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Robert Habeck und Klara Geywitz nach dem Fernwärmegipfel.

© AFP/JOHN MACDOUGALL

Habecks Alternative zur Wärmepumpe: Wie die Energiewende mit Fernwärme gelingen soll

Seit Wochen wird in der Ampel über das Heizungsgesetz gestritten. Doch im Zweifel benötigen Verbraucher in Zukunft gar keine Wärmepumpe.

Robert Habeck (Grüne) und Klara Geywitz (SPD) sind zu spät zu ihrer eigenen Pressekonferenz nach dem Fernwärmegipfel. Symbolisch passt das. Schließlich ist auch die kommunale Wärmeplanung, an der die Bauministerin und der Wirtschaftsminister aktuell arbeiten, seit Jahren überfällig.

Bis 2028 sollen die Kommunen laut Gesetzentwurf ausweisen, wo in den kommenden Jahren Nah- und Fernwärmenetze entwickelt werden. Eine äußerst relevante Information für alle Menschen, die eine neue, klimafreundliche Heizung benötigen. Denn im Zweifel benötigen Verbraucher in Zukunft gar keine Wärmepumpe, Pellet- oder Hybridheizung.

Vor allem in die Fernwärme setzt die Ampel große Hoffnungen: „Es ist wichtig, dass wir bei der Fernwärme vorankommen“, sagte Habeck nach dem Treffen mit rund 30 Verbänden und Branchenvertretern in seinem Ministerium. Er sehe besonders in Städten großes Potenzial. Für den Grünen-Politiker ist der Ausbau der Fernwärmenetze eine Alternative zur Wärmepumpe, die zuletzt zum Symbol der umstrittenen Wärmewende geworden war.

„Wenn man in einem Fernwärmegebiet ist, muss man sich um seine individuelle Heizung eigentlich keinen Kopf machen“, sagte Geywitz bereits am Montagmorgen dem Sender ntv. Tatsächlich wird Fernwärme nicht im eigenen Heizungskeller erzeugt, sondern kommt aus einem Kraft- oder Heizwerk in der Umgebung. Meistens wird dort Wasser erhitzt, das dann durch isolierte Rohre in die Häuser geleitet wird.

Wenn man in einem Fernwärmegebiet ist, muss man sich um seine individuelle Heizung keinen Kopf machen.

Bauministerin Klara Geywitz (SPD)

Aktuell wird etwa jede siebte Wohnung in Deutschland mit Fernwärme beheizt, in Ostdeutschland sogar ein Drittel. Sein Vorbild sei jedoch eher Dänemark, sagte Habeck. Dort haben bereits 60 Prozent einen Fernwärmeanschluss. Erklärtes Ziel der Bundesregierung sei es daher, in Zukunft 100.000 Fernwärme-Anschlüsse pro Jahr zu garantieren.

Dafür braucht es jede Menge Infrastruktur, doch der Ausbau ist teuer. Zudem stammt die Energie aktuell noch zu rund 70 Prozent aus klimaschädlichen, fossilen Energieträgern, vor allem Kohle und Gas. In Zukunft soll die Wärme nach dem Willen von Habeck und Geywitz von Geo- und Solarthermie sowie Abwärme aus Müllverbrennungsanlagen, Rechenzentren oder aus dem Abwasser kommen.

„Wir glauben, dass Fernwärme ganz häufig eine attraktive Antwort auf die Frage der Dekarbonisierung sein kann“, sagte Habeck. Bis zum Jahre 2030 sollen die Wärmenetze daher zu mindestens 50 Prozent aus erneuerbaren Energien oder Abwärme gespeist werden.

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Anders als im Gesetzentwurf ist im Beschlusspapier von Montag jedoch keine Rede mehr von einer Pflicht. Man „strebe“ einen Anteil von 50 Prozent an, heißt es nun vorsichtiger. Am Ziel, bis 2045 komplett klimaneutral zu sein, rütteln Habeck und Geywitz jedoch nicht.

Getragen werden die Pläne der Ampel-Minister von Verbraucherschützern und Branchenvertretern. „Unsere Unternehmen stehen bereit, diese Wärmewende voranzugehen“, sagte Hansjörg Roll, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Fernwärme. Dafür brauche man jedoch sicherere Rahmenbedingungen, sagte Roll nach dem Gipfel. Eine Transformation wie die Wärmewende dürfe nicht von Bundeshaushalt zu Bundeshaushalt geplant werden.

Ähnlich äußerte sich Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft. Sie begrüßte die Stärkung der Fernwärme als „unerlässlich“, forderte aber mehr Geld von der Politik: „Wichtig für einen erfolgreichen Aus- und Umbau der Fernwärme ist aus Sicht der Energiewirtschaft insbesondere ein stabiler, planungs­sicherer und auskömmlicher Förderrahmen“, sagte Andreae und schlug dafür gesetzliche Verankerungen vor.

Die Kosten dürften nicht bei den Kunden oder Mietern abgewälzt werden, warnt dagegen Ramona Pop, Vorständin des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen. „Ausbau und Regulierung gehören zusammen“, sagte Pop, die kritisierte, dass Fernwärmebetreiber bislang eine Monopolstellung hätten und die Preise diktieren könnten. Daher will sie auch – anders als die Pläne der Bundesregierung – keine Pflicht zur Fernwärme: „Es sollte keinen Anschluss- und Benutzungszwang geben, sondern Wahlfreiheit am Markt.“

Der kommunalpolitische Sprecher der FDP, Rainer Semet, sieht eine solche Pflicht mit gemischten Gefühlen. „Bei Bestandsgebäuden lehnen wir eine Anschlusspflicht ab, bei Neubauten ist sie hingegen sehr sinnvoll“, sagte er dem Tagesspiegel. Die kommunale Wärmeplanung brauche es so schnell wie möglich. Immerhin darin sind sich SPD, Grüne und FDP einig.

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