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Demonstranten protestieren in Wien gegen den Wiener Akademikerball der rechten FPÖ in der Hofburg.

© Hans Punz//dpa

Burschenschaft-Affäre: Österreichs Justizminister verspricht umfassende Aufklärung in Affäre um NS-Lieder

Als Reaktion auf den Skandal um Nazi-Liedtexte will FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im Lager der Burschenschaften durchgreifen. Für Antisemiten gebe es in der FPÖ keinen Platz.

Österreichs Justizminister Josef Moser (ÖVP) hat die vollständige Aufklärung der Affäre um ein Liederbuch mit Nazi-Liedern zugesichert. Moser sagte am Freitag in Sofia, er garantiere die Aufklärung des Skandals "zu 1000 Prozent". In dem Liederbuch der Burschenschaft "Germania zu Wiener Neustadt" wird die NS-Zeit verherrlicht. Stellvertretender Vorsitzender der Burschenschaft war Udo Landbauer, der am Sonntag bei der Landtagswahl in Niederösterreich als Spitzenkandidat der rechtspopulistischen Freiheitlichen (FPÖ) antritt.

Moser sagte beim Treffen mit seinen EU-Kollegen in Sofia, die Vorgänge um das Buch seien "absolut widerwärtig" und "untragbar". Es müsse ausgeschlossen werden, dass "Rassismus und Antisemitismus nach wie vor in irgendeiner Weise im gesellschaftlichen Leben" stattfänden.

Die Staatsanwaltschaft ermittele in der Lieder-Affäre bereits umfassend, sagte Moser. Es habe Hausdurchsuchungen gegeben, am Freitag fänden erste Vernehmungen statt. Es werde jetzt "alles unternommen", um den Fall aufzuklären und Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit Österreichs zu gewährleisten.

Der 31-jährige Landbauer ließ seine Mitgliedschaft in der Burschenschaft ruhen, nachdem die Affäre bekannt wurde. Die FPÖ hat auf nationaler Ebene nach der Parlamentswahl im vergangenen Oktober mit der rechtskonservativen ÖVP eine Regierung gebildet. Die Sozialdemokraten von der oppositionellen SPÖ hatten nach Bekanntwerden der Vorwürfe Landbauers sofortigen Rücktritt verlangt.

Landbauers Parteifreund, FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache, bestritt unterdessen einen Bericht des Magazins "Spiegel", wonach er im vergangenen Jahr von der Burschenschaft ein Ehrenband erhielt. Das sei eine "glatte Unwahrheit und Lüge", teilte er auf Facebook mit. Strache war in seiner Jugend in der rechtsradikalen Szene aktiv. Heute stellt er das als Jugendsünde dar.

FPÖ-Chef Strache erklärt Antisemiten bei Akademikerball für unerwünscht

Am Freitagabend findet der seit Jahren von der FPÖ ausgerichtete Wiener Akademikerball statt, der als Treffpunkt von Rechtsextremen und Burschenschaftern bekannt ist. Strache erklärte dazu, für Antisemiten gebe es weder in der FPÖ noch beim Akademikerball einen Platz.

"Die Verantwortung und das Gedenken an die Opfer des Holocaust sind uns Verpflichtung und Verantwortung in der Gegenwart und für kommende Generationen", fügte er hinzu. Am Samstag ist der Holocaust-Gedenktag aus Anlass der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945.

Das fragliche Buch der Burschenschaft enthält unter anderem judenfeindliche Lieder, wie das Magazin "Falter" am Dienstag berichtete. In einem der Lieder heißt es demnach: "Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million'". Im Holocaust wurden sechs Millionen Juden ermordet, Ben Gurion war der Staatsgründer und erste Regierungschef Israels. Andere Lieder verherrlichen die deutsche Legion Condor, die 1937 die baskische Stadt Guernica zerstörte, und Gräueltaten der Wehrmacht auf Kreta.

Vor der Landtagswahl in Niederösterreich belegt die FPÖ in Umfragen mit 16 bis 21 Prozent den dritten Platz. Die ÖVP liegt mit Abstand in Führung. Ihr wird die absolute Mehrheit zugetraut.

Bei der Nationalratswahl Mitte Oktober war die FPÖ mit 26 Prozent der Stimmen ebenfalls hinter der SPÖ auf Platz drei gekommen. In der Koalition mit der ÖVP besetzt die FPÖ sechs Ministerien, darunter Schlüsselressorts wie das Innen-, Außen-, und Verteidigungsministerium.

Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) Wien hatte Mitte des Monats bekräftigt, dass sie keine politischen Kontakte zu Vertretern der FPÖ unterhalte, auch nicht zu Regierungsmitgliedern. Zur Begründung hieß es, FPÖ-Mitglieder hätten eine Nähe zu rechtsextremen und antisemitischen Positionen. (AFP/dpa)

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