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Muss eine Lösung im mit Bund und Ländern finden: Bundeskanzler Olaf Scholz.

© Michele Tantussi/Reuters/Pool/dpa

Kanzler in der FDP-Klemme: Mit diesem Trick könnte Scholz ein Corona-„Basisschutzpaket“ gelingen

Die meisten Einschränkungen fallen bis 19. März. Aber das Impfen lahmt, die Koalition streitet um die Zeit danach. Ein Hotspot-Mechanismus könnte helfen.

Olaf Scholz schaut etwas bedröppelt drein, als der General die neuen Zahlen von der Impffront vorträgt. Scholz hatte bis Ende Januar 30 Millionen zusätzliche Impfungen als Ziel ausgegeben. „Bei gleichbleibendem Tempo werden wir dieses Ziel am 7. April erreichen“, referiert Generalmajor Carsten Breuer, Leiter des Corona-Krisenstabs im Kanzleramt. So berichten es Teilnehmer der jüngsten Bund-Länder-Runde. Es ist nicht die einzige schlechte Nachricht für den Kanzler.

Wo er sich tags zuvor noch auf dem weltpolitischen Parkett bei Wladimir Putin bewegte und ihm grinsend eine Spitze mitgab ("Ich weiß jetzt nicht, wie lange der Präsident vorhat, im Amt zu sein. Ich habe jedenfalls das Gefühl, das könnte länger dauern, aber nicht ewig"), droht nun wieder ein Verheddern im Dickicht der Corona-Politik und der Ampel-Koalition.

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Die allgemeine Impfpflicht ab 18 will Scholz, damit die Impfquote durch mehr Zwang gesteigert werden kann und im Herbst nicht neue Pandemie-Rückschläge drohen.

General Carsten Breuer war von Olaf Scholz und der damaligen Kanzlerin Angela Merkel als Chef des Krisenstabs eingesetzt worden.

© dpa

Fast neidvoll sagt er mit Blick auf 76 Prozent Erstimpfquote in Deutschland: „In Dänemark haben sie eine Impfquote für die über 60-Jährigen, die, wenn ich mich richtig erinnere, bei 97 Prozent oder sogar noch etwas höher liegt." Das mache den Umgang mit den möglichen Virusinfektionswellen, die noch kommen können, sicherer. Umstritten ist noch, ob es sogar eine vierte Impfung braucht.

Problem 1: Ungewisse Impfpflicht

Es ist bisher unsicher, ob einer der Anträge für eine Impfpflicht ab 18 oder ab 50 oder ein Antrag gegen eine Impfpflicht im Bundestag eine Mehrheit finden wird. Oder aber der Plan der Union, eine Art Vorratsbeschluss zu treffen. Die Fraktion fordert, ein Impfregister einzurichten und eine Impfpflicht nur vorzubereiten.

Sie soll nicht sofort gelten, sondern erst "scharfgeschaltet" werden, wenn die Infektionslage wieder bedrohlicher wird. Kritiker betonen, dass eine Impfpflicht erst dann eine neue Welle nicht vernünftig brechen kann. In der SPD wird darüber nachgedacht, ob es gemeinsam mit der Union eine Lösung geben kann.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich geht davon aus, dass es vor Mitte April eine Entscheidung über eine allgemeine Impfpflicht gibt. Scholz wollte mal, dass sie ab spätestens März schon gilt, auch dies hat nicht geklappt.

Der RKI-Verdruss

Sein Ansatz ist es, Ziele vorzugeben, damit zumindest ein höherer Handlungsdruck entsteht, wenn sie aber zu oft und deutlich verpasst werden, droht eine Erosion des Vertrauens in seine Führungsqualitäten.

Viel Vertrauen gekostet hat auch die nun vom Berliner Verwaltungsgericht als rechtswidrig eingestufte kurzfristige Verkürzung des Genesenen-.Status von sechs auf drei Monate durch das Robert-Koch-Institut, Scholz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (beide SPD) haben dem RKI und ihrem in die Kritik geratenen Präsidenten Lothar Wieler die Kompetenz für die Entscheidungen wieder entzogen.

Scholz hält aber seine Hand über Wieler: "Herr Wieler hat wirklich eine ganz verdienstvolle Arbeit geleistet und leistet sie unverändert, die in dieser Pandemie von großer Bedeutung ist.", sagte er nach der Corona-Runde. "Es geht hier nicht um das RKI, sondern darum, dass wir uns als Staat miteinander verständigt haben, dass angesichts der großen Bedeutung, die das hat, solche Festlegungen zu treffen, die auf dem gesetzlich am weitesten reichenden Niveau stattfinden sollen.“

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Problem 2: Der FDP-Widerstand für neues Corona-Schutzgesetz

Aktuell ist aber Folgendes die größte Baustelle, da es schnell gelöst werden muss: In der Corona-Runde gab es auf Unions-Seite viel Verwunderung, dass der Kanzler wie bei der Impfpflicht auch bei dem zweiten für die künftige Pandemiebekämpfung entscheidenden Thema, den Maßnahmen ab 20. März, keine gemeinsame Position der Ampel präsentieren könnte. Die bisherigen im Infektionsschutzgesetz vorgesehenen Maßnahmen laufen bis dahin aus.

Ohne Anschlussregelung, einem neuen Basisschutzgesetz, müssten alle Maßnahmen dann enden, auch Maskenpflichten. Kopfschüttelnd nahmen Ministerpräsidenten wahr, dass Scholz keine Prokura hatte, bei den Länder-Forderungen für den künftig noch notwendigen Instrumentenkasten mitzugehen Die SPD und Grüne sind sich einig, dass es noch ausreichend Maßnahmen braucht, die FDP aber will fast gar nichts mehr, außer vielleicht Masken und genug Schutz für vulnerable Gruppen.

[Lesen Sie auch: Hat sich Omikron in einem Säugetier entwickelt? (T+)]

Alles in allem geht die Politik deshalb wieder etwas vage in die nächste Pandemiephase, eine zu geringe Impfquote und mit Streit über den richtigen "Basisschutz" ab 20. März.

Wie könnte eine Lösung aussehen? Einig ist man sich, dass es Dinge wie die Kontaktnachverfolgung nicht mehr geben soll. Aber die Länder hätten gerne die Option, dass Hygienekonzepte erlassen werden können, da hat die FDP aber ein Problem mit, da damit Kapazitätsbegrenzungen für Veranstaltungen und Innenräume verfügt werden können.

Auch wollen die Liberalen keine Möglichkeit mehr, dass neue Zugangsbeschränkungen mit Test-, Impf- oder Genesenen-Nachweisen, also neue 2G- oder 3G-Regelungen, verhängt werden können.

Der mögliche Ausweg: Eine Länderöffnungsklausel

So könnte Scholz zu einem inzwischen für solche Koalitionszwänge erprobten Trick greifen, heißt es in Länderkreisen. Eine Länderöffnungsklausel mit einem Hotspot-Mechanismus.

Dass es also einen Teil-Basisschutz gibt, in dem bundesweit lediglich Maskenpflichten und Abstandsgebote geregelt werden und zugleich den Ländern zugestanden wird, bei Rückschlägen selbst Maßnahmen zu verhängen, aus einem klein gehaltenen Instrumentenkasten, da könnten dann auch Hygienekonzepte und Zugangsbeschränkungen (2G/3G) enthalten sein.

Der Bundestag soll bis Mitte März entscheiden, der Bundesrat wahrscheinlich in einer Sondersitzung am 18. März. Scholz verspricht, dass es mit einer Anschlussregelung ab 20. März klappen wird: "Es wird einen hocheffektiven Basisschutz (...) geben".

Die FDP will eigentlich nur ein Maskenzugeständnis

Unmittelbar nach der Runde ließ FDP-Fraktionschef Christian Dürr eine bemerkenswerte Pressemitteilung verschicken: „Freue mich, dass Ministerpräsidenten Kurs der FDP-Fraktion eingeschlagen haben“, war diese überschrieben, mit Bezug auf die Aufhebung fast aller Maßnahmen zum Frühlingsbeginn.

Mit Blick auf die Schutzregelung für die Zeit danach nannte Dürr nur einen Punkt, den man mitgehen will: „Denkbar ist für uns, Regelungen zu treffen, die eine Verlängerung der Maskenpflicht erlauben.“´

Nicht vergessen werden darf, dass am 27. März im Saarland gewählt wird, auch das wird nun eine Rolle spielen. Scholz verweist darauf, dass man bis hierhin gut durch die Omikron-Welle gekommen sei, auch weil das Boostern so gut lief. Das noch von Kanzlerin Angela Merkel Mitte November mit ausgegebene Ziel von 30 Millionen Zusatzimpfungen bis Ende des Jahres wurde locker geschafft. Aber dann eben nicht das Scholz-Ziel von weiteren 30 Millionen bis Ende Januar.

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