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Lesermeinung: „Ich hoffe, dass ich den Wiederaufbau der Garnisonkirche noch erlebe“

„Unterschriften gegen Steine“ vom 22.4.

„Unterschriften gegen Steine“ vom 22.4.2014

Als Zugezogener bin ich für den Aufbau der Garnisonkirche, weil sie als prächtiges und vor allem auch historisch wichtiges Bauwerk einfach zu Potsdam gehört. Die Argumente der Aufbaugegner sind an den Haaren herbei gezogen und zeugen eigentlich nur von dem Hass auf unsere Regierung, sodass sie diesen „umstrittenen Wiederaufbau“, wie ja auch Sie ihn stets titulieren, als Argument gegen unseren Staat benutzen. Leider beteiligen Sie sich auch dieses Vokabulars, mir ist wirklich unklar, warum das Projekt umstritten ist, da müsste eigentlich jedes Bauwerk, das durch die Nazis benutzt wurde, zum Abriss freigegeben werden, will sagen: Auch Sie tragen Verantwortung für die ja nur teilweise Wiederherstellung des alten wunderschönen Potsdamer Stadtbildes und mein Eindruck ist, dass anscheinend Ihr Blatt auch gegen den Wiederaufbau der Kirche ist. Denken Sie doch vielleicht mal nach, wenn Sie über eine „Gegenstrategie“ palavern, und vielleicht recherchieren Sie auch mal, ob denn alle Studenten überhaupt berechtigt sind zu votieren, da habe ich auch noch so meine Zweifel. Jedenfalls dürfte es bei Ihrer „umstrittenen“ Berichterstattung wirklich schwierig werden, Großspender zu akquirieren.

Heute jubelt übrigens auch Ihre Zeitung über den Andrang der Besucher im Landtagsschloss, möchte wissen, ob Sie sich eigentlich seinerzeit für den Wiederaufbau starkgemacht haben?!

R. Peter Leidig, Potsdam

Kein Mensch ist gezwungen, Barock als Baustil zu mögen, doch begriffen werden kann Potsdam ohne diesen in seiner überlieferten Bedeutung nicht. Ohne Übertreibung wäre Potsdam heute immer noch jene unscheinbare Ansiedlung an den Ufern der Havel, die es zuvor die ganze Zeit über war. Es ist ja nicht nur eine Binsenweisheit, dass eine Stadt in ihrem inneren Kern anders aussehen muss als in ihren späteren Erweiterungsgebieten und umgekehrt in den Erweiterungsgebieten anders als im Zentrum. Es war gerade die wahllose Vermischung und „gewaltmäßige Implantation“, die Städte beiderseits des ehemaligen Eisernen Vorhangs zu gesichtslosen Ansammlungen hat werden lassen. Und es ist andererseits wiederum ein Glück, dass es Städte gibt, die ihren identitätsstiftenden (nicht allerweltlichen) Kern bewahren konnten beziehungsweise ihn liebevoll rekonstruierten. Nicht nur Venedig und Lissabon zeugen von lohnenswerten Reisezielen und lebenswerten Städten, Städte wie Prag und Amsterdam, Krakau und Regensburg tun es gleichfalls. Wenn dort ein „Stempel“ erkennbar ist, dann aus jenen Jahrhunderten, in denen die spezielle Stadt Bedeutung erlangte. Ohne den Park Glienicke, der in Berlin liegt, gäbe es kein hiesiges Weltkulturerbe und ohne jenes Zentrum, das durch in den Straßenraum hervor()ragende Bauten wie das Stadtschloss (jetziges Landtagsschloss) und die Garnisonkirche geprägt ist, hätte Potsdam keine solche Bekanntheit erlangt. Bliebe Potsdam nicht ein Torso, solange nur die Ergänzung (sprich: die zweite Erweiterung) als das Zentrum gilt, nicht aber das eigentliche Zentrum selbst, das gerade architektonische Strahlkraft besaß? Ist es altbacken oder ist es nicht sogar hochaktuell, von einer überlieferten, von einer lebendigen und empfindsamen Stadtkompostion zu reden?

Helmut Krüger, Potsdam

Friedrich Wilhelm der I. hat 1717 das Königsregiment Nr. 6 „Die langen Kerls“ gegründet. In Archivbüchern steht geschrieben, dass er seine Soldaten sonntags zur Kirche begleitete und dem Pfarrer die Bibelstellen überreicht hatte, über die er reden sollte. Ich selbst war mit meinem älteren Bruder vor dem Großangriff 1945 an einem Sonntag in der Garnisonkirche zum Gottesdienst. Sie war so voll besetzt, so dass man nur auf der Empore einen Sitzplatz bekam. Ich hoffe und wünsche, dass ich den Wiederaufbau der Garnisonkirche 2017 noch erlebe.

Esther Gamon, Potsdam

Wenn es um die Diskussionen zum Landeswappen und zur Garnisonkirche geht, sollte man daran denken, dass sie für den Missbrauch durch uns Menschen nicht verantwortlich sind. Weder wurden sie befragt noch können sie sich wehren. Richtiger wäre es doch, den jeweiligen Missbrauch darzustellen. So wird speziell für die Garnisonkirche der Handschlag von Hindenburg und Hitler vor ihrer Tür als Grund für einen Nichtwiederaufbau genannt. Wäre es da nicht besser, an dem Ort des Handschlags ein Mahnmal zu errichten mit dem Bild des Handschlags und dem Text: „Mit diesem Handschlag wurde die Demokratie in Deutschland zu Grabe getragen und der Grundstein für den zweiten Weltkrieg mit seinen 80 Millionen Toten und Verstümmelten sowie 25 Millionen Heimatvertriebenen gelegt.“ Die Garnisonkirche diente als Dekoration und auf ihrem Altar lag auch nie Hitlers „Mein Kampf“. Ähnliches gilt auch für unser Landeswappen. Auch dieses wurde entsprechend durch den jeweiligen Regenten für seine Zwecke missbraucht. Und der Missbrauch ist anzuprangern.

Werner Latzke, Potsdam

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