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Christian Herrgott, Landrat im Saale-Orla-Landkreis.

© dpa/Bodo Schackow

Geflüchtete sollen für 80 Cent pro Stunde arbeiten : Kritik an CDU-Landrat im Thüringer Saale-Orla-Landkreis

Im Saale-Orla-Kreis sollen Asylbewerber bald für 80 Cent in der Stunde arbeiten müssen. Zur Kritik an der Arbeitspflicht verweist der neu gewählte CDU-Landrat auf einen Entscheid des Kreistages.

| Update:

Im ostthüringischen Saale-Orla-Kreis sollen Asylbewerber zu vier Stunden Arbeit pro Tag verpflichtet werden. Grundlage ist eine entsprechende Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz, wie ein Kreis-Sprecher am Dienstag sagte.

Die Geflüchteten sollen für 80 Cent Entlohnung pro Stunde einfache Arbeiten erledigen. Weigern sie sich, drohen Geldkürzungen von bis zu 180 Euro im Monat.

Der neue Landrat Christian Herrgott (CDU) hatte in der ZDF-Talk-Sendung von Markus Lanz vergangene Woche über die Arbeitsverpflichtung gesprochen und als Beispiele etwa Grünschnittarbeiten genannt. Mehrere Medien berichteten über die Pläne. Herrgott war Ende Januar zum neuen Landrat gewählt worden, er hatte sich in der Stichwahl gegen einen AfD-Kontrahenten durchgesetzt.

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Die geplante Arbeitspflicht sorgt jedenfalls für Kritik. Die Entscheidung von Christian Herrgott stoße all diejenigen vor den Kopf, die dessen Kandidatur in der Stichwahl gegen den Bewerber der AfD unterstützt haben, sagte Franz Zobel von der Opferberatung Ezra am Dienstag in Erfurt. Herrgotts Wahl sei nur möglich geworden, weil er von der Zivilgesellschaft massiv unterstützt worden sei.

Nun kopiere die erste Entscheidung des CDU-Politikers die Methoden der AfD, kritisierte Zobel. Er betreibe damit letztlich eine Politik, die sich gegen die Interessen eines großen Teils derjenigen Menschen wende, die für ihn gestimmt hatten. Bei den Geflüchteten, die in ihren Biografien zu großen Teilen schon Gewalterfahrungen und Diskriminierungen ausgesetzt worden seien, entstehen laut Zobel mit einer solchen staatlich verordneten Arbeitspflicht zusätzliche Belastungen.

Herrgott: Entscheidung sei vor seine Wahl eingeführt worden

Herrgott bestätigte auf Anfrage, seine Behörde führe derzeit eine Arbeitspflicht für Bewohner und Bewohnerinnen von Gemeinschaftsunterkünften ein. Die grundsätzliche Entscheidung zur Einführung einer Arbeitspflicht habe der Kreistag bereits im September 2023 und damit lange vor seiner Wahl zum Landrat getroffen. Dem Antrag der Union hatten damals auch Kreistagsmitglieder der SPD zugestimmt.

Nach Angaben eines Kreissprechers soll die Arbeit zunächst an Geflüchtete verteilt werden, die freiwillig dazu bereit sind. Arbeit gebe es unter anderem in den Unterkünften selbst - etwa Reinigungs- und Hilfsarbeiten. Auch Kommunen und Vereine seien ermutigt worden, „Arbeitsgelegenheiten zu schaffen oder anzufragen“, sagte der Sprecher. Wichtig sei, dass diese Arbeitsgelegenheiten keine regulären Arbeitsplätze gefährdeten.

Im Asylbewerberleistungsgesetz heißt es im Paragraf fünf: „Arbeitsfähige, nicht erwerbstätige Leistungsberechtigte, die nicht mehr im schulpflichtigen Alter sind, sind zur Wahrnehmung einer zur Verfügung gestellten Arbeitsgelegenheit verpflichtet.“

„Die Geflüchteten sollen selbst davon profitieren, dass sie eine sinnstiftende Tätigkeit haben, die ihnen den Alltag strukturiert“, sagte der Kreissprecher. Zudem könne die Arbeit sprachliche Kompetenzen fördern und sie auch für den regulären Arbeitsmarkt vorbereiten. Die Maßnahmen sollen aber auch zu mehr Akzeptanz in der Gesellschaft führen. (epd/dpa)

Anmerkung der Redaktion: In einer älteren Version des Artikels hieß es, auch die Grünen hätten dem Antrag zugestimmt. Das ist falsch. Wir haben den Fehler korrigiert.

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