zum Hauptinhalt
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, und Bundeskanzler Olaf Scholz (r.).

© dpa/Christoph Soeder

Debatte nach Selenskyjs Besuch: Soll Deutschland für Kampfjet-Lieferungen werben?

Der ukrainische Präsident bat in Berlin um politische Unterstützung für eine „Kampfjet-Koalition“. Den Grünen ist Kanzler Scholz in dieser Frage zu passiv.

Von Hans Monath

Einen Tag nach seinem Besuch in Berlin sieht der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Fortschritte beim Versuch seines Landes, durch eine gemeinsame Anstrengung westlicher Länder Kampfjets vom Typ F-16 zu erhalten. „Wir wollen diese Jet-Koalition aufbauen, und ich bin sehr positiv gestimmt“, sagte Selenskyj nach einem Treffen mit dem britischen Premierminister Rishi Sunak auf dem Landsitz Chequer nahe London. „Wir haben darüber gesprochen, und ich denke, dass Sie in allernächster Zeit dazu etwas hören werden.“

In Berlin hatte der Präsident am Sonntag um politische Unterstützung der Bundesregierung beim Aufbau einer „Kampfjet-Koalition“ gebeten. Die Bundeswehr nutzt selbst keine F-16-Flugzeuge und kommt deshalb auch nicht als Lieferant infrage. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zurückhaltend auf Selenskyjs Bitte reagiert. In der Ampelkoalition gibt es unterschiedliche Vorstellungen darüber, welche Rolle Deutschland spielen soll: Vertreter von Grünen forderten eine aktive Politik, die FDP erklärte diese für unnötig.

Sunak sagte, Großbritannien wolle ukrainische Piloten an westlichen Jets ausbilden. Die Lieferungen selbst seien aber nicht einfach. „Es geht nicht nur um die Bereitstellung von Flugzeugen, sondern auch um die Ausbildung von Piloten und die gesamte damit verbundene Logistik, und Großbritannien kann dabei eine große Rolle spielen“, sagte Sunak.

Ich wäre da nicht so zurückhaltend wie der Bundeskanzler.

Sara Nanni, Sicherheitspolitikerin der Grünen-Bundestagsfraktion

Wichtig sind die Kampfjets vor allem für eine strategische Luftüberlegenheit bei der geplanten Offensive, wie der Experte Maximilian Terhalle, Gastprofessor an der London School of Economics, der Deutschen Presse-Agentur sagte. „Für das russisch besetzte, ukrainische Territorium besteht solche Hoheit bisher nicht. Im Gegenteil: Die russische Luftwaffe fühlt sich dort sicher und birgt die Gefahr, die ukrainische Bodenoffensive zu gefährden.“ Terhalle mahnte umfassende Unterstützung an. Ansonsten könne die Ukraine ihre Offensive nicht mit voller Kraft führen.

Die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Sara Nanni, erklärte Selenskyjs Bitte um politische Unterstützung für berechtigt. „Ich wäre da nicht so zurückhaltend wie der Bundeskanzler. Deutschland sollte seinen Partnern gegenüber zum Ausdruck bringen, dass diese Unterstützung der Ukraine sinnvoll ist“, sagte sie dem Tagesspiegel.

Auch der Vorsitzende des Europaausschusses, Anton Hofreiter (Grüne), sprach sich für eine politische Unterstützung aus. Kampfflugzeuge könnten der Ukraine helfen, sich gegen russische Angriffe zu verteidigen und besetzte Gebiete zurückzugewinnen, sagte er: F-16-Kampfflugzeuge „würden eine Fähigkeitslücke der ukrainischen Armee füllen“.

Der verteidigungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Alexander Müller, forderte, die Bundesregierung solle sich „international weiterhin dafür einsetzen, dass die Ukraine die Unterstützung bekommt, die sie zur Verteidigung gegen den russischen Aggressor braucht“. Als zukünftiger Mitgliedstaat der EU und der Nato gehörten „absehbar auch Kampfflugzeuge westlicher Bauart zur Ausstattung der ukrainischen Armee“. In der konkreten Frage der F-16-Kampfflugzeuge müssten die USA „eine strategische Entscheidung treffen“, welche Systeme die beste Unterstützung der Ukraine gewährleisten. „Dafür braucht es kein öffentliches deutsches Drängen“, fügte er hinzu.

Die Union forderte dagegen eine aktive Rolle Berlins bei der Lieferung der Flugzeuge. „Deutschland sollte die geforderte Führungsrolle annehmen und aktiv an einer F-16-Allianz mitwirken und die USA davon überzeugen, dass die Lieferung von Kampfflugzeugen ein qualitativer Mehrgewinn für die Ukraine wäre und somit das Gefecht der verbundenen Waffen zur erfolgreichen Befreiung ukrainischen Territoriums unterstützen würde“, sagte der Außenpolitiker Roderich Kiesewetter (CDU) dem Tagesspiegel.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false