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Auf einer Anzeigetafel im Flughafen steht der Hinweis „Schützen Sie sich und andere. Bitte tragen Sie einen Mund- und Nasen-Schutz“.

© dpa / Fabian Strauch

„Wir werden die Lage im Griff haben“: Bundestag beschließt neue Corona-Regeln für den Herbst

Die Ampel sieht sich durch die Änderungen des Infektionsschutzgesetzes gut auf den kommenden Herbst vorbereitet. Aus der Opposition hagelt es heftige Kritik.

Täglich grüßt das Murmeltier: Die kalte Jahreszeit naht, die Diskussionen darüber, welche Maßnahmen nötig sein werden, um das Coronavirus in Schach zu halten, nehmen wieder zu.

Auch den Bundestag beschäftigen die Corona-Maßnahmen für Herbst und Winter in der ersten Sitzungswoche nach der Sommerpause. Mit den Stimmen von SPD, FDP und den Grünen wurde am Donnerstag die Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen, das ab Oktober gelten soll.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) skizzierte drei mögliche Szenarien für Deutschland: Eine leichte, eine mittelschwere und eine schwere Coronavirus-Welle. Am wahrscheinlichsten sei die mittelschwere, sagte er - was wirklich auf das Land zukomme, sei nicht vorhersehbar.

Doch Lauterbach, der die Debatte um das Infektionsschutzgesetz im Parlament am Donnerstag eröffnete, zeigte sich optimistisch: „Egal, was kommen wird, wir werden sehr gut vorbereitet sein und die Lage im Griff haben“, sagte er.

„Wir sind mit Impfstoffen ausgestattet, es gibt eine bessere Arzneimitteltherapie und wir haben die beste Datenlage denn je. Darüber hinaus können wir mit unserem Infektionsschutzgesetz auf alles mit einer zielgenauen Anpassung reagieren.“

„Dass jeden Tag 100 Menschen an Corona sterben, das darf nicht Normalität werden“

Doch der Minister mahnte: „Dass jeden Tag 100 Menschen an Corona sterben, das darf nicht Normalität werden, daran dürfen wir uns nicht gewöhnen.“ Der Redebeitrag Lauterbachs wurde von Buh-Rufen aus der AfD-Fraktion gestört, Zwischenfragen ihrer Abgeordneten verbat er sich. Die Koalition gehe mit der Wissenschaft, niederträchtige Bemerkungen von Seiten der AfD seien ihm egal: „Allen können wir es nicht erklären.“

Aus der Opposition hagelte es erwartungsgemäß Kritik an dem von der Ampel vorgelegten Entwurf. Der CDU-Gesundheitsexperte Tino Sorge etwa warf der Regierung „schwere handwerkliche Mängel“ vor und sprach von „halbgaren Kompromissen“, die zu einem „Wirrwarr im Herbst“ führen würden. Die Ampel-Koalition habe ein geordnetes Verfahren versprochen, nun liefere sie stattdessen Chaos am Verhandlungstisch. Auch Kathrin Vogler von den Linken kritisierte das Gesetz als unplausibel.

„Wir hatten gehofft, dass mit einem Karl Lauterbach als Gesundheitsminister mal nicht erst auf den letzten Drücker ein halbgares Maßnahmen-Murks-Paket durch das Parlament gepeitscht wird, sondern dass frühzeitig geplant und sorgfältig beraten wird“, tadelte Vogler die Corona-Politik der Ampel: „Im Juli 2022 sind 3000 Menschen an Corona gestorben mehr als in den Jahren zuvor, trotzdem gibt es kein Konzept, wer soll das verstehen?“

Für eine große Kontroverse sorgte die Tatsache, dass die Maskenpflicht zwar in Flugzeugen, nicht aber in Bahn und Nahverkehr entfallen wird. Vogler warf der Ampel im Zuge dessen Lobbyismushörigkeit vor: „Was ist das für eine Regierung, in der sich der Finanzminister von Porsche die E-Fuels in den Koalitionsvertrag schreiben lässt, der Wirtschaftsminister sich die Gasumlage von den Energiekonzernen diktieren lässt und der Gesundheitsminister vor der Luftverkehrslobby einknickt?“

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen argumentierte damit, dass der grenzüberschreitende Flugverkehr aus Gründen der Nachvollziehbarkeit an Europa angepasst werden müsste, rief jedoch in seiner Funktion als Mediziner dazu auf, die Maske auch über den Wolken weiterhin zu tragen.

Die AfD hatte für die Debatte tief in die stilistische Trickkiste gegriffen und ihren siebenminütigen Redeanteil in jeweils einminütige Beiträge unterteilt, in denen sie ein ums andere Mal Beispiele zitierten, bei denen einzelne Menschen erheblich unter Corona-Vorschriften gelitten haben sollen. Mit den Worten „Geben Sie den Menschen ihre Freiheit und ihre Eigenverantwortung zurück“, ließen sie diese jeweils enden.

Den SPD-Politiker Andreas Philippi brachten dieser dramaturgische Kniff und das Gebaren der AfD-Fraktion zur Weißglut: „Sie nehmen billigend in Kauf, dass Menschen sterben, sie hassen dieses Land, sie sind vaterlandslose Gesellen“, brach es aus dem Mediziner heraus. Ein Rüffel des Bundestagspräsidenten Wolfgang Kubicki folgte auf dem Fuß, sich mit derlei Begriffen zu traktieren zieme sich im Bundestag nicht.

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