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Auch Eltern und Kinder machen Erfahrung mit Diskriminierung

© dpa / picture alliance / Andreas Geber

Warnung vor Benachteiligung: Auch Alte, Eltern und Kinder werden diskriminiert - das darf angesprochen werden

Die Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman hat Recht, auf diese Gruppen hinzuweisen

Es ist schon krass: Einerlei, was die Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung, Ferda Ataman, sagt – es wird ganz schnell gegen sie gewendet. Man ist versucht zu sagen: Da wird jemand diskriminiert. Aber das würde den Blick auf das, was Ataman sagen will, worauf sie hinweisen will, nur durch eine Sottise verstellen. Witzig ist daran sowieso nichts. Ja, richtig ist, um das vorauszuschicken: Wenn eine Mehrheit eine Minderheitengruppe zum Beispiel herabwürdigt, dann wird man sicher übereinstimmend von Diskriminierung sprechen. Wer irgendwann irgendwie eine Bemerkung zu irgendwas ertragen musste, wird dagegen noch nicht gleich grundlegend diskriminiert.

Geringschätzung ist auch eine Gefahr

Viele haben diese Erfahrung gemacht. Deshalb muss in ihrem Sinn vor dieser Gefahr gewarnt werden: zu unterschätzen, gering zu schätzen, wie viele Bürger.innen betroffen sind und sein können. Ataman hat so gesehen doch recht, den Blick für den Alltag zu schärfen. Das geht besser durch, nennen wir es: Pointierung, Zuspitzung, Auf-den-Punkt-bringen, in Überschriften denken.

Bei Zeitungen, am Rande erwähnt, ist das vom Verfassungsgericht in der Vergangenheit auch einmal für zulässig erklärt worden. Also, laut Umfragen haben 16 Prozent der Bürger:innen in den zurückliegenden Jahren Diskriminierung erfahren. Das seien „hochgerechnet 13 Millionen Menschen“, sagt Ataman dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Keine kleine Zahl, oder?

Auch Altersdiskriminierung ist ein Phänomen

Frauen, Menschen mit Behinderung (oder besser: Beeinträchtigung), Menschen aus Einwandererfamilien, queere Menschen – sie alle können ein garstig Lied davon singen. Alles und alle zusammengenommen kommt man bestimmt auf mehr als 16 Prozent, eher auf 60. Zumal ja auch noch das Thema der Altersdiskriminierung auf uns zukommt. Mit dem durchschnittlichen Alter der Gesellschaft nimmt die logischerweise auch zu. Wer über 60 ist, die und der bekommt deswegen schon mal was zu hören – und beileibe nicht so leicht den Job, den sie oder er gerne hätten. Oder behielten.

Noch eine Gruppe spricht Ataman an, und dafür ist ihr ausdrücklich zu danken in dieser alternden Gesellschaft: Auch zwischen den Lebensphasen „kann man Diskriminierung erfahren, weil man Kinder bekommt, Eltern pflegt oder chronisch krank wird“. Wer soll aussprechen, wenn nicht die Antidiskriminierungsbeauftragte? Wer, wenn nicht sie, kann das mit Widerhall tun? Und sei es, dass alle Seiten das Gesagte erst einmal sehr unterschiedlich aufnehmen.

Rente, Pflege, Elternzeit – ein Blick auf den Aspekt Diskriminierung schadet beim Regierungshandeln nicht, im Gegenteil. Man könnte auch sagen, dass das zur Gerechtigkeit gehört, der sozialen. Das gilt übrigens genauso für den Hinweis, dass es zwischen West und Ost mehr als drei Jahrzehnte nach der Einheit noch immer ein Gefälle in Lohn und Position gibt.

Wer da von Alarmismus spricht, wie die Union, redet leichtfertiger als die Beauftragte. Wer ihre Warnung zum Zerrbild erklärt, neigt selbst zur verzerrten Wahrnehmung. Es ist nur so, dass, wer verändern will, vorher die Wirklichkeit auf sich wirken lassen muss.

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