Vergessene Helden & ausgegrenzte Fußballer: Fotograf Omar Victor Diop porträtiert Schwarze Geschichte
Umgekehrte Perspektive: Der senegalesische Künstler zeigt seine drei Werkgruppen Diaspora, Liberty und Allegoria in der Fotografiska in Berlin.
An welche historischen Ereignisse erinnert man sich? Welche Kämpfe und Siege stehen in den Geschichtsbüchern von heute? Und welche nicht?
Omar Victor Diop besinnt sich in seinen Fotografien auf diejenigen, die immer wieder vergessen werden. Sein Ziel ist es, Erfahrungen von Schwarzen Menschen in den Mittelpunkt zu stellen – Perspektiven, die im westlichen Diskurs lange ignoriert wurden.
Fußball als Beispiel für westliche Doppelmoral
In seiner Werkgruppe „Diaspora“ (2014) widmet sich der senegalesische Künstler der Neuformulierung der Geschichte. Dabei lässt er sich von westlichen Porträts aus dem 15. bis 19. Jahrhundert inspirieren, die eine Vielzahl Schwarzer Persönlichkeiten zeigen. Sie arbeiteten in der Wissenschaft, der Politik, berieten Könige, schufen Kunst und fehlen dennoch in konventionellen Erzählungen. Der Grund für diese Lücke in unserem kollektiven europäischen Gedächtnis ist ebenso eindeutig wie verheerend: Rassismus.
Mit seinen Fotografien orientiert sich Diop an der kunsthistorischen Praxis der Selbstdarstellung, – eine eurozentrische Tradition. Indem er die auf historischen Gemälden basierenden Selbstporträts mit zeitgenössischen Bezügen versieht, zieht er einen Vergleich zur Gegenwart.
Immer wieder tauchen dabei Fußball-Motive auf – eine rote Karte, Bälle, eine Trillerpfeife, Torwarthandschuhe. Fußball sei nämlich ein Paradebeispiel dafür, dass Schwarze Personen gefeiert und gleichzeitig ausgegrenzt und stigmatisiert werden, sagt der Fotograf. Zum Beispiel, wenn Bananenschalen geworfen und Affenlaute imitiert werden oder sich darüber mokiert wird, dass in der französischen Fußballnationalmannschaft mehr Schwarze als weiße Spieler vertreten sind.
Das Selbstporträt ist für mich zu einer Möglichkeit geworden, historische Figuren zu verkörpern, die für aktuelle gesellschaftliche Diskussionen wichtig und relevant sind. Für mich unterstreicht es die Tatsache, dass ich einer von ihnen hätte sein können.
Fotograf Omar Victor Diop über seine Arbeit
Neben „Diaspora“ zeigt die Ausstellung in der Fotografiska auch die nachfolgenden Projekte „Liberty“ (2017) und „Allegoria“ (2021). In Ersterer interpretiert der stark konzeptionell arbeitende Künstler bedeutende Momente der Revolte Schwarzer Menschen – vom sogenannten „Women’s War“ in Nigeria über die Anti-Apartheid-Kämpfe in Südafrika bis hin zu den Bürgerrechtskampagnen in den USA der 1960er Jahre und aktuellen Balck-Lives-Matter-Bewegungen.
Die Klimakrise bedroht die Schönheit des Planeten
Mit seiner jüngsten und bisher symbolträchtigsten Inszenierung richtet Diop seinen Blick in die Zukunft statt wie so oft in die Vergangenheit. Auf fantasievolle Weise befasst sich der Künstler mit der Klimakrise und ihren Auswirkungen auf den globalen Süden, insbesondere auf Afrika. Ein Kontinent, der vergleichsweise wenig Emissionen ausstößt und gleichzeitig besonders stark von den Folgen der Erderwärmung betroffen ist.
Ziemlich düstere Aussichten, die durch paradiesische Bilder, ausgeschmückt mit farbenfroher Flora und Fauna, zu hoffnungsvollen Zukunftsvisionen mutieren.
Getragen von Diops faszinierender Mischung aus Kunst-, Mode-, Design- und Porträtfotografie nutzt er Ästhetik und Symbolik, um elementare Botschaften zu vermitteln: Die Schönheit des Planeten ist ein schützenswertes Gut und die Leistungen von mutigen Freiheitskämpfern und widerständigen Heldinnen sind Geschichten, die es zu erzählen gilt.
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