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Leserbrief zu „Gott gehorchen, nicht den Menschen“: Mehrheiten

Zu „Gott gehorchen, nicht den Menschen“ und Leserpost vom 15. August 14 000 Unterschriften in nur drei Monaten gegen die Garnisonkirche.

Zu „Gott gehorchen, nicht den Menschen“ und Leserpost vom 15. August

14 000 Unterschriften in nur drei Monaten gegen die Garnisonkirche. Das sieht vorerst nach Mehrheitsstimmung der Potsdamer aus. Wäre es da nicht demokratisch, auf die Wiedererrichtung zu verzichten? Die Mehrheit hat doch Recht. Oder etwa nicht? Doch wie ist das mit den demokratischen Mehrheiten? Die hatten 1934 auch die „Deutschen Christen“ in Potsdam („Adolf Hitler, den wir deshalb getrost den größten Mann nach Dr. Martin Luther nennen können“). Aber dagegen gründete sich die Minderheit der Barmer „Bekennenden Kirche“ um F. Bonhoeffer („Gott mehr gehorchen als den Menschen“). War dies also undemokratisch? So sicher die damalige Mehrheitsstimmung in Potsdam: „Ich bin für Potsdam das rote Tuch“, lautet das jetzt erschienene Buch über A. v. Gottberg. Ja, Demokratie und Mehrheitsentscheidung, das ist so eine Sache. Wahre Demokratie schützt nämlich auch die Minderheiten. Der Stiftung Garnisonkirche gehört das Grundstück, und sie hat eine Baugenehmigung. Darf eine – vermeintliche – Mehrheit der Potsdamer Einwohner das verbieten? Wohl nicht. Mehrheiten können sich ändern. Ist etwa heute noch eine Mehrheit in Potsdam für die Nazis und die gleichgeschalteten „Deutschen Christen“? Die PNN schreiben: „Es sind Zeilen, die sich heute nur mit Unbehagen lesen lassen. In seinem religiös-politischen Glaubensbekenntnis von 1932/33 – überschrieben mit ,Unser Kampf’ – legte...der Gründer der...Deutschen Christen, seine nationalsozialistische Geschichtsideologie dar...“, so beginnt der Artikel. Natürlich könnte man erwidern, dass PoG (Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche – Anm. d. Red.), Schorlemmer usw. doch ausdrücklich gegen die Nazis sind. Aber wo liegt die Wahrheit? Jedenfalls nicht in „An der Garnisonkirche klebt die braune Asche Hitlers“, und auch nicht in „Die Garnisonkirche steht für Faschismus und Militarismus“, ebensowenig, wie man solches, im Gegensatz zur deutschen Mehrheit, der früheren Garnisonkirchengemeinde, der Bekennenden Kirche und der Stiftung Garnisonkirche vorwerfen kann.

Dr. E. M. v. Livonius, Schwielowsee

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