hatten Trudeaus teilweise sehr strikten Anti-Covid-Kurs in den vergangenen zwei Jahren mitgetragen. In jüngsten Studien zeichnet sich allerdings eine mögliche Trendwende ab, auch wenn das Bild noch nicht eindeutig ist.

Auch einige Anhänger des 50-Jährigen nahmen der grassierenden Omikron-Variante geschuldete Maßnahmen wie neue Reiseeinschränkungen und von lokalen Regierungen verordnete Schließungen der Innenräume von Bars und Restaurants als übertrieben wahr. (Reuters/dpa/AFP)

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