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Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Michael Müller (SPD), der frühere Regierender Bürgermeister von Berlin, bei einer Videokonferenz im Jahr 2021.

© picture alliance/dpa/Bundesregierung / Steffen Kugler

Exklusiv

Bund-Länder-Treffen zu Corona: Regierung will Protokolle öffentlich machen

Erst sollten die Dokumente vertraulich bleiben, doch ein Gericht entschied anders. Rechtsmittel dagegen zieht das Kanzleramt jetzt zurück

Das Bundeskanzleramt gibt seinen Widerstand gegen die Herausgabe der Protokolle der Bund-Länder-Konferenzen zur Corona-Pandemiepolitik auf. Wie das Kanzleramt in einem Schreiben an das Berliner Verwaltungsgericht darlegt, will es entgegen ursprünglicher Absicht einen Rechtsstreit mit dem Tagesspiegel um Offenlegung der Dokumente nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) nicht weiter fortsetzen.

Ein zunächst gestellter Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein der Tagesspiegel-Klage stattgebendes Urteil des Verwaltungsgericht wurde zurückgenommen. Eine Stellungnahme der Regierung zu diesem Positionswechsel gab es zunächst nicht.

Der Tagesspiegel klagte nach dem Informationsfreiheitsgesetz

Damit wird das Urteil aus der ersten Instanz rechtskräftig (VG 2 K 155/22). Demnach ist das Kanzleramt verpflichtet, fünf Sitzungsprotokolle insbesondere aus der Lockdown-Zeit im Frühjahr 2020 herauszugeben. Nach dem IFG müssen amtliche Informationen von Behörden für die Öffentlichkeit grundsätzlich zugänglich sein, auch solche des Kanzleramts. Verweigert werden darf das nur, wenn Behörden tragfähige Ausschlussgründe darlegen können. Dies kann gerichtlich überprüft werden.

Die Treffen der Regierungschefs aus Bund und Ländern dienten zur Koordination der Schutzmaßnahmen in den Pandemiejahren 2020 und 2021. Wie die frühere Kanzlerin Angela Merkel (CDU), verfolgte zunächst auch die neuen Regierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Linie, die damaligen Aufzeichnungen unter Verschluss zu halten.

Die Regierung fürchtet eine „ungewollte Dynamik“ in der Diskussion um die Pandemiepolitik

Im Prozess hatte die Regierung damit argumentiert, die Kurzprotokolle seien nur zur internen Unterrichtung innerhalb des Bundeskanzleramts angefertigt worden. Es seien zum einen Ergebnisse, teilweise aber auch Zwischenstände oder Beratungsabläufe enthalten. Das Kanzleramt hatte befürchtet, es könne nach Bekanntwerden in der Öffentlichkeit eine „ungewollte Dynamik“ einsetzen und ein „Rechtfertigungsdruck“ erzeugt werden; die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hätten bei den Konferenzen nicht damit rechnen müssen, dass ihre Redebeiträge öffentlich würden. Sie könnten künftig davon Abstand nehmen, Vorschläge einzubringen, hieß es.

In seinem Urteil war das Verwaltungsgericht der Ansicht des Kanzleramts entgegengetreten, dass die Beratungen noch förmlich andauern könnten. Vielmehr habe es sich um ein „situationsbezogenes Format“ gehandelt, das „nach Lage der Pandemie“ einberufen und mittlerweile eingestellt worden sei. Es gebe daher „keinen Dauer-Beratungsprozess“, der besonderen Schutz erfordere.

Dass die Herausgabe der Protokolle künftige Beratungen zur Corona-Politik beeinträchtige, konnte das Gericht ebenfalls nicht erkennen. Eine Begründung dafür sei nur „schlagwortartig“ erfolgt. Die Dynamik des Pandemiegeschehens rechtfertige die Zurückbehaltung gerade nicht: „Die Beklagte lässt bei ihrer Prognose außer Acht, dass künftige Beratungen wegen des Impffortschritts und neuer Virusvarianten auf geänderte Umstände treffen“, heißt es im Urteil. Wann die Einsichtnahme ermöglicht wird, teilte das Bundeskanzleramt zunächst noch nicht mit.     

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