zum Hauptinhalt
Ein neunjähriges Mädchen wird in Begleitung seiner Mutter geimpft.

© dpa/Christian Charisius

Impfungen von Kindern unter 5 Jahren nun leichter möglich?: Eine Änderung der Coronavirus-Impfverordnung sorgt für Verwirrung

Nach einer Änderung der Impfverordnung hoffen Befürworter von Off-Label-Impfungen für Kinder auf einen Durchbruch. Doch das Ministerium dementiert.

Eine Änderung der Coronavirus-Impfverordnung sorgt für einiges Aufsehen und lässt zumindest vermuten, dass Boosterimpfungen für die Impfgruppen der 5- bis 11-Jährigen, der 12- bis 17-Jährigen sowie Impfungen von Kindern unter 5 Jahren von nun an leichter möglich sein könnten. Bisher müssen Eltern, die eine solche Off-Label-Impfung für ihre Kinder wollen, einen Haftungsausschluss unterzeichnen, über dessen Rechtswirksamkeit Unklarheit herrscht.

Mit Wirkung zum 18. Dezember wurde in der Impfverordnung  ein Passus gestrichen, wonach der Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 nur „im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung oder im Rahmen nichtkommerzieller klinischer Studien“ erfolgen dürfe.

Stattdessen wurde folgende Passage eingefügt: „Die Verabreichung des Impfstoffes soll grundsätzlich im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung erfolgen. Eine davon abweichende Verabreichung kann erfolgen, wenn sie nach dem Stand der Wissenschaft medizinisch vertretbar ist oder im Rahmen nichtkommerzieller klinischer Studien erfolgt.“

Dies wird als Off-Label Use bezeichnet; es bedeutet, dass ein Fertigarzneimittel oder ein Impfstoff außerhalb des durch die Arzneimittelbehörden zugelassenen Gebrauchs verordnet oder angewendet wird. Für Ärzt:innen ist dies mit Haftungsrisiken verbunden.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Bei der Auslegung, was die Änderungen nun für die Impfpraxis bedeuten, herrscht Uneinigkeit. Auf Twitter wurde dies heute zunächst als „bahnbrechende Änderung“ bejubelt – unter anderem von der Rechtsanwältin Nina Diercks. Nach ihrer Interpretation seien damit Auffrischungsimpfungen für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Impfungen für Kinder unter 5 Jahren nicht nur abrechenbar, sondern der Bund übernehme damit auch die Haftung für eintretende Impfschäden nach § 60 Abs. 1a des Infektionsschutzgesetzes.

Auch der Hausarzt Christian Kröner schloss sich auf Twitter dieser Interpretation an. Die Vertreter:innen von „U12Schutz – Impfen für Kinder“, die sich für offizielle Impfangebote für Kinder unter 12 Jahren einsetzen, haben auf eine solche Änderung lange gewartet.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Die Initiative teilte dem Tagesspiegel heute mit, über die veranlassten Änderungen „hocherfreut“ zu sein. „Mit der heute veröffentlichen Änderung wird es endlich möglich, Kinder und Jugendliche unkompliziert mit einer Impfung zu schützen“, sagte eine Sprecherin der Initiative. Deutschland folge damit dem Vorbild Österreichs.

„Wir werden alles daran setzen, nun mehr Möglichkeiten für die Drittimpfung der Kinder und Jugendlichen und die Erstimpfung für Kinder unter fünf zu schaffen“, so die Sprecherin. „Wir hoffen, dass die Versorgung mit Impfstoff sichergestellt ist und appellieren an alle Ärzte und Kommunen, schnell und pragmatisch Impfmöglichkeiten zu schaffen.“

BMG bestätigt Haftungsübernahme bei empfohlenen Impfungen

Doch die Freude könnte verfrüht sein. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) dementierte auf Tagesspiegel-Nachfrage heute zumindest, dass die Änderung Off-Label-Kinderimpfungen umfasst. Diese würden aktuell weder von der Ständigen Impfkommission (STIKO) noch vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) empfohlen, so der BMG-Sprecher. Hier übernehme „der Arzt die volle Verantwortung“.

Die geänderte Regelung bedeute lediglich, dass STIKO- oder PEI-Empfehlungen, welche über die europäische Zulassung hinausgehen, in die Impfschadensregelung – also Haftung durch den Bund – übernommen werden.

„Das betrifft aktuell die Verkürzung der Booster-Impfung auf mindestens 3 Monate sowie heterologe (Cross) Booster mit mRNA“, so der Ministeriumssprecher. Das BMG reagierte später am Tag mit selbiger Begründung auch auf Twitter auf den Thread der Rechtsanwältin. Diercks widersprach dem Ministerium und empfahl eine Überprüfung: „Das @BMG_Bund wollte die umfassende Änderung selbst gar nicht. Sie steht dort aber nun. Nach dem Wortlaut ist die Haftungsübernahme eindeutig umfasst. Sollte das @BMG_Bund durch die Kolleg:innen prüfen lassen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false