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Auf einem Marktplatz in Deutschland tragen manche Besucher eine Mund-Nasenschutz-Maske

© imago images/Sabine Gudath

Update

„Die Hotspot-Regeln sind viel zu schwammig“: Bayerischer Gesundheitsminister fordert Maskenpflicht bis Anfang Mai

Der Beschluss des Bundes, die Corona-Regeln weitgehend zu lockern, stößt vielen Landesregierungen sauer auf. Sie fordern Klarheit zu künftigen Maßnahmen.

Die Hotspot-Regel für schärfere Corona-Maßnahmen sorgt weiter für Diskussionen in den Bundesländern. In den Landesregierungen herrscht große Uneinigkeit in der Frage, ob die rechtlichen Voraussetzungen zur Feststellung von Hotspots derzeit erfüllt sind oder nicht. So hat Mecklenburg-Vorpommern bereits das ganze Land bis Ende April zum Hotspot erklärt. Hamburg hat dasselbe vor, obwohl der Stadtstaat die bundesweit niedrigste Inzidenz hat.

Bayern hat angesichts der hohen Corona-Neuinfektionen eine Verlängerung der Maskenpflicht in Innenräumen gefordert. Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte der „Augsburger Allgemeinen“: „Ich fände gut, wenn wir nach dem 2. April bundesweit noch vier Wochen Maskenpflicht in Innenräumen haben würden.“ Danach könne die Lage neu beurteilt werden.

Gemeinsam mit Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland hatte das Bundesland den Bund am Freitag aufgefordert, offene Fragen zur Umsetzung der Hotspot-Regelung schnell zu klären. Dazu wurde eine Sondersitzung der Gesundheitsministerkonferenz beantragt, die am Montag stattfinden soll. Die bisherigen Kriterien für die Ausweisung eines Corona-Hotspots seien nicht rechtssicher und unklar.

Derweil rechnet die Deutsche Krankenhausgesellschaft mit einer steigenden Zahl an Intensivpatienten. Die Maskenpflicht gilt ab kommenden Sonntag nur noch in öffentlichen Verkehrsmitteln und Einrichtungen mit vulnerablen Menschen. Holetschek sagte, sie sollte seiner Meinung nach auch im Handel und in Freizeiteinrichtungen fortbestehen.

Der Vorstandsvorsitzende der Krankenhausgesellschaft, Gaß, sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerk Deutschland, die Situation für Kliniken sei vor allem durch Personalausfälle hochproblematisch. „Drei von vier Krankenhäusern müssen Leistungen einschränken, weil Personal ausfällt.“ Dies liege an „Infektionen, Quarantäne oder Betreuung von positiv getesteten Kindern“.

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Mit Blick auf die Gesundheitsministerkonferenz am Montag forderte Bayern vom Bund entweder bundesweit einheitliche Kriterien für die Anwendung der Hotspot-Regel oder eine Verlängerung der Übergangsfrist. „Die Hotspot-Regeln sind viel zu schwammig und ermöglichen uns keine rechtssichere Umsetzung“, sagte Holetschek.

Am Wochenende überschritt die bundesweite Zahl der nachgewiesenen Corona-Infektionen seit Beginn der Pandemie die Marke von 20 Millionen. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab den Wert Sieben-Tage-Inzidenz bei Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner am Sonntag mit 1723,8 an und damit etwas niedriger als am Vortag (1758,4) - allerdings sind darin keine Daten aus Baden-Württemberg und Brandenburg enthalten.

Die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen lag am Sonntag mit 111.224 um gut 20.000 unter dem Wert der Vorwoche. Am Samstag wurden 252.026 Neuinfektionen gemeldet. Die Gesamtzahl der Corona-Toten in Deutschland erhöhte sich auf 128.437.

Lauterbach: Hotspot-Regelung in den Ländern nutzen

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bei einer Bundespressekonferenz zur aktuellen Corona-Lage
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bei einer Bundespressekonferenz zur aktuellen Corona-Lage

© REUTERS/Annegret Hilse/File Photo

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte die Länder aufgerufen, die verbliebenen Möglichkeiten zur Corona-Eindämmung zu nutzen, auch die Hotspot-Regelung. Eine dafür festzustellende Überlastung des Gesundheitswesens könne an konkreten Kriterien bemessen werden - etwa wenn planbare Operationen verschoben oder Patienten verlegt werden müssten, sagte der SPD-Politiker am Freitag. Bundesweite Regeln seien nicht mehr möglich, da nicht in ganz Deutschland eine Überlastung des Gesundheitssystems bestehe.

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Schon der Beschluss der Bundesregierung, die meisten Corona-Regeln aufzuheben, war in den Ländern auf breiten Protest gestoßen. Nach einer Übergangsfrist bis zum 2. April können sie weitergehende Beschränkungen mit mehr Maskenpflichten und Zugangsregeln nur noch verhängen, wenn das Landesparlament für Hotspots eine kritische Lage feststellt.

Schwellenwerte, wann dies greifen soll, gibt es nicht. Lauterbach kündigte an, bei der Gesundheitsministerkonferenz am Montag solle mit den Ländern darüber gesprochen werden, die Hotspot-Regelung gangbar zu machen.

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Die stellvertretende Vorsitzendes des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), Elke Bruns-Philipps, warnte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Die Pandemiebekämpfung darf nach dem 2. April nicht zu einem unüberschaubaren Flickenteppich führen.“

Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, sagte dem Portal „t-online“, leider sei der Instrumentenkasten im Infektionsschutzgesetz beschnitten worden. „In Anbetracht der nach wie vor ansteigenden Infektionszahlen ist die Regelung zu den Hotspots zu umständlich.“ Er fordert mehr Entscheidungsfreiheit für die Landkreise. Die Situation in den Ländern im Überblick:

Hotspots geplant: Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern

In Mecklenburg-Vorpommern gilt das gesamte Bundesland bis zum 27. April als Hotspot. Das hat der Landtag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von SPD und Linke sowie der Grünen beschlossen. Konkret bleiben das Abstandsgebot, die Maskenpflicht in Innenbereichen und die Testpflicht für Ungeimpfte in Hotels und Restaurants bestehen.

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In Hamburg plant die rot-grüne Koalition ebenfalls, die ganze Stadt zu einem Hotspot zu erklären und so eine allgemeine Maskenpflicht in Innenräumen, auch im Einzelhandel, für zunächst vier Wochen zu ermöglichen. Einen entsprechenden Antrag von SPD und Grünen soll die Bürgerschaft kommende Woche beschließen. Auch CDU und Linke sind für eine Beibehaltung der Maskenpflicht.

Entscheidung offen: Bayern, Brandenburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Thüringen

In Bayern und Brandenburg wollen die Regierungen am Dienstag darüber beraten, wie es über den 2. April hinaus mit den Corona-Regeln weitergeht. Die bayerische Staatsregierung forderte bereits eine Klarstellung vom Bund, um die Hotspot-Regelung gegebenenfalls rechtssicher anwenden zu können.

Aus Hessen heißt es, die Vorgaben für die Feststellung von Hotspots seien so hoch, dass sie nach Einschätzung der Landesregierung faktisch ins Leere laufen. Die derzeitige Lage lasse eine rechtssichere Regelung nicht erkennen.

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Auch in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein stehen Beratungen dazu noch aus. Die Kieler Regierung will dabei auch eine erneute Anhörung des eigenen Expertenrats berücksichtigen.

In Thüringen würde die rot-rot-grüne Minderheitsregierung die Maßnahmen gerne verlängern. Die CDU machte aber zuletzt klar, dass sie Hotspot-Regeln weder für das Bundesland noch für einzelne Landkreise mittragen wolle. Eine Mehrheit im Landtag für die Verlängerung ist daher unwahrscheinlich.

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Hotspots derzeit in acht Bundesländern nicht geplant

In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen haben die Landtage Anträge, das ganze Land zum Hotspot zu erklären, bereits abgelehnt. Die grün-schwarze Koalition in Stuttgart hält das Ende der Maßnahmen zwar für einen Fehler. Jedoch sehen Grüne und CDU keine rechtliche Grundlage mehr für eine landesweite Verlängerung von Maskenpflicht und Zugangsbeschränkungen.

Ähnlich argumentiert die Regierung in Niedersachsen. „Sowie wir eine Chance sehen, eine rechtssichere Hotspot-Regelung in Niedersachsen zu schaffen, werden wir sie dem Landtag vorlegen“, sagte Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD). Derzeit sehe man diese Chance jedoch nicht.

Im schwarz-rot-gelb regierten Sachsen-Anhalt lehnen CDU und FDP eine Verlängerung der Corona-Maßnahmen ab. In Sachsen hat sich die Regierung darauf verständigt, dass es von Anfang April an bei Basisschutzmaßnahmen bleiben soll.

Auch in Berlin, Bremen und im Saarland stellt man sich auf ein Ende der meisten Schutzmaßnahmen ein - auch weil es derzeit kaum Möglichkeiten für eine Hotspot-Regelung gebe, wie ein Sprecher der Regierung in Saarbrücken sagte. (dpa, AFP)

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