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Politik: Armee gegen Gewalttäter

Südafrikas Tourismusindustrie hofft auf ein kurzes Gedächtnis der Gäste

Gerade schienen die Organisatoren der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika nach landesweiten Stromausfällen das Gröbste in den Griff zu bekommen, da kommt das nächste Unheil: Die schrecklicher Bilder von der Gewalt in Johannesburg, die seit zehn Tagen um den Globus zirkulierten, haben den Ruf des Landes ramponiert und sowohl Regierung wie Geschäftswelt in Aufregung versetzt.

Wie ernst die Lage ist, wird daran deutlich, dass Südafrikas Präsident Thabo Mbeki nach der Eskalation der fremdenfeindlichen Gewalt mit 43 Toten, hunderten Verletzten und tausenden Vertriebenen nun einen teilweisen Einsatz der Armee angeordnet hat. Sie soll die Polizei mit Ausrüstung und im Bedarfsfall personell unterstützen. Rund 10 000 Mosambikaner haben inzwischen das Land in Bussen fluchtartig verlassen.

Die Entscheidung, die Armee in Gang zu setzen, ist symbolträchtig: Es ist das erste Mal seit dem Ende der Apartheid, dass Soldaten zur Aufrechterhaltung der Ordnung in Townships entsandt werden. Die vor allem gegen Zuwanderer aus Afrika gerichtete Gewalt hatte vor zehn Tagen im Johannesburger Township Alexandra begonnen und von dort auf umliegende schwarze Wohngebiete übergegriffen. Inzwischen sind die Unruhen, allerdings in weit geringerer Intensität, auch in weiteren Provinzen aufgeflammt.

Derweil steigt die Sorge um die Folgen der Unruhen für den Tourismus sowie die für 2010 geplante Fußball-WM. Auch die nationale Randwährung verlor an Wert – ein Indiz dafür, dass immer mehr Ausländer ihr Geld aus der Kaprepublik abziehen. Danny Jordaan, Chef des WM-Organisationskomitees, sagt, die Gewalt stehe in krassem Gegensatz zur Idee eines völkerverbindenden Sportspektakels. Die Übergriffe könnten den Ruf des Landes nachhaltig schädigen. „Wir müssen deshalb dafür sorgen, dass die Gewalt umgehend ein Ende findet“, sagte auch Verbandschef Raymond Hack.

Besonders stark könnte der Tourismus unter den Auswirkungen der Gewalt leiden. Dieser steuert rund acht Prozent zum Sozialprodukt bei und beschäftigt mehr als eine Million Menschen. Vor allem Touristen aus afrikanischen Staaten, die mit Abstand größte Besuchergruppe, könnten von einer Visite Südafrikas abgehalten werden. Jedoch sei den meisten Besuchern das Ausmaß der Gewalt bekannt, zum anderen können die meisten zwischen Gewalt in Townships und sicheren Touristenzielen unterscheiden, zu denen etwa der Krügerpark oder Kapstadt zählen, heißt es aus Kreisen der Industrie. Sollte die Regierung rasch Ruhe und Ordnung wiederherstellen, dürften die Ereignisse schnell vergessen sein. Andernfalls drohe der Industrie jedoch ein Waterloo.

Moeletsi Mbeki, der stellvertretende Vorsitzende des Instituts für internationale Angelegenheiten und Bruder des Präsidenten, warnte davor die Krise zu unterschätzen. In einem Fernsehinterview sagte er, die Ursachen für die Gewalt lägen in den vielen Versäumnissen der Regierung in den vergangenen zehn Jahren. In gleiche Kerbe schlägt Frans Cronje, Vizepräsident des Instituts für Rassenbeziehungen in Johannesburg. Nach seiner Einschätzung hat eine ineffiziente Regierungsführung einen Mix aus Gesetzlosigkeit, Armut und unerfüllten Zukunftserwartungen geschaffen, der sich nun gewalttätig entlade. Eine Regierung könne einen Nachbarstaat wie Simbabwe eben nicht jahrelang ungestraft ausbluten lassen und naiv darauf hoffen, dass sich die Millionen simbabwischer Flüchtlinge auf wundersame Weise harmonisch in die Gesellschaft am Kap eingliederten, zumal dort die Hälfte aller jungen Schwarzen keinen Job hätte.

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