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Russische Soldaten des Grenzschutzstützpunkts Nagursdkaya in der russischen Arktis im Franz-Joseph-Land bewachen das Gebiet (Symbolbild).

© imago/ZUMA Press

Tag 131 der Invasion: Moskau verlegt Truppen aus der Arktis in die Ukraine

Medwedew warnt erneut vor Atomkrieg, Russland verbietet seinen Truppen offenbar Alkoholkonsum, Mikolajiw meldet schweren Beschuss. Der Überblick am Abend.

Russland scheint immer größere Probleme zu haben, neue Truppen für den Krieg in der Ukraine aufzustellen. Das legt jedenfalls ein Bericht des finnischen Senders Yle nahe (hier auf Englisch).

Russland hat demnach rund 100 Fahrzeuge aus der Militärbasis Alakurtti abgezogen, die sich nahe der finnischen Grenze nördlich des Polarkreises befindet. Zudem soll rund die Hälfte der 2000 Soldaten nicht mehr in der Basis sein. Ein von Yle zitierter Militärexperte glaubt, dass die Truppen in die Ukraine versetzt wurden. Insgesamt handelt es sich um ein ganzes Bataillon. Alakurtti war wohl die letzte Militärbasis nahe Finnland, aus der noch keine Truppen ins Kriegsgebiet geschickt wurden. Die Soldaten sind besonders für den Kampf in der Arktis trainiert.

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Schon seit Monaten läuft in Russland eine Schattenmobilisierung, weil Putin den Kriegszustand nicht ausrufen will. Männer werden mit immer höheren Geldbeträgen in die Ukraine gelockt. Auch Kriminelle kommen inzwischen direkt aus dem Gefängnis an die Front. Der Lohn, wenn sie überleben: Die Freiheit. Zudem wurde die Altersgrenze für den Kriegsdienst von 40 auf 65 erhöht.

Den Mangel von Soldaten halten Experten für die größte Schwäche der russischen Truppen in der Ukraine. Kann Moskau die tausenden Toten und Verletzten nicht ersetzen, kommt die Offensive der Truppen bald zum Erliegen, glauben Beobachter. 

DIE WICHTIGSTEN NACHRICHTEN DES TAGES IM ÜBERBLICK

  • Der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew hat im Zusammenhang mit den Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) zu möglichen Kriegsverbrechen in der Ukraine vor einem Atomkrieg gewarnt. "Die Idee, ein Land zu bestrafen, das über das größte Atomwaffenarsenal verfügt, ist an und für sich absurd", schrieb Medwedew am Mittwoch im Onlinedienst Telegram. Dadurch werde möglicherweise "eine Bedrohung für die Existenz der Menschheit" geschaffen.
  • Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat im Bundestag der AfD vorgeworfen, sich zur Handlangerin russischer Interessen zu machen. „Die AfD ist nicht nur eine rechtspopulistische Partei, sondern auch die Partei Russlands“, sagte Scholz am Mittwoch in der Fragestunde des Bundestags. „Das sollten alle zur Kenntnis nehmen.“
  • Auf Telegram hat der ukrainische Geheimdienst einen Beitrag veröffentlicht, in dem von einem Alkoholverbot für russische Soldaten die Rede ist – inklusive Bier. In der durch Russland besetzten Region Saporischschja sei es unter den russischen Soldaten zu einem „Massenmissbrauch“ von alkoholischen Getränken gekommen, der „zahlreiche Disziplinarverstößen und schwere Vergehen" zur Folge gehabt hätte.
  • Der Bürgermeister von Mykolajiw berichtet von schwerem Beschuss der im Süden der Ukraine gelegenen Stadt. „Ich sage den Menschen in der Stadt, dass sie sie verlassen müssen.“ Die russischen Truppen setzten Mehrfachraketensysteme ein, um die Hafenstadt zu beschießen. Vor dem Krieg hätten etwa 500.000 Menschen in Mykolajiw gelebt, jetzt seien es nur noch halb so viele.
  • Das russische Militär hat nach eigenen Angaben zwei US-Raketenwerfer vom Typ Himars zerstört. Außerdem zwei dazugehörige Munitionslager.
  • Die EU muss sich nach Einschätzung von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für den Fall eines vollständigen Ausfalls von Gaslieferungen aus Russland wappnen. Bereits heute seien zwölf Mitgliedstaaten direkt von einem partiellen oder vollständigen Ausfall der Gasversorgung aus Russland betroffen.
  • Johann Wadephul, Verteidigungsexperte innerhalb der CDU, blickt mit Sorge auf den aktuellen Kriegsverlauf im Donbass. Die Übermacht der Russen sei groß. „Das werden die Ukrainer alleine nicht schaffen können“, erklärte der CDU-Politiker weiter. Um dem entgegenzuwirken, forderte Wadephul auch mehr Unterstützung durch die Bundesregierung. 
  • Russlands Außenminister Sergej Lawrow will sich am Rande eines Ministertreffens der G20-Staaten mit mehreren anderen Außenministern treffen. „Was die (bilateralen) Treffen angeht, so gab es bestimmte Anfragen. Es wird eine Reihe von Treffen geben“, sagte Lawrow der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge am Mittwoch bei einem Besuch in Vietnam. Um welche Staaten es sich dabei handelt, sagte er nicht.
  • US-Präsident Joe Biden sieht in der Freilassung der US-Basketballerin Brittney Griner aus russischer Haft eine "Priorität" seiner Regierung. Bidens Sprecherin Karine Jean-Pierre reagierte mit dieser Aussage am Dienstag (Ortszeit) auf einen am Montag in Auszügen veröffentlichten handgeschriebenen Brief der Sportlerin an Biden, in dem sie den US-Präsidenten eindringlich um Hilfe bat.
  • Die Linke im Bundestag dringt zur Sicherung der Gasversorgung in Deutschland auf ein Ende der Sanktionen gegen Russland und die Aufnahme von Gesprächen über die Gas-Pipeline Nord Stream 2. „Die Regierung muss dafür sorgen, dass die Energiepreise durch ein steigendes Angebot, auch durch Russland, begrenzt bleiben“, sagt der Wirtschaftsexperte der Fraktion, Klaus Ernst, der Zeitung „Rheinische Post“. 
  • Beide Kriegsparteien in der Ukraine begehen Misshandlungen: Sowohl der Ukraine als auch Russland werden Folter von Kriegsgefangenen vorgeworfen. Vor allem russische Angriffe seien nicht mit dem Völkerrecht vereinbar. Mehr hier. 
  • Russland verhindert Großteil des kasachischen Ölexports: Das Terminal in Südrussland muss offiziell aus Umweltschutzgründen für 30 Tage schließen. Kasachstan hatte der EU zuletzt angeboten, mit Öl auszuhelfen. Mehr hier. 

HINTERGRUND UND ANALYSE

1. Verteidiger unter Druck: Die größten Schwächen der ukrainischen Armee – und wie sie sich beheben lassen

2. Erst verhaftet, dann gemustert: Der bizarre Fall des russischen Eishockey-Torwarts Iwan Fedotow

3. Fast 5000 Artikel mit Nazi-Vorwürfen: So brachte der Kreml die Russen zu Kriegsbeginn auf Kurs

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