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Berlins Krankenhäuser seit 22 Monaten im Ausnahmezustand. Im Bild das Institut für Hygiene und Umweltmedizin im Vivantes-Auguste-Viktoria-Klinikum.

© Kitty Kleist-Heinrich

Tagesaktuelle Daten nun auch aus Normalstationen: Kliniken versprechen besseren Corona-Überblick

Wie viele Coronakranke auf Normalstationen liegen, wird von den Kliniken bisher nicht tagesaktuell gemeldet. Ab nächster Woche soll das anders werden.

Um die Belastung des Gesundheitswesens durch die Corona-Pandemie besser einschätzen zu können, werden künftig nicht mehr nur tagesaktuelle Belegungsdaten der Intensivstationen veröffentlicht. Ab der nächsten Woche wollen die Krankenhäuser auch werktäglich melden, wie viele Corona-Patient:innen auf ihren Normalstationen liegen. Das kündigte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, dem Tagesspiegel Background Gesundheit & E-Health an.

Die Kliniken kommen damit einer Forderung des Expertenrats der Bundesregierung nach. Es handelt sich um eine Reaktion auf den Umstand, dass die milder verlaufende Omikron-Variante immer weniger Intensivpatienten zur Folge hat, in zunehmendem Maße aber die Normalstationen belastet. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) ist aufgrund fehlender Datenübermittlung inzwischen bei nicht mal mehr jedem zweiten Corona-Infizierten bekannt, ob er oder sie im Krankenhaus behandelt wurde.

Bessere Erfassung wäre schon seit Herbst möglich gewesen

Über die Krankenhausgesellschaften in den Ländern werde man jetzt tagesaktuell „zumindest von Montag bis Freitag berichten können, wie viele Patienten mit Covid-Diagnose in den Krankenhäusern liegen“, sagte Gaß – woraus sich dann auch erkennen lasse, ob der Trend nach oben oder nach unten gehe und wie stark die jeweiligen Regionen betroffen seien. Er verstehe diesen Vorstoß allerdings nur als „ersten Schritt“, betonte der DKG-Chef. Man habe den Anspruch, „auch über die Pandemie hinaus im Krankenhausbereich zu einer deutlich besseren Datentransparenz zu kommen“.

Nach den Worten des Verbandschefs hätten tagesaktuelle Daten zur Klinik-Belegung mit Corona-Kranken längst übermittelt werden können. Die DKG habe bereits im vergangenen Herbst entsprechende Vorschläge gemacht, sei bei der Bundesregierung damit aber auf Widerstand gestoßen. Dem damaligen Verbandskonzept zufolge hätten die Kliniken einen tagesaktuellen „Kerndatensatz“ ihren Covid-Patient:innen – also etwa auch differenziert nach Alter, Geschlecht und Herkunft der Erkrankten – automatisiert aus ihren Krankenhausinformationssystemen liefern können. Nicht enthalten wäre darin lediglich der jeweilige Impfstatus der Patienten gewesen.

Diese Vorschläge seien „leider zunächst unbeantwortet geblieben und auch bis heute nicht aufgegriffen worden“. So sei es bei Meldungen der Krankenhäuser an die Gesundheitsämter geblieben, die dort erst noch umständlich weiterverarbeitet werden mussten – was dazu geführt habe, dass tagesaktuelle Veröffentlichungen bislang nicht möglich gewesen seien.

Mit deutlich mehr Klinikdaten ins Internet 

Nun allerdings gebe es, ausgelöst durch die jüngsten Empfehlungen des Corona-Expertenbeirats, „eine sehr intensive Debatte zur Validität der Hospitalisierungsdaten von COVID-19 Patienten in den Krankenhäusern“. Man verfolge diese „mit großer Sorge“, schrieb der DKG-Chef Ende vergangener Woche an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Denn offensichtlich gebe es Pläne, „eine Sammlung von Belegungsdaten ohne die verantwortliche Mitwirkung und nicht in der Zuständigkeit der Deutschen Krankenhausgesellschaft realisieren zu wollen“. Das könne keinesfalls angehen, sagte Gaß dem Tagesspiegel Background. Der Job, mehr Datentransparenz über die Kliniken zu schaffen, müsse der DKG zufallen und ihr vom Gesetzgeber auch übertragen werden.

Die Krankenhausgesellschaft sei „nicht nur bereit und in der Lage“ als Datentransparenzstelle zu fungieren, warb der Verbandsvorsitzende gegenüber Lauterbach und auch den Länderministern. Diese Aufgabe falle auch im Rahmen der ihr „gesetzlich zugewiesenen Selbstverwaltungsaufgaben“ in den Verantwortungsbereich der DKG. Zudem verfüge diese mit ihrer Tochtergesellschaft, der Deutschen Krankenhaus TrustCenter und Informationsverarbeitung GmbH (DKTIG), über „eine kompetente und leistungsfähige Struktur, die zur Umsetzung eines solchen politischen Auftrages in der Lage ist“. Schon heute würden von Seiten der DKTIG umfangreiche Informationen über die Versorgungsstrukturen, Versorgungsangebote, die Ausstattung der Krankenhäuser mit Personal und medizinischer lnfrastruktur für jeden Krankenhausstandort öffentlich einsehbar im Internet zur Verfügung gestellt, betonte Gaß in dem Schreiben. Dieses System lasse sich „perspektivisch weiter ausbauen und für die gewünschte aktuelle Belegungstransparenz nutzen“.

Behandlungen „mit“ oder „wegen“ Corona?

Die momentan wieder sehr spannend gewordene Frage, wie viele Patienten „wegen“ oder nur „mit“ einer Corona-Erkrankung als Nebendiagnose im Krankenhaus sind, werden die ab nächster Woche gelieferten Belegungsdaten jedenfalls erst mal nicht nicht tagesaktuell beantworten können. Entsprechende Aussagen ließen sich nur im Zusammenspiel mit späteren fallbezogenen Analysen etwa durch das Robert Koch-Institut (RKI) treffen, sagte Gaß. Patientendaten vom jeweiligen Aufnahmetag allein helfen da nicht weiter.

Tatsächlich ist die Frage „mit“ oder „wegen“ vor allem relevant, wenn es darum geht, die Schwere der Covid-Erkrankungen mit den jeweiligen Varianten zu erfassen. Für die Belastung der Kliniken macht solche Differenzierung jedoch kaum einen Unterschied, denn hier wie da müssen die Patient:innen aufgrund der Ansteckungsgefahr isoliert und entsprechend aufwändig versorgt werden.

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