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Matthias Platzeck.

© Oliver Mehlis/dpa

Platzeck und der Flughafenskandal: Politik der aufgelegten Hand

Der „Spiegel“ schrieb im Jahr 2003 über den Regierungschef der Brandenburger: „Matthias Platzeck, das fröhlichste Placebo, das den Märkern je verabreicht wurde.“ Dem ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen; es sei denn, dass das mit dem fröhlich so nicht mehr stimmt.

Placebo-Platzeck, der Dauerlächler, der Brandenburgerumarmer – das klebt an ihm. Das beschreibt aber auch, was Brandenburger dennoch als Regiertwerden empfinden: Es passiert nichts oder nicht viel, aber das auf ganz angenehme Art. Und der Platzeck, ach: Ein Netter! Placebo heißt ja: „Ich werde gefallen.“ Bei den meisten Brandenburgern wirkt dieser Placebo-Effekt – noch.

Der Regierungschef, der sich in der Ahnenfolge zu seinem Vorgänger Manfred Stolpe auch gern als Kümmerer beschrieben sieht, ist aber genau das nicht. Er kümmert sich nicht um das, was wichtig ist. Es kümmert ihn auch nicht, jedenfalls nicht öffentlich, dass er beim Flughafen als Vertreter der Miteigentümer – nämlich aller Brandenburger – voll versagte. Es kümmert ihn auch nicht, dass Tausende Brandenburger südlich von Berlin von der Flughafengesellschaft um den gesetzlichen Schallschutz betrogen wurden. Nur am Rande: Die Flughafengesellschaft gehört zu mehr als einem Drittel dem Land Brandenburg und dem Aufsichtsrat sitzen Platzeck und sein Berliner Amtsbruder Klaus Wowereit vor. Er ist also direkt verantwortlich. Und als Politiker und als Aufsichtsrat nichts zu merken, ist die höchste Form des Versagens. Platzeck und sein Umfeld reden dies alles gern klein – machen daraus ein Luxusproblem von ein paar Brandenburgern in einer ohnehin privilegierten Speckgürtellage – und noch schlimmer: von Berlinern. Den armen Rest des Landes tangiere das nicht. Und der Flughafen – unkalkulierbare Mehrkosten hin oder her – werde eine Erfolgsgeschichte. Letzter Ausweg aus der Gegenwart: Heilsversprechen und Futur.

Was also interessiert Prignitzer, Uckermärker oder Cottbusser dieser Speckgürtelflughafen? Vielleicht nicht viel. Aber er kostest sie viel: Hunderte Millionen, wenn nicht gar Milliarden Euro. Platzeck, der sich gern zum Opfer macht („hätte misstrauischer sein müssen“ – als sei er nur der Pförtner), sollte sich mal wieder kümmern. Um Aufklärung beispielsweise. Er könnte seinen Brandenburgern erklären, dass die Unsummen, die die Skandale mehr kosten, auch in Schulen und Universitäten fehlen werden und in der Peripherie – also dort, wo es schon heute mangelt. Er würde offenbaren: Sein Nichtkümmern geht zu Lasten aller Brandenburger.

Kanzler Gerhard Schröder versprach einst die Politik der ruhigen Hand. Platzeck legt sie nur noch auf. Doch aus der Quacksalberei ist bekannt: Placebos schaden, wenn es um echte Leiden geht.

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